Mediation trifft nachhaltige Vertragsverhandlung

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​veröffentlicht am 2. Mai 2023




Das Mediationsverfahren hat sich im deutschen Rechtsraum, spätestens mit der vermehrten Verweisung von Rechtsstreitigkeiten an den Güterichter, als Verfahren zur schnellen und nachhaltigen Streitbeilegung etabliert. Doch auch – etwas atypisch – bei Vertragsverhandlungen findet das Mediationsverfahren als sogenannte Deal Mediation seinen Platz, um nachhaltige und tragfähige Vereinbarungen zu erzielen.


Mediation zur Streitbeilegung  

Das Mediationsverfahren hat sich zwischenzeitlich im deutschen Rechtsraum als alternatives Streitbeilegungsverfahren zum hergebrachten Gerichtsverfahren durchaus etabliert. 

So dauern gerichtliche Auseinandersetzungen – vielleicht über mehrere Instanzen hinweg – oft Jahre. Schnelle Entscheidungen sind eine Seltenheit. Insofern regen gerade erstinstanzliche Gerichte bei geeigneten Fallgestaltungen häufig eine einvernehmliche Lösungsfindung im Güteverfahren, gem. § 278 Abs. 5 ZPO, an. In den vergangenen Jahren wurden Richter sehr flächendeckend zu Mediatoren ausgebildet, sodass im Güterichterverfahren entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO die Mittel der Mediation zum Einsatz kommen.

Auch als Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung gewinnt das Mediationsverfahren immer mehr Raum und Akzeptanz. Dies liegt unter anderem daran, dass die Parteien einerseits alternative Lösungen zum lange dauernden und mit vielfach ungewissen Ausgang behafteten Gerichtsverfahren suchen. Andererseits werden in vielen Verträgen Mediationsklauseln vereinbart, wonach das Mediationsverfahren standardmäßig dem gerichtlichen Verfahren vorauszugehen hat.

Mediation – was ist das?

In den vorbeschriebenen Anwendungsbereichen dient die Mediation als Verfahren zur Auflösung eines Konflikts. 

Im Sinne der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 MediationsG ist Mediation ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.

Dass Mediation zur Lösung eines bereits bestehenden Konflikts dienen soll, ist somit gesetzlich definiert. 

Doch ist Mediation auch ohne Konflikt denkbar?

Mediation ohne Konflikt

Wenn es um die Gestaltung zukünftiger Vertragsbeziehungen geht, wäre es grundsätzlich am nachhaltigsten, wenn die verschiedenen Bedürfnisse, Interessen, Pläne und Ziele der Vertragsparteien möglichst offen angesprochen bzw. besprochen würden. Diese könnten sodann im Zuge der Vertragsgestaltung umfassende Berücksichtigung finden, sodass Synergien entstehen und Wertschöpfungspotenziale genutzt werden könnten; eine Win-win-Situation. Spätere Konfliktthemen würden schon vor ihrer Entstehung eliminiert und bereits vorausschauend präventiv im Vertragstext für alle zufriedenstellend umgesetzt. 

Bedauerlicherweise gelingt den Parteien die Herbeiführung einer solchen langfristig konfliktfreien Gesamtsituation im Rahmen bilateraler Vertragsverhandlungssituationen vielfach nicht. Auch das vorhandene Potenzial wird häufig entweder überhaupt nicht erkannt oder aber jedenfalls bei Weitem nicht ausgeschöpft. In diesen Fällen drohen Spannungen, Ungleichgewichte oder Interessensgegensätze im Laufe der Vertragsbeziehungen aufzubrechen. Eine Konfliktsituation ist entstanden.

Nicht selten scheitern Vertragsverhandlungen jedoch auch daran, dass sich die Parteien trotz bzw. nach zeit- und kostenintensiven Gesprächen und Verhandlungen nicht auf eine gemeinsame Linie einigen können, selbst wenn sich die Einigung für beide Parteien günstiger darstellen würde als eine Nichteinigung.

Vor diesem Hintergrund scheint es äußerst sinnvoll – lange vor Entstehung eines Konflikts – nämlich bereits zur Konfliktprävention – im Rahmen der Vertragsverhandlungen einen Mediator hinzuzuziehen. 

Denn: Mediation ist auch ohne Konflikt eine zielführende Option!

Deal Mediation als Mehrwert 

So wurden im Rahmen der Verhandlungsforschung bereits empirische Hinweise gefunden, dass durch den Einsatz von Mediatoren im Rahmen von Vertragsverhandlungen bessere Ergebnisse erzielt werden konnten. So kann ein neutraler oder allparteilicher Dritter – ein so genannter Deal Mediator – den Parteien zu besseren, insbesondere interessensgerechten Lösungen verhelfen.

Phasen der Deal Mediation

Die Deal Mediation kann zunächst den Parteien getrennt voneinander dabei helfen, die für den Vertragsschluss wichtigen oder zu klärenden Fragestellungen zu identifizieren. 

Zu diesem Zweck kann in einem allerersten Schritt bereits ein parteiinternes Mediationsverfahren durchgeführt werden. Hierbei wird der Mediator die jeweilige potenzielle Vertragspartei mit den Mitteln der Mediation dabei unterstützen, die für sie drängenden Fragestellungen zu erkennen und die für sie wesentlichen Bedürfnisse, Interessen und Ziele zu identifizieren. Darauf aufbauend kann sodann ein Lösungsvorschlag, beispielsweise in Form eines ersten Vertragsentwurfs, entwickelt werden. 

In einem zweiten Schritt werden die Parteien ihre jeweils getrennt voneinander ermittelten Interessen, Bedürfnisse und Lösungsvorschläge im Rahmen eines zweiten Mediationsverfahrens zusammenführen. Ziel wird sein, mit Unterstützung des Mediators eine gemeinsame und tragfähige Lösung zu ermitteln. 

Der Mediator wird den Parteien wertvolle Hilfestellung geben, um herauszufinden, ob objektiv gesehen ausreichend Spielraum für eine Einigung vorhanden ist. Hierzu wird er sich der Methoden der Mediation, wie zum Beispiel Fragetechniken, Visualisierung, Paraphrasieren oder Einzelgespräche, bedienen. Dreh- und Angelpunkt des Mediationsverfahrens wird sein, die Interessen, Bedürfnisse und Forderungen so umfassend wie möglich zu ermitteln, um daraus folgernd eine tragfähige Vertragsgrundlage zu entwerfen.

Ein vielfach zu beobachtendes Verhandlungsproblem ist nämlich beispielsweise, dass die Parteien nicht willens sind, dem Gegenüber die eigene Maximal- oder auch Minimalforderung offen darzulegen. Dieses Verhandlungsdilemma kann u. U. durch Einzelgespräche, die der Mediator mit beiden Parteien führt, überwunden werden. Wenn die Parteien in vertraulichen Einzelgesprächen ihre Forderungen offenbaren, kann dieser einen Abgleich vornehmen, die Annäherung aktiv unterstützen und ggf. bestehende Missverständnisse oder -annahmen ausräumen.

Des Weiteren bietet die Deal Mediation auch den Rahmen, um Einigungs- und Nichteinigungsalternativen zu erarbeiten und zu erkennen, um so nachhaltige Lösungen zu stricken. 

Ziel ist eine einvernehmliche Regelung der Vertragsbeziehung zu erarbeiten. Dieses Ziel wird bestenfalls dadurch erreicht, dass die Parteien im Wege der Deal Mediation ein nachhaltiges und tragfähiges Vertragskonstrukt entwickeln. Lösungsfindung kann jedoch auch bedeuten, dass die Parteien übereinstimmend zur Überzeugung gelangen, dass sie keinen Vertrag schließen wollen - „agree to disagree”.

Fazit

Die Deal Mediation kann die Vertragsverhandlung positiv beeinflussen, da einerseits die Parteien bereits im Innenverhältnis ihre Ziele, Bedürfnisse und Interessen umfassend ermitteln und im Rahmen einer weiteren Deal Mediation darauf aufbauend Einigungs- und Nichteinigungsalternativen entwickeln können.

Den Parteien kann es auf diese Weise gelingen, nicht nur optimale Verhandlungsergebnisse zu erzielen, sondern auch ihre Vertragsbeziehung nachhaltig und in die Zukunft gerichtet auf ein tragfähiges Fundament zu stellen.



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Ester Thanner LL.M.

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Wirtschaftsmediatorin (MuCDR), Zertifizierte Mediatorin

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