Ungesicherte Darlehen können zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen

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veröffentlicht am 5. August 2015

 

FG Münster, 11.12.2014

 

Die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft muss auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen der Steuervergünstigung enthält. Damit lässt es sich nicht vereinbaren, wenn eine Stiftung ihr Stiftungskapital in ungesicherten Darlehen anlegt.

 

Das Urteil des FG Münster vom 11.12.2014 stellt klar, dass die Aberkennung der Gemeinnützigkeit im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung keinen Grundlagenbescheid für die Entscheidung über die Steuerfreiheit gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 b ErbStG darstellt (vgl. FG Köln, Urteil vom 27.11.2003 9 K 3304/02, EFG 2004, 664). Bei Aberkennung der Gemeinnützigkeit entfällt die Nachversteuerung insoweit, wie nachgewiesen werden kann, dass das zugewendete Vermögen durch die Einrichtung für begünstigte bzw. gemeinnützige Zwecke verwendet worden ist. Das heißt, dass die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 b ErbStG rückwirkend nur in dem Umfang entfällt, in dem das Vermögen nicht für steuerbegünstigte bzw. gemeinnützige Zwecke verwendet worden ist.
  
Im Urteilsfall entzog das zuständige Finanzamt einer Stiftung die Gemeinnützigkeit mit sofortiger Wirkung, da die einseitig orientierte Anlagepolitik nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 63 Abs.1 AO) entspreche. In diesem Fall wurde Stiftungsvermögen in Anlagen, die ganz oder teilweise nicht ausreichend besichert waren, umgeschichtet und durchgängig zur Vergabe von Darlehen an Firmen der mittelständischen Wirtschaft verwendet. Die Mittelverwendung selbst erfolgte neben der Bildung von Rücklagen und Mittelvorträgen allerdings durchgängig zugunsten steuerbegünstigter bzw. gemeinnütziger Zwecke. Das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt setzte gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 b Satz 2 ErbStG rückwirkend entsprechend Erbschaftsteuer für das auf die Stiftung übergegangene Vermögens fest.
  
Im Ergebnis ging es um die Frage, ob die Steuerbefreiung nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 Nr. 16 b Satz 2 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit nur dann wegfällt, wenn innerhalb von zehn Jahren nach Zuwendung die Voraussetzungen für die Anerkennung der Körperschaft als gemeinnützige Institution entfallen sind, oder wenn das Vermögen nicht begünstigten Zwecken zugeführt wird? Müssen also beide Tatbestandsmerkmale kumulativ vorliegen?
 
Die zunächst gewährte Befreiung des Erwerbs des Vermögens durch die gemeinnützige Stiftung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 b Satz 1 ErbStG wurde rückwirkend gemäß Satz 2 dieser Vorschrift versagt, weil die Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung innerhalb von zehn Jahren entfallen waren. Begründet wurde dies damit, dass die Stiftung eine Anlagestrategie verfolgt habe, die die Tragfähigkeit der Vermögensbasis und damit die materielle Voraussetzung für die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke nicht gewährleitest habe. Die Steuerbefreiung sei allerdings rückwirkend nur insoweit entfallen, wie das Vermögen nicht begünstigten Zwecken zugeführt worden sei.
 
Generell hat die Stiftungsleitung innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums in Hinblick auf die Erbschaftsteuerbefreiung ständig darauf zu achten, dass sowohl die Eigenschaft als „steuerbegünstigt i.S.d. §§ 51 ff. AO” erhalten bleibt als auch das Stiftungsvermögen für die begünstigten Zwecke verwendet wird. Dies ist unter anderem mit einer nachvollziehbaren Mittelverwendungsrechnung nachzuweisen.
 
Das Urteil enthält Hinweise zu zulässigen „vermögenserhaltenden Anlagestrategien”. Bei der Anlage von Stiftungsvermögen gibt es in der Literatur einen großen Spielraum. Es sind sowohl die stiftungsrechtlichen Grundsätze wie im Fall der Steuerbegünstigung nach §§ 51 ff. AO als auch die Gemeinnützigkeitskriterien zu beachten. Gemäß Urteil muss eine vermögenserhaltende Anlagestrategie zwar darauf ausgerichtet sein, ausreichende Erträge zu erzielen, so dass bei abnehmendem Zinsniveau auch gegenüber mündelsicheren Anlageformen wegen höherer Ertragschancen auch Anlageformen gewählt werden können und müssen, denen ein größeres Ausfallrisiko anhaftet. Die Umschichtung von Stiftungsvermögen in Anlagen, die einseitig und ganz oder teilweise nicht ausreichend besichert sind, ist nach Auffassung des FG aber nicht zulässig. Wenn die Stiftungsaufsicht die Anlagestrategie bemängelt, sollten auf jeden Fall zeitnah – ggf. im Zusammenwirken mit der Stiftungsaufsicht und dem Finanzamt – Alternativen geprüft und realisiert werden.

 

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