Gewinne aus Kryptowährungen – bald steuerfreie Einkünfte für private Anleger?

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veröffentlicht am 1. April 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Johannes Dirmeier, Rödl & Partner Nürnberg, und Heiko Vogt

  

​Spätestens mit dem Einstieg von Tesla in den Bitcoin – das Unternehmen hatte Anfang Februar 2021 für 1,5 Mrd. US-Dollar Bitcoins gekauft – sind Kryptowährungen in aller Munde. Der Einstieg Teslas erfolgte bei einem Kurs von ca. 50.000 US-Dollar, 12 Jahre zuvor im Jahre 2009 war ein Bitcoin lediglich ca. 0,08 US-Dollar wert.
 

Aber selbst wer im Corona-Tief Mitte März 2020 investierte, konnte Stand März 2021, d.h. nur ein Jahr später, ein sattes Plus von über 1000 Prozent verbuchen. Der Bitcoin sei hier nur als prominentester Vertreter der Kryptowährungen genannt, auch viele andere Kryptowährungen, bspw. Ethereum, verzeichneten einen ähnlichen Kursanstieg. 
 
Dass die mit diesen enormen Wertsteigungen einhergehenden Gewinne die Finanzverwaltung auf den Plan rufen, verwundert nicht. Neben der praktischen Schwierigkeit Kenntnis von etwaigen Gewinnen mit Kryptowährungen zu erlangen, wurde unlängst die Frage aufgeworfen, wie derartige Gewinn zu besteuern sind. Zum jetzigen Zeitpunkt existiert weder eine explizite gesetzliche Regelung, noch ein BMF-Schreiben, noch ein höchstrichterliches Urteil des Bundesfinanzhofs. Entsprechend aufsehenerregend sind die noch raren Entscheidungen der Finanzgerichte. 
 
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg kam im Rahmen einer Entscheidung über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) zum Schluss, dass Gewinne aus Spekulationsgeschäften mit Bitcoins eindeutig sonstige Einkünfte i.S.d. § 22, 23 EStG darstellen. Dabei wird keine Differenzierung zwischen verschiedenen Kryptowährungen vorgenommen.
 
Ein andersgeartetes Urteil hat das FG Nürnberg im April 2020 ebenfalls in einem AdV-Verfahren im Kontext der Besteuerung von Spekulationsgeschäften mit insbesondere Ethereum gefällt. Auch wenn das Gericht, da es sich nicht um ein Hauptsacheverfahren, sondern nur um ein AdV-Verfahren handelte, keine explizite Entscheidung zur Sache gefällt hat, wirft das Urteil jedoch einige sehr interessante und wissenswerte Fragen auf. Diese sollen im Folgenden kurz skizziert werden, bevor daraus abgeleitet werden soll, welche möglichen Vorgehensweisen dem privaten Anleger offen stehen, seine Gewinne aus Kryptowährungsgeschäften steuer- und risikooptimiert erklären zu können.
 
Das Finanzgericht weist das Finanzamt eindeutig darauf hin, dass es den Sachverhalt gem. § 88 Abs. 1 AO von Amts wegen zu ermitteln habe. Dabei sind auch die für den Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass die Finanzverwaltung eine „ordnungsgemäße Deklaration“ einfordern muss, d.h. die Angaben des Steuerpflichtigen zur Gewinnen aus Kryptowährungen nicht ungeprüft übernehmen soll.
 
In diesem Kontext wirft das Gericht zudem die Frage auf, ob alle Kryptowährungen, da technisch unterschiedlich ausgestaltet, als Wirtschaftsgüter zu qualifizieren und identisch zu besteuern sein, oder ob hier eine sachgerechte Differenzierung im Einzelfall zu erfolgen hat. Eine Bejahung dieser Frage hätte einen enormen Aufwand und u.U. ein Auseinanderfallen der Besteuerung zur Folge.
  

Besteuerung von Kryptowährungen nach aktueller Rechtslage

Zudem stellt sich aufgrund des o.g. Urteils die grundsätzliche Frage nach der Besteuerung von Kryptowährungsgeschäften unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung. Das Finanzgericht sieht es insofern als möglich an, dass eine konkrete Kryptowährung ein Wirtschaftsgut darstellt und als solches den Besteuerungstatbestand des §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG (sonstige Einkünfte) erfüllt. Sollte diese Qualifikation zutreffend sein, wären derartige Gewinne nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei, sowie bei weniger als einem Jahr bis zu einer Freigrenze von 600 EUR (§ 23 Abs. 3 S. 5 EStG) ebenfalls steuerbefreit. Auf der anderen Seite bedeutet das aber, dass die Gewinne dieser Einkunftsart dem persönlichen tariflichen Einkommensteuersatz unterfallen . Hierzu liegt bisher jedoch keine explizite Rechtsprechung in einem Hauptsacheverfahren einer juristischen Instanz vor.
 

Handlungsempfehlung und rechtliche Fallstricke

Obgleich sich die Rechtslage aktuell noch unklar darstellt, sind in näherer Zukunft entsprechende Gerichtsurteile, bzw. Stellungnahmen des Bundesministeriums der Finanzen zu erwarten. In Anbetracht dessen sollten Gewinne möglichst „konservativ“ erklärt und die Bescheide offen gehalten werden. Abhängig von Ihrer persönlicher Situation bieten sich für die konservative steuerliche Deklaration von Gewinnen aus Kryptowährungs-Spekulationen zwei Wege an:
  1. Sollten Sie einen Gewinn von mehr als 600 Euro bei einer Haltedauer von weniger als einem Jahr erzielt haben, ist der Gewinn als sonstige Einkünfte zu erklären. In Folge dessen wird der Gewinn mit dem persönlichen Einkommensteuertarif zzgl. ggf. SolZ und KiSt besteuert.
  2. Erzielen Sie einen Gewinn bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr, fällt dies nicht unter oben genannten Paragraphen. Sollten die Gewinn steuerpflichtig werden – was bisher leider noch ungeklärt ist – würden sie voraussichtlich unter Einkünfte aus Kapitalvermögen fallen. Somit werden sie mit der Kapitalertragsteuer i.H.v. 25 Prozent zzgl. ggf. SolZ und KiSt besteuert. 
 
Der dieser Veranlagung zugrunde liegende Einkommensteuerbescheid sollte in beiden Fällen offen gehalten werden, hierzu sind verschiedene Möglichkeiten vorhanden. Unter Umständen ergehen die Einkommensteuerbescheide auch bereits in Kürze vorläufig hinsichtlich dieser Einkünfte, sodass nichts weiter zu unternehmen ist.
 
Sollte nun eine Gerichtsentscheidung folgen, die die Gewinne nicht / niedriger besteuert als erklärt, müssen die offenen /vorläufigen Bescheide von Amts wegen geändert werden. Die zu viel entrichtete Steuer ist nebst 6 Prozent Zinsen zu erstatten. 
 
Alternativ kann sich im Vorfeld einer Veräußerung großer Beträge von Kryptowährungen die Stellung einer verbindlichen Auskunft i.S.d. § 89 AO i.V.m. der StAuskV anbieten. Hierdurch kann die steuerliche Behandlung eines noch nicht verwirklichten Sachverhalts, dessen Besteuerung noch nicht abschließend geklärt ist, verbindlich abgefragt werden. Die erteilte Auskunft bindet das Finanzamt bis zum Erlass einer von dieser Auskunft neuen abweichenden Rechtsvorschrift.
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