Die Vollmacht eines Anwalts bei tschechischen Zivilverfahren

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veröffentlicht am 4. Mai 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten



Gemäß § 28 o.s.ř. (weiter tsch. ZPO) gilt, dass die Vertreter, die die Prozesspartei gewählt hat, nur für bestimmte Handlungen eine schriftliche oder mündliche Prozessvollmacht oder Vollmacht ins Protokoll erteilen. Gemäß § 25 tsch. ZPO gilt auch, dass die Prozesspartei immer einen Rechtsanwalt als ihren Vertreter wählen kann. Dem Rechtsanwalt kann eine Vollmacht nur für das gesamte Verfahren (weiter nur als „Prozessvollmacht”) erteilt werden. Gemäß § 32 Abs. 1 tsch. ZPO muss jeder, der im Verfahren als Vertreter der Prozesspartei oder ggf. als ihr weiterer Vertreter auftritt, seine Befugnis bereits bei seiner erstmaligen Rechtshandlung in der Sache belegen.


In der Praxis der Gerichtsverhandlungen gilt somit, dass die Existenz einer Vollmacht eines Rechtsanwalts dem Gericht nachzuweisen ist – i.d.R. durch Vorlage spätestens mit der Klage oder anderem erstmaligen Einreichen für die Prozesspartei schriftlich, es sei denn die Vollmacht wurde durch die Prozesspartei ins Protokoll erteilt, was in der Praxis selten vorkommt. Wird eine Vollmacht nicht auf der Art und Weise dem Gericht spätestens bei erstmaliger Rechtshandlung in der Sache vorgelegt, ist es in der Praxis notwendig, sie so früh wie möglich nachzureichen, spätestens bei der Aufforderung des Gerichts zu der vom Gericht in der Aufforderung bestimmten Frist.


Im Schrifttum und in der Rechtsprechung wird vertreten, dass obwohl der Bevollmächtigte regelmäßig dem Gericht eine Vollmacht als Original vorlegt, obgleich es ein urkundlicher oder elektronischer ist, kann als ausreichender Beweis über die Existenz der Vollmacht auch eine schlichte Kopie dienen, besonders wenn ihre Existenz oder ihre Richtigkeit nicht bestritten werden. Sollten jegliche Zweifel über die Richtigkeit der Vollmacht entstehen, kann das Gericht jederzeit die Vorlage des Originals anfordern.


In der Praxis verlangen die Gerichte jedoch regelmäßig das Vorlegen der Originale der Vollmachten und zur Beschleunigung des Verfahrens ist es angebracht, ihrer Forderung nachzukommen. Andernfalls muss man auch damit rechnen, dass die Nichtvorlage der originellen Vollmacht spätestens bei Aufforderung des Gerichts, zu einem langwierigen Gerichtsverfahren führen kann, bei dem zuerst auf die Fragen der Vollmacht eingegangen wird.


Die Zeugenvernehmung

Gemäß § 125 tsch. ZPO können alle Mittel als Beweis dienen, mit denen der Zustand der Sache festgestellt werden kann, vornehmlich eine Zeugenvernehmung, ein Sachverständigengutachten, Nachrichten und Stellungnahmen der Behörden, der natürlichen oder juristischen Personen, Einträge von Notaren oder Gerichtsvollziehern und andere Urkunden, Untersuchungen sowie eine Vernehmung der Teilnehmer. Ist die Art der Beweisführung nicht vorgegeben, bestimmt sie das Gericht. Gemäß § 126 tsch. ZPO ist jede natürliche Person, die nicht Prozesspartei ist, verpflichtet, sich zur Gerichts­verhandlung einzufinden und als Zeuge auszusagen. Sie muss die Wahrheit aussagen und darf nichts verheimlichen. Sie darf nur dann die Aussage verweigern, wenn diese sie oder ihre Nahstehenden der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen würde; über die Begründetheit der Aussageverweigerung entscheidet das Gericht. Zu Beginn der Vernehmung ist die Identität des Zeugen festzustellen, sowie die Umstände, die auf seine Glaubwürdigkeit Einfluss haben können. Weiterhin muss der Zeuge über die Bedeutung seiner Zeugenaussage, über seine Rechte und Pflichten und über die strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage belehrt werden. Der Vorsitzende fordert den Zeugen auf, kontinuierlich all das zu schildern, was er zum Gegenstand der Vernehmung weiß. Zur Befragung sind nacheinander der Vorsitzende des Senats, die Mitglieder des Senats, die Prozessparteien und die Sachverständigen berechtigt.


Die Beweisführung durch Zeugenvernehmung wird somit in der Praxis bei den tschechischen Gerichten in persönlicher Anwesenheit der Zeugen beim Gericht und durch Befragung der Zeugen seitens des Gerichts und der Prozessparteien, ggf. der Sachverständigen durchgeführt. Andere Formen, wie eine schriftliche Erklärung einer bestimmten Person zu einer bestimmten Tatsache, gelten nicht als Zeugenvernehmung, können jedoch als anderer Beweis im Sinne des § 125 tsch. ZPO gelten und werden so, wie jeder anderer Beweis, vom Gericht grundsätzlich im Verfahren nach § 132 tsch. ZPO gewertet, also nach dem Ermessen des Gerichts und dabei jeder Beweis einzeln und alle Beweise in ihrem wechselseitigen Zusammenhang; dabei berücksichtigt das Gericht sorgfältig all das, was während des Verfahrens ans Licht gekommen ist, einschließlich dessen, was die Prozessparteien ausgeführt haben. In dem Falle, dass die gegebene Erklärung zusätzlich auch durch ein öffentliches Schriftstück im weiter beschriebenen Sinne gemacht worden wäre, käme des Weiteren die Form der Wertung nach § 134 tsch. ZPO zur Anwendung, nach welcher gilt, dass Urkunden, die durch die Gerichte der Tschechischen Republik oder durch andere staatliche Behörden innerhalb der Grenzen des Rechtskreises, wie auch Urkunden, die durch besondere Vorschriften zu öffentlichen Urkunden erklärt worden sind, bestätigen, dass es sich um eine Verordnung oder Erklärung derjenigen Behörde handelt, die die Urkunde ausgestellt hat, und ist nicht das Gegenteil bewiesen, auch die Richtigkeit dessen, was in ihnen beurkundet oder bestätigt worden ist.


Eine etwaige Zeugenvernehmung beim Gericht eines anderen Mitgliedstaates der EU auf Grundlage einer Nachforderung eines tschechischen Gerichts richtet sich nach der Verordnung des Rates (EG) Nr. 1206/2001.

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