Shanghais neue Verordnung zu Investitionen von ausländischen Investoren

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 15. Oktober 2020 | Lesedauer ca. 4 Minuten

  

​Das neue Foreign Investment Law ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Mit dem Inkrafttreten besteht die Erwartung, dass damit positive Änderungen für Investitionen von ausländischen Investoren und ausländisch investierten Unternehmen einhergehen.

  

  

Am 25. September 2020 hat der Ständige Ausschuss des Shanghai People‘s Congress eine neue Verordnung zu Investitionen von ausländischen Investoren („上海市外商投资条例“ auf Englisch „Shanghai Foreign Investment Regulation“, nachfolgend die „Verordnung“) erlassen. Die Verordnung wird am 1. November 2020 in Kraft treten.

Die Verordnung ist die erste Regelung zu ausländischen Investitionen in China auf Provinzebene seit dem Erlass des neuen Foreign Investment Law, weshalb sie viel Aufmerksamkeit erhalten hat. Die Verordnung besteht aus insgesamt 51 Artikeln, wovon folgende Aspekte derer besondere Beachtung verdienen:

Öffnung des Dienstleistungssektors (Artikel 9)

Hauptinhalt

Im Einklang mit der staatlichen Öffnung fördert die Stadt Shanghai die Öffnung des Dienstleistungssektors. Dabei soll zunächst der Finanzsektor, wie bspw. die Bereiche Bankwesen, Wertpapiere, Versicherungen, Termingeschäfte, Treuhand- und Anlagegeschäfte, Vermögensverwaltung, Kreditwürdigkeit o. Ä. geöffnet werden. Sodann sollen auch die Öffnung der Bereiche Telekommunikation, Internet, medizinische Versorgung, Verkehr, Kultur, Bildung usw. gefördert werden. Damit kann diese frühzeitige Initiative Shanghais als Vorbild für die Umsetzung anderer nationaler Maßnahmen zur weiteren Öffnung des Dienstleistungssektors dienen.

Anmerkung

Die National Development and Reform Commission (NDRC) und das Ministry of Commerce (MOFCOM) haben zwei Negativlisten (eine Fassung für das ganze Land und eine Fassung für Free Trade Zones) veröffentlicht. Die Negativlisten werden regelmäßig aktualisiert und sehen vor, welche Industrien für ausländische Investoren verboten oder eingeschränkt sind. NDRC und MOFCOM haben außerdem einen Katalog veröffentlicht, der für ausländische Investitionen geförderte Industrien auflistet. Wenn noch weitere Industrien über den Rahmen dieser Negativlisten hinaus für ausländische Investitionen in Shanghai geöffnet würden, müsste eine Sonderregelung für Shanghai eingeführt werden. 

Vereinheitlichung in der Jangtse-Delta-Region (Artikel 12)

Hauptinhalt

Gemeinsam mit den weiteren Regionen des Jangtse-Deltas hat die Stadt Shanghai vor, die Öffnung nach außen zu vereinheitlichen. Diesbezüglich ist insbesondere der Bau der Eco-Green Integrated Development Demonstration Zone zu nennen, die unter anderem eine Verbesserung eines einheitlichen Verzeichnisses der von der Regierung genehmigten Investitionsprojekte sowie die Vereinheitlichung der Standards für die Registrierung von ausländisch investierten Unternehmen fördern soll.

Anmerkung

Die Jangtse-Delta-Region (hauptsächlich Shanghai, Zhejiang und Jiangsu) beherbergt zahlreiche ausländische Investitionen. Wenn das Arbeitsverfahren in dieser Region vereinheitlicht wird, resultiert daraus insbesondere eine Erleichterung für diejenigen Investoren, die mehrere Tochtergesellschaften in der Region haben.

Dienstleistungsplattform (Artikel 16)

Hauptinhalt

Es soll eine einheitliche, mehrsprachige Serviceplattform zur Förderung ausländischer Investitionen aufgebaut werden. Darauf sollen beispielsweise Gesetze und Vorschriften zum Thema, aber auch Branchentrends und Informationen über Investitionsförderungsprojekte einsehbar sein.

Anmerkung

Die Plattform wurde bereits gegründet: http://www.investsh.org.cn/. Ein Leitfaden1 für ausländische Investitionen in Shanghai auf Deutsch ist online verfügbar. Insbesondere neue Investoren können sich durch diese Plattform über generelle Investitionspolitik und Genehmigungsverfahren gut informieren.

Präferenzpolitik und Verpflichtung der Regierungsstellen zur Präferenzpolitik
(Artikel 20, 21, 22, 24, 34)

Hauptinhalt

Im Rahmen des staatlichen Katalogs der Industrien zur Förderung ausländischer Investitionen sollen ausländische Investoren mittels diverser Fördermaßnahmen ermutigt werden, in bestimmte Projekte zu investieren (Artikel 20). Überdies soll die Gründung von Hauptquartieren und funktionalen Organisationsstützpunkten multinationaler Unternehmen (Artikel 21) sowie von F&E-Zentren (Artikel 22) von der Regierung unterstützt werden. Auch zur Reinvestition soll durch verschiedene Vorzugsbehandlungen ermutigt werden (Artikel 24).

Verpflichtungen der Regierungen gegenüber ausländischen Investoren und ausländisch investierten Unternehmen sind strikt einzuhalten, insbesondere auch bei einer organischen (bspw. Verwaltungsaufteilung) oder personellen (bspw. Regierungswechsel) Diskontinuität. Die jeweils zuständigen Regierungsstellen werden für diejenigen eingegangenen Verpflichtungen, die unwirksam oder nicht durchsetzbar sind, rechtlich zur Verantwortung gezogen.

Anmerkung

Unter dem Prinzip von Inländergleichbehandlung besteht in China kaum noch eine substantielle Präferenzpolitik für ausländische Investitionen. Der Fokus der Verordnung ist, einen besseren Service und Erleichterungsmaßnahmen seitens der Regierung anzubieten. 

Um ausländische Investitionen anzuziehen, gehen Regierungsstellen oft verschiedene Verpflichtungen ein. Investoren müssen immer beachten, dass diese eingegangenen Verpflichtungen gesetzeskonform sind. Artikel 25 des Foreign Investment Law sieht bereits vor, dass Regierungsstellen gesetzeskonforme Verpflichtungen erfüllen müssen. Die Verordnung geht noch einen Schritt weiter und legt eine Haftung für Regierungsstellen fest, wenn deren eingegangene Verpflichtungen unwirksam oder nicht durchsetzbar sind.

Devisenkontrolle (Artikel 28)

Hauptinhalt

Kapitaleinlagen, Gewinne, Veräußerungsgewinne, Erlöse aus der Veräußerung von Vermögenswerten, Lizenzgebühren für geistiges Eigentum, nach dem Gesetz erhaltene Entschädigungen sowie Erlöse aus der Liquidation können nach dem Gesetz frei in RMB oder Devisen ins Ausland oder nach China überwiesen werden. Diesbezüglich darf keine Einheit oder Einzelperson unrechtmäßig Beschränkungen hinsichtlich der Währung, des Betrags und der Häufigkeit eingehender und ausgehender Überweisungen auferlegen.

Anmerkung

Diese Regelung besteht derzeit eigentlich schon. Trotzdem stößt man in der Praxis häufig auf die Schwierigkeit, dass Geld nicht beliebig ins Ausland überwiesen werden kann. Es ist zu beobachten, ob die Vorschrift eine Verbesserung nach sich zieht.

Schutz des geistigen Eigentums (Artikel 29)

Hauptinhalt

Gerichte auf allen Ebenen in der Stadt sollen Anträge auf Beweissicherung und einstweilige Verfügung in Bezug auf geistige Eigentumsrechte ausländischer Investoren und ausländisch investierter Unternehmen zügig annehmen und prüfen. Auch sollen die Gerichte Entscheidungen im Einklang mit dem Gesetz fällen und sie unverzüglich vollstrecken. Bei wiederholten oder böswilligen Verstößen sowie anderen schwerwiegenden Verstößen werden Strafschadenersatz und andere Strafmaßnahmen mit dem Gesetz übereinstimmend angewendet. 

Anmerkung

Ein effektiver Schutz der Rechte geistigen Eigentums hängt in hohem Maße von einem effizienten Justizsystem ab. Wenn das Gericht die Anträge auf Beweissicherung und einstweilige Verfügung schneller prüfen und entscheiden soll, dann verbessern sich die Chancen, geistige Eigentumsrechte erfolgreich durchzusetzen.

Die Verordnung sendet ein positives und offenes Signal für Investitionen von ausländischen Investoren. Es ist jedoch zu beachten, dass die Vorschriften in der Verordnung eher abstrakt sind. Ob die Verordnung tatsächlich positive Auswirkungen mit sich bringt, hängt davon ab, wie die Vorschriften in der Praxis letztlich umgesetzt werden. 

Ebenso muss in der kommenden Zeit beobachtet werden, ob andere Provinzen ähnliche Verordnungen erlassen, um ausländische Investitionen anzuziehen. Neue Entwicklungen sollten diesbezüglich im Auge behalten werden.

Deutschland Weltweit Search Menu