Möglichkeiten des Forschungszulagengesetzes

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zuletzt aktualisiert am 23. Oktober 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

  

​Deutschland hat erfreulicherweise nun auch die Möglichkeit einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (F&E). Grundlage dessen ist das Forschungszulagengesetz (FZulG) vom 14. Dezember 2019, welches für F&E-Projekte gilt, die nach dem 1. Januar 2020 begonnen wurden oder für welche der Auftrag nach diesem Datum vergeben wurde. Die Förderung beträgt maximal ein Viertel des F&E-Aufwandes, wobei dieser bisher auf 2 Mio. Euro jährlich begrenzt ist (auch für verbundene Unternehmen und Konzerne i.S.d § 15 AktG).

  

  

Im Rahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes ist der Betrag nun auf 4 Mio. Euro erhöht worden. Damit kann sich die Förderung zukünftig effektiv mit bis zu 1.000.000 Euro jährlich für förderwürdige Unternehmen auswirken. Die Nutzung der Förderung steht steuerpflichtigen Unternehmen grundsätzlich rechtsform- und größenunabhängig zur Verfügung. 

Grundlagen der Forschungs- und Entwicklungsförderung

Förderfähige Aufwendungen sind die für das F&E-Projekt gezahlten Arbeitslöhne sowie der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung. Die Förderung ist nur für den Teil des Arbeitslohns möglich, soweit der Arbeitnehmer für das Forschungsprojekt eingesetzt wird. Ein Einzelunternehmer kann für jede Stunde, die er nachweislich für ein begünstigtes F&E-Vorhaben tätig ist, einen Lohnaufwand von 40 Euro für maximal 40 Wochen­arbeitsstunden geltend machen. Abweichend betragen bei Auftragsforschung die förderfähigen Aufwendungen 60 Prozent des gezahlten Entgelts.

In die Bemessungsgrundlage dürfen keine Aufwendungen einbezogen werden, für welche bereits andere Beihilfen und Förderungen gewährt werden. Auch vollständig staatlich geförderte Projekte sind somit nicht zulageberechtigt.

Die Forschungszulage ist in einem Forschungszulagenbescheid festzustellen und bei der nächsten Veranlagung vollständig auf die festgesetzten Ertragsteuern anzurechnen. Bei begünstigten Mitunternehmerschaften ist die Forschungszulage anteilig gegenüber den Mitunternehmern gesondert und einheitlich festzustellen und anzurechnen. Die Forschungszulage ist zudem auch nutzbar, wenn keine Gewinne erzielt werden. Sodann führt die Forschungszulage ausweislich der Gesetzesbegründung zu einer Steuererstattung und vollständigen Auszahlung.

Welche Forschungs- und Entwicklungsprojekte können die steuerliche Förderung nutzen?

Förderwürdig nach dem FZulG sind F&E-Projekte im Bereich der Grundlagenforschung, industriellen Forschung und der experimentellen Entwicklung. Dabei ist es unerheblich, ob das F&E-Projekt eine oder mehrere dieser Kategorien umfasst. Das Projekt kann eigenbetrieblich, als Auftragsforschung sowie in Kooperation mit bestimmten anderen Unternehmen durchgeführt werden. 

Für die Praxis stellt sich insbesondere die Frage, wann konkret ein F&E-Projekt von der Förderung erfasst ist. Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Begriffsbestimmung und –abgrenzung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) der EU folgt. 

Grundlagenforschung soll danach gegeben sein, sofern es sich um experimentelle oder theoretische Arbeiten handelt, die in erster Linie dem Erwerb neuen Grundlagenwissens ohne erkennbare direkte kommerzielle Anwendungsmöglichkeiten dienen, Art. 2 Ziff. 84 AGVO. 

Hingegen soll industrielle Forschung vorliegen, wenn ein planmäßiges Forschen oder kritisches Erforschen zur Gewinnung neuer Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel erfolgt, neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln oder wesentliche Verbesserungen bei bestehenden Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen herbeizuführen. Dazu sollen auch die Entwicklung von Teilen komplexer Systeme und der Bau von Prototypen in einer Laborumgebung oder in einer Umgebung mit simulierten Schnittstellen zu bestehenden Systemen wie auch von Pilotlinien zählen, wenn dies für die industrielle Forschung und insbesondere die Validierung von technologischen Grundlagen notwendig ist, Art. 2 Ziff. 85 AGVO.

Experimentelle Entwicklung soll letztlich gegeben sein, wenn der Erwerb, die Kombination, Gestaltung und Nutzung vorhandener wissenschaftlicher, technischer, wirtschaftlicher und sonstiger einschlägiger Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel erfolgt, neue oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln. Dazu zählen nach der AGVO u.a. Tätigkeiten zur Konzeption, Planung und Dokumentation neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Die experimentelle Entwicklung kann die Entwicklung von Prototypen, Demonstrationsmaßnahmen, Pilotprojekte sowie die Erprobung und Validierung neuer oder verbesserter Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in einem für die realen Einsatzbedingungen repräsentativen Umfeld umfassen. Erforderlich ist, dass das Hauptziel darin besteht, im Wesentlichen noch nicht feststehende Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen weiter zu verbessern. Die experimentelle Entwicklung kann dabei auch die Entwicklung von kommerziell nutzbaren Prototypen und Pilotprojekten einschließen, wenn es sich dabei zwangsläufig um das kommerzielle Endprodukt handelt und dessen Herstellung allein für Demonstrations- und Validierungszwecke zu teuer wäre. Jedoch soll die experimentelle Entwicklung keine routinemäßigen oder regelmäßigen Änderungen an bestehenden Produkten, Produktionslinien, Produktionsverfahren, Dienstleistungen oder anderen laufenden betrieblichen Prozessen umfassen, selbst wenn diese Änderungen Verbesserungen darstellen sollten, Art. 2 Ziff. 86 AGVO.

Die AGVO bestimmt zwar näher, ob ein begünstigtes F&E-Vorhaben vorliegt, lässt jedoch im Detail Auslegungsfragen, da die Definitionen sehr allgemein gehalten sind. Ergänzend dazu hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung daher bestimmt, dass das F&E-Vorhaben maßgeblich auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse abzielen muss (neuartig), originär sein muss (schöpferisch), einem Plan folgen und budgetierbar sein muss (systematisch), Unsicherheiten in Bezug auf das Endergebnis bestehen müssen (ungewiss) und Möglichkeiten der Reproduzierbarkeit vorhanden sein müssen (übertragbar bzw. reproduzierbar).

Da die umfangreichen und abstrakten Voraussetzungen einer förderwürdigen F&E zu Streitigkeiten führen können, ist ein zweistufiges Antragsverfahren vorgesehen. Zunächst ist ein Antrag auf eine F&E-Bescheinigung bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) zu stellen, anschließend der Antrag auf Forschungszulage beim Finanzamt. Die Bescheinigungsstelle soll dabei für das Finanzamt grundsätzlich bindend feststellen, ob es sich um ein förderfähiges Vorhaben i.S.d. FZulG handelt. Näheres ist durch die Forschungszulagen-Bescheinigungsverordnung (FZulBV) geregelt.

Die FZulBV regelt, dass ein einheitliches Verfahren zur Ermittlung der Zulagenberechtigung durchzuführen ist. Wichtig ist, dass die Überprüfung der Zulässigkeit eines F&E-Vorhabens im Zweifel durch einen externen Gutachter zu prüfen ist, wobei die Bescheinigungsstelle die Kosten des Gutachtens trägt. Zudem ist auch eine Vorortprüfung der Bescheinigungsstelle möglich.

Dokumentation förderwürdiger Aufwendungen

Im Hinblick auf Dokumentation und Nachweise zum förderwürdigen F&E-Aufwand sind mehrere Zeitpunkte zu beachten: das Einholen einer Bescheinigung, der Antrag auf Forschungszulage, die Festsetzung der Forschungszulage und der Zeitpunkt der Anrechnung im Rahmen der Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Für alle Zeitpunkte gilt, dass zwingend die Voraussetzungen der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) zu beachten sind.

Die Bescheinigung hat begründet festzustellen, dass das vom Antragsteller „näher bezeichnete“ F&E-Vorhaben ein begünstigtes Vorhaben i.S.d. § 2 FZulG ist. Dabei sind nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. c FZulBV auch Angaben zum zeitlichen, personellen und finanziellen Umfang des Vorhabens zu machen. Da die Bescheinigungsstelle vorrangig die F&E-Aktivität dem Grunde nach zu beurteilen hat, erhöht die Überprüfung der zeitlichen, personellen und finanziellen Komponenten die Verbindlichkeit der Bescheinigung gegenüber der für den Antrag zuständigen Finanzverwaltung. 

Mit Beantragung der Forschungszulage hat der Antragsteller die förderfähigen Aufwendungen i.S.d. § 3 Abs. 1 bis 4 FZulG „so genau zu bezeichnen, dass eine Überprüfung möglich ist.“ Nachzuweisende förderfähige Aufwendungen sind alle o.g. Aufwendungen, wobei die überprüfbare und rechtssichere Abgrenzung der auf das geförderte F&E-Projekt entfallenden Lohnkosten eine Herausforderung sein kann, insbesondere, wenn Arbeitnehmer an mehreren Projekten arbeiten, oder wenn ihnen anteilig Verwaltungsaufgaben zukommen. Hierzu ist ein gut aufgestelltes Personalkostencontrolling erforderlich, mit Ausweis eines direkten Projektbezugs, der Stunden und Kosten. 

Nimmt der Nachweis die Hürde in Form des Antrags bei der Finanzverwaltung, gehen die ermittelten Aufwendungen in die Feststellung der Forschungszulage und in deren Anrechnung nach § 10 FZulG ein. Sollte die Dokumentation sich im Nachhinein, bspw. bei einer Betriebsprüfung, als lückenhaft oder unzutreffend erweisen, besteht das Risiko eines Rückzahlungsanspruchs der Verwaltung, der vom Tag der Anrechnung der Forschungszulage an zu verzinsen ist. Darüber hinaus können Straf- und Bußgeldvorschriften der Abgabenordnung greifen. Weicht die Einschätzung der Betriebsprüfung später von der des Begünstigten ab und kann er deren Sicht nicht stichhaltig entgegentreten, ist die Zulage zurückzuzahlen. Eine korrekte Dokumentation der Bemessungsgrundlage ist vor diesem Hintergrund zentral und sollte bereits bei der Planung der Inanspruchnahme der Förderung bedacht werden.
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