Trade Compliance im Zoll und Außenhandelsrecht: Notwendige Risikovorsorge durch Geschäftsführer

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veröffentlicht am 27. Mai 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten

  

​Regelmäßig werden Unternehmen im Rahmen von Zollprüfungen überrascht und wesentlichen Zollnachforderungen ausgesetzt. Tatsächlich hat die Zollverwaltung ihre Überwachungsmaßnahmen und ihre Prüfungssystematik aktuell erheblich optimiert und – aus Sicht der Unternehmen – verschärft. Vor dem Hintergrund sind ange­mes­sene Trade Compliance-Maßnahmen der Unternehmen erforderlich, um finanzielle wie juristische Belastungen und Nachteile zu vermeiden.

  

 

 

  
Neu im Rahmen der Überwachungsmaßnahmen sind gezielte Monitoring-Aktivitäten der Zollverwaltung. Eben­falls haben sich die Strategie, die Methodik und die Durchführung von Zollprüfungen geändert. Standen früher die Verfehlungen in der Vergangenheit im Fokus, so geht es heutzutage besonders um eine Risikoprognose für die Zukunft. Die Prognose hat direkten Einfluss auf bestehende oder künftige vereinfachte Zoll­anmelde­verfahren oder auf Bewilligung von besonderen Zollverfahren. Gleichfalls wirkt sich die Prognose auf Zuver­lässigkeitseinschätzungen aus und auf die Intensität und die Häufigkeit von anstehenden Zollprüfungen. Die Zollprüfer werden sich vermehrt mit den steuerlichen Transferpreisdokumentationen, Unter­nehmens­organi­grammen, Prozessbeschreibungen und Arbeits- sowie Organisationsanweisungen auseinander setzen. Somit verlagert sich die Blickrichtung der Prüfer von der operativen Ebene der Sachbearbeiter hin zur Unter­nehmens­struktur des Wirtschaftsbeteiligten und somit auch auf das Unternehmensmanagement. Entscheidend für die zollrechtliche Beurteilung der Zoll-Compliance werden die zollrelevanten Prozesse sein. Insbesondere durch die Neuregelung der Zollschuldentstehungstatbestände wird die Zollverwaltung bei der Sanktionierung durch Bußgeld- oder Strafverfahren ein besonderes Augenmerk auf das Organisationsverschulden des Managements haben.
 
Folgende Elemente sollten von der Trade Compliance vor allem erfasst werden:

  • Operative Zollabwicklung Import/Export
  • Besondere Zollverfahren
  • Zollwertermittlung (z.B. Transferpreise, Lizenzgebühren, Beteiligung an Verkaufserlösen, Werkzeugkosten, Beistellungen aller Art oder auch INCOTERMS)
  • Antidumpingregelungen
  • Einreihungen in den Zolltarif Import/Export/Umsatzsteuer
  • Präferenzabwicklung Import/Export (z.B. Gültigkeit von Präferenznachweisen, Abgabe von Ursprungserklärungen auf der Rechnung, innereuropäische Lieferantenerklärungen, Nutzung von Cost SHARE CENTERN etc.)
  • Exportkontrolle (Sanktionslisten Prüfungen, Klassifizierung der Produkte in die EU Dual USE-Liste oder US-Liste, Embargoregeln, außenhandelsrechtliche Meldeplichten nach dem Außenwirtschaftsgesetz etc.)
  • Einhaltung der Verbote und Beschränkungen (z.B. grenzüberschreitende Beförderung von Gefahrgütern oder Abfällen)
  • Verbrauchsteuern (z.B. Alkohol, Energie, Strom, Tabak und Kaffee)


Zielsetzung des Compliance-Management-Systems

Wichtig für die Einführung eines risikoorientierten Compliance-Management-Systems ist die Formulierung des Ziels. Voraussetzung der Zielsetzung  ist das Verschaffen eines Gesamtüberblicks über die potentiellen Risiken. Letztlich soll das Management-System die Anzahl der ermittelten kritischen Risiken minimieren.
 
Aufgrund von vorangegangenen Zollprüfungen (Einfuhrhandelsprüfung), Außenwirtschaftsprüfungen (Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Zahlungsverkehr) oder Präferenzprüfungen (Import, Export oder auch Einzel- Nachprüfungsersuchen) oder auch Verbrauchsteuerprüfungen, lassen sich die Risiken relativ schnell ermitteln.
 

Identifizierung von Risiken

Im nächsten Schritt ist es wichtig die potenziellen Risiken, die sich aus dem Zoll-, Verbrauchsteuer- und Außenwirtschaftsbereich ergeben, zu ermitteln. Sinnvoll ist es, unternehmensinterne als auch externe Risiken zu ermitteln und zu bewerten.
 
Unternehmensinterne Risiken sind z.B.:

  • Die Anzahl von im Bereich Zoll-Verbrauchsteuer und Außenwirtschaft eingesetzten Mitarbeiter oder besetzte Planstellen
  • Bspw. fehlende Vertretungsregelungen, fehlende Qualifikationen und Weiterbildungsmaßnahmen, Altersstriktur der Mitarbeiter, fehlende organisatorische Strukturen oder fehlende Kommunikations- und Berichtslinien oder auch  technische Ausstattungen (z.B. EDV-Software für Präferenzkalkulationen oder Sanktionslistenprüfungen)


Grundsätzlich ist es empfehlenswert, die möglichen Risikofelder getrennt nach Import- und Export-Aktivitäten zu ermitteln. Diese Trennung ermöglicht letztlich einen besseren Gesamtüberblick über mögliche Risiken.
 

Im Importbereich ergeben sich häufig die nachfolgenden Risiken:

  • Ermittlung von Codenummern (11- stellig),
  • Gültigkeit von Präferenznachweisen (EUR.1 oder Ursprungserklärungen auf der Rechnung),
  • Prüfung von Antidumping- und Ausgleichszöllen,
  • Ermittlung von Zollwerten (Berücksichtigung von Beistellungen oder Lizenzgebühren),
  • Prüfung von Einfuhrgenehmigungen und Überwachungsdokumenten,
  • Codierungen in den Zollanmeldungen (z.B. Art des Verfahrens, Rückwaren, andere Transaktionen als Kaufgeschäfte )
  • Erfüllung von Sicherheitsvorschriften (z.B. CE- Kennung),
  • Erfüllung von Etikettierungsvorschriften,
  • Erfüllung von Bewilligungsauflagen bei Nutzung von vereinfachten Zollverfahren sowie
  • Vollständigkeit von Zollanmeldungen/Steuerbescheiden.


Im Exportbereich treten häufig die nachfolgenden Risiken auf:

  • Ermittlung von Codenummern nach dem Außenhandelsstatistikverzeichnis (8-stellig),
  • Beachtung von Exportkontrollvorschriften (Embargoregelungen, Ausfuhrgenehmigungs-pflichten nach der EG-Dual-Use-Verordnung),
  • Beachtung von AWV-Meldungen (z.B. Z4/ Z5-Meldungen, K3- oder K4-Meldungen),
  • Ausstellung von Präferenznachweisen (EUR.1 oder Ursprungserklärungen auf der Rechnung),
  • Überprüfung von Lieferanten- oder Langzeit-Lieferantenerklärungen),
  • Vollständigkeit von Zollanmeldungen (Ausfuhranmeldung, Ausfuhrbegleitdokument und Ausgangsvermerk, Rechnungen),
  • Vollständigkeit von nichtpräferenziellen Ursprungsnachweisen (Ursprungszeugnisse IHK, Lieferantenerklärungen etc.),
  • Codierungen in der Ausfuhranmeldung (z.B. X 002 oder Y901 oder Art des Geschäfts etc.),
  • Erfüllung von Bewilligungsauflagen im Falle der Nutzung von vereinfachten Ausfuhrverfahren,
  • Nachweisführung im Falle der Nutzung des einstufigen Ausfuhrverfahrens oder im Falle von Sendungen mit einem Wert < 1.000 Euro,
  • Erfüllung von Empfangsländervorschriften (z.B. Labelling oder Angaben zum nichtpräferentiellen Ursprung) sowie
  • Prüfung von beantragten Ausfuhrgenehmigungen  oder Anzeigepflichten im Rahmen der Nutzung von Allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen (z.B. EU 001 oder AGG 12).


Das Risikoniveau hängt stark von den Ein- und Ausfuhraktivitäten und der jeweiligen zu beziehenden oder zu liefernden Produkte ab. Das  Risikoniveau ist ggf. abhängig von den Bezugsländern oder Lieferländern.
 
Weiterhin können das Produktportfolio, Vorlieferanten oder Endkunden oder die Zahlungsabwicklung über sanktionierte Banken und Verwendungszwecke der Produkte oder auch die Rechnungstellung in US Dollar, die Risikobewertung stark beeinflussen.

 

Maßnahmen gegen Risiken

Sofern Risiken ermittelt wurden, die aus Compliance-Sicht als „show stopper“ gelten,  sollten diese Risikofelder mit Maßnahmen zur Beseitigung dieser Risiken versehen werden. Ziel der Maßnahmen sollte dabei  die Beseitigung oder die Minimierung dieser Risiken sein. Das kann in der Regel nur über interne Arbeits- und Organisationsanweisungen erfolgen, die gezielt auf risikobehaftete Vorgänge und deren Handhabung eingehen.
 

Unternehmensinternes Monitoring der Trade-Compliance-Risiken

Das Monitoren der Trade-Compliance-Aktivitäten (Überwachen und überprüfen der Prozessabläufe) sowie die Dokumentation der ergriffenen Maßnahmen sind wesentliche Elemente eines Compliance-Management-Systems. Dazu gehört auch die unternehmensinterne Kommunikation der Ergebnisse der Trade-Compliance-Aktivitäten. Das erhöht die Akzeptanz von Compliance-Maßnahmen im Unternehmen und zeigt gleichzeitig den Erfolg des Management-Systems bzw. legt den Verbesserungsbedarf bestimmter unternehmensinterner Prozesse offen.
 
Der Einführung eines Trade-Compliance-Management-Systems im Unternehmen und dem Monitoren der Geschäftsprozesse wird künftig auch seitens der Zollverwaltung mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden und sich in etwaigen Bußgeld- oder Strafverfahren niederschlagen.

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