Was bedeutet die grosse novelle des tschechischen arbeitsgesetzbuches?

Die sog. große Novelle des tschechischen Arbeitsgesetzbuches wurde vom tschechischen Parlament angenommen. In dem nachfolgenden Beitrag werden wir die wichtigsten Änderungen im Zuge dieser Novelle kurz zusammenfassen, und zwar nach dem Tag ihres Inkrafttretens.

Änderungen zum 30. Juli 2020

Abberufung eines leitenden Arbeitnehmers

Die Möglichkeit zu vereinbaren, dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitsplatz abberufen werden kann oder dass ein Arbeitnehmer auf einen Arbeitsplatz verzichten kann, wird neu auf leitende Arbeitnehmer in einigen höheren Arbeitspositionen beschränkt. Mit anderen leitenden Arbeitnehmern können derartige Vereinbarungen nicht getroffen werden.

Ein Entleiher ist verpflichtet, eine Arbeitsvermittlungsagentur über eine Entsendung eines Leiharbeitnehmers in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu informieren

Es wird die Pflicht des Entleihers eingeführt, die Arbeitsvermittlungsagentur zu informieren, wenn der Entleiher einen überlassenen Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung im Rahmen einer grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen in ein anderes EU-Land entsandte.

Aufhebung der Pflicht zur Ausstellung eines Beschäftigungsnachweises bei Vereinbarungen über Tätigkeiten aausserhalb eines (klassischen) Arbeitsverhältnisses

Diese Pflicht bleibt nur bestehen, wenn eine sog. Vereinbarung über die Ausübung einer Arbeit (geringfügige Beschäftigung) eine Teilnahme an der Krankengeldversicherung begründet, oder wenn Pfändungsabzüge (Lohnpfändungen) vorgenommen werden.

Nähere Festlegung von Fällen, in denen es sich um eine Übertragung der Tätigkeit des Arbeitgebers handelt

Nach der bisherigen rechtlichen Regelung galt als Übertragung einer (Unternehmens-) Tätigkeit, mit der auch ein Übergang der Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen verbunden war, die bloße Übertragung der Tätigkeit an sich, ohne weitere Voraussetzungen. Im Arbeitsgesetzbuch wird neu näher festgelegt, in welchen Fällen es sich um eine Übertragung einer (Unternehmens-) Tätigkeit handelt, die einen Übergang der Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen auslöst. Hierdurch soll in der Praxis mehr Rechtssicherheit sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber gewährleistet werden.

Neue Regeln für Arbeitnehmer-Kündigungen bei einem Übergang der Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen

Es handelt sich um eine Verbesserung der rechtlichen Regelung von Kündigungen, die Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Übergang von Rechten und Pflichten (des Arbeitgebers) aussprechen können. Durch die neu geregelte Frist, innerhalb der die Kündigung an den Arbeitgeber zugestellt werden kann, wird der Arbeitgeber motiviert, den Arbeitnehmer über den Übergang der Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen spätestens dreißig Tage vor der Wirksamkeit eines solchen Übergangs zu informieren.

Änderungen der Zustellung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, jedwede Schriftstücke an den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu dessen Händen zuzustellen. Falls dies nicht möglich ist, kann der Arbeitgeber das jeweilige Schriftstück nach seiner Wahl an jedweden anderen Ort, an dem er den Arbeitnehmer erreicht, oder per Post zustellen. Bei der Zustellung per Post ändert sich die Frist für eine Hinterlegung bei der Post von zehn auf fünfzehn Kalendertage. Nach schriftlicher Zustimmung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Schriftstücke auch elektronisch in dessen Data Box (den sog. elektronischen Briefkasten) zustellen.

Änderungen zum 1. Januar 2021

Entgeltfortzahlung bei Freistellung im Zusammenhang mit Kinder- und Jugendarbeit

Bei einer Freistellung zwecks Ausübung einer Tätigkeit auf Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche wird neu ein Lohnersatz in Höhe eines Durchschnittslohnes in der nationalen Wirtschaft eingeführt, und zwar bei einer Freistellung von höchstens einer Woche pro Kalenderjahr. Eine gewährte Lohnfortzahlung wird dem Arbeitgeber durch den tschechischen Sozialversicherungsträger ČSSZ erstattet.

Einmalige Entschädigung für einen immateriellen Schaden von Hinterbliebenen

Dem Ehemann oder dem Partner eines infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorbenen Arbeitnehmers, dessen Kind und dessen Eltern soll neu ein einmaliger Ersatz des immateriellen Schadens der Hinterbliebenen in Höhe von mindestens des Zwanzigfachen des Durchschnittsgehalts zustehen.

Geteilte Arbeitsstelle (Job Sharing)

Ein Arbeitnehmer kann mit zwei oder mehr Arbeitnehmern mit verkürzter Arbeitszeit und der gleichen Art der Arbeit Vereinbarungen abschließen, gemäß welchen diese Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit in gegenseitiger Abstimmung an einem geteilten Arbeitsplatz selbst so in Schichten aufteilen werden, dass jeder von ihnen die wöchentliche Arbeitszeit nach Maßgabe eines gemeinsamen Arbeitszeitplans spätestens in einem vierwöchigen Ausgleichszeitraum erfüllt.

Grundlegende Änderung in der Regelung von Urlaub

Die bedeutendste Änderung ist ohne Zweifel die konzeptionelle Regelung des Urlaubs. Zum Beispiel richtet sich der Urlaub neu nicht mehr nach den geleisteten Arbeitstagen und er wird nicht mehr um die Tage eines entschuldigten Fernbleibens von der Arbeit gekürzt. Die Entstehung eines Anspruchs des Arbeitnehmers auf Urlaub beruht nun auf der geleisteten festgelegten oder vereinbarten kürzeren wöchentlichen Arbeitszeit, von der auch die Länge des Urlaubs abgeleitet wird. Indem neu nicht von Tagen, sondern von einer Umrechnung in Stunden ausgegangen werden wird, soll eine gerechtere Behandlung der Arbeitnehmer unabhängig von der Verteilung und der Länge der Arbeitszeit gewährleistet werden.

Wir gehen davon aus, dass wir uns mit den Neuerungen im Zuge der großen Novelle des tschechischen Arbeitsgesetzbuches, insbesondere der gänzlich neuen Regelung von Urlaub, in der zweiten Hälfte dieses Jahres intensiver beschäftigen werden, und zwar auch im Rahmen der von unserer Kanzlei organisierten Veranstaltungen.

• Novelle des Arbeitsgesetzbuches = Änderungen des Arbeitsrechts zum 30. Juli 2020 und zum 1. Januar 2021

• Grundlegende Änderung in der Regelung von Urlaub ab 2021