Strategien zur Vermeidung von Streitigkeiten nach Transaktionen

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zuletzt aktualisiert am 7. Juli 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Nach erfolgter Due Diligence, Verhandlung und Unterzeichnung des Kaufvertrages und dem Closing könnte man meinen, dass die Unternehmenstransaktion abgeschlossen ist. Die Hoffnung erweist sich jedoch immer häufiger als Trugschluss, denn Streitigkeiten im Nachgang zu Transaktionen nehmen zu. Streitpotenzial zwischen den Transaktionspartnern bieten insbesondere Auslegungs­fragen zur Berechnung von Earn-Outs oder Kaufpreisanpassungsmechanismen, erhaltene Infor­mationen zum Kaufobjekt bei der Due Diligence und im Nachgang zur Transaktion aufge­deckte Bilanzierungsfehler. Welche Schlüsse können aus solchen Streitfällen für die nächste Trans­aktion gezogen werden und wie kann der Schaden erfasst und bewertet werden?


 
Gründe für Meinungsverschiedenheiten gibt es viele: Dient ein Earn-Out in den Kaufpreisverhandlungen noch zur Überbrückung der unterschiedlichen Preisvorstellungen zwischen Käufer und Verkäufer, so gibt es im Nachhinein häufig unterschiedliche Sichtweisen auf die vertraglich vereinbarten Eckpunkte. Selbst wenn beide Seiten mit den besten Absichten handeln, so führt die Post-Deal-Integration des Transaktions­objektes unter Einflussnahme des Erwerbers, die unpräzisen Definitionen von Bewertungsparametern des Earn-Out-Mechanismus oder die unerwartete Entwicklung des Marktumfeldes immer wieder dazu, dass sich Käufer und Verkäufer nicht über die Höhe des Earn-Outs einigen können.
 

Schaden ist nicht immer gleich Schaden

Eine weitere Ursache für Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspartnern ist oft auch die Aufdeckung von Bilanzierungsfehlern im Nachgang zu einer Transaktion. So können auf den ersten Blick vermeintlich kleine Fehler zu großen Schadenersatzansprüchen führen. Wird in einer vollkonsolidierten Tochtergesellschaft das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vor der Transaktion um 200.000 Euro zu hoch ausgewiesen, bspw. aufgrund einer unterlassenen Rückstellungsbildung, kann das – bei einem einmaligen Geschäftsvorfall – zu einem Erstattungsanspruch in Höhe von 200.000 Euro führen. Wurde in dem Fall der Kaufpreis jedoch auf Basis des EBIT über einen festgelegten Multi­plikator von bspw. 7,5 ermittelt und gleichzeitig die Höhe des EBIT im Kaufvertrag garantiert, so kann ein Schadenersatz von 1,5 Mio. Euro gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht werden.
 
Die Liste besonders strittiger Themen im Zusammenhang mit M&A-Transaktionen kann beliebig fortgesetzt werden: Gewinnrealisierung bei langfristigen Fertigungsaufträgen, Doppelerfassung von Positionen in der DCF-Bewertung und bei Kaufpreisanpassungsmechanismen oder Auslegungsfragen bei der Erstellung der Closing Accounts. Öffentlich ausgefochten werden die Streitigkeiten selten, denn keine der beteiligten Parteien ist daran interessiert, ihren Namen mit entsprechenden Schlagzeilen in der Presse zu finden. Daher empfiehlt es sich bereits im Kaufvertrag zu regeln, dass ein unabhängiger Schiedsgutachter zur Klärung betriebs­wirtschaft­licher Sachverhalte herangezogen wird und Differenzen nicht vor einem ordentlichen Gericht, sondern vor einem Schiedsgericht verhandelt werden.
 

Wirksame Rezepte zur Vermeidung von Streitigkeiten

Um das Risiko einer transaktionsbezogenen Streitigkeit zu minimieren, sollten die Ergebnisse von Due Diligence und Unternehmensbewertung in den Kaufvertrag mit einbezogen werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die in der Praxis jedoch häufig nicht konsequent beachtet wird. Im Due Diligence Prozess sollte daher von Beginn an ein zeitnaher und regelmäßiger Austausch der an der Transaktion beteiligten Parteien und Personen erfolgen, um die Erkenntnisse aus operativer Tax-, Financial- und Legal-Due Diligence sowie der Unter­nehmens­bewertung miteinander zu verzahnen. Nur durch den interdisziplinären Austausch kann sichergestellt werden, dass potenzielle Risiken aufgedeckt und überall dort, wo sie relevant sein könnten, berücksichtigt werden.
 
Des Weiteren sollten Begrifflichkeiten im Kaufvertrag genau definiert werden. Das gilt insbesondere für all die Parameter, die in die Kaufpreisermittlung, Kaufpreisanpassungsmechanismen oder einen Earn-Out einfließen. Neben der Definition ist zudem festzulegen, nach welchem Rechnungslegungsstandard Kennzahlen ermittelt werden. Ist ein Earn-Out Bestandteil des Kaufpreismechanismus, so sollte der Bemessungszeitraum möglichst kurz gewählt werden und die Berechnung auf einer Größe wie dem Umsatz basieren, bei der bilanzpolitische Manipulationsmöglichkeiten begrenzt sind. Basiert der Earn-Out auf Ergebnisgrößen bspw. dem EBIT, so ist zu bedenken, dass Bilanzierungswahlrechte aber auch reale Geschäftsvorfälle wesentliche Einflussmöglichkeiten auf diese Größen bieten. So werden z.B. Geschäfts­vorfälle zwischen dem Käufer und dem Transaktionsobjekt im Nachgang zur Transaktion nicht immer zu Konditionen stattfinden, wie sie unter fremden Dritten üblich wären (arm’s length). Zudem können gruppeninterne Umlagen oder die Allokation von Ergebnissen in eine außerhalb des Bemessungs­zeitraums liegende Periode zur Ergebnissteuerung herangezogen werden.
 

Die Schadensermittlung – ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei Streitigkeiten

Sollte das Kind trotz aller Vorsichtsmaßnahmen dennoch in den Brunnen gefallen sein und im Nachgang zur Transaktion ein Disput entstehen, so ist nicht nur eine juristische Anspruchsgrundlage zu prüfen, sondern auch der monetäre Schadenersatz zu quantifizieren. Die Schadensermittlung kann durch einen, von beiden Parteien im Einvernehmen bestellten, Schiedsgutachter durchgeführt werden. Häufig wird jedoch ein Bewerter bereits vor der Streitverkündung mit einem Parteigutachten betraut, um das Ausmaß des Schadens vorab zu ermitteln. Obwohl in der Funktion des Parteigutachters tätig, sollte er in diesem Fall in der Funktion eines neutralen Gutachters auftreten und einen objektivierten Wert ermitteln. Nur so ist sichergestellt, dass die Bewertung vor dem Schiedsgericht anerkannt wird und der Bewerter nicht als „hired gun” angesehen wird und seine Argumente daher kein Gehör finden.
 
In Abhängigkeit vom Schaden, der Gestaltung des Kaufpreises und der vom Verkäufer zugesicherten Garantien kann der Schaden Euro für Euro über den der Transaktion zugrundeliegenden Multiplikator oder aber auf Basis der zukünftigen Cash Flows ermittelt werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Schaden auch Auswirkungen auf die zukünftigen Zahlungsströme des Unternehmens hat. Der Schaden­ersatz bemisst sich dabei aus der Differenz zwischen dem aktuellen Ist-Zustand und dem hypothetischen schadenfreien Zustand. Dafür muss eine Bewertung für jedes der beiden Szenarien erstellt werden. Die Herausforderung für den Bewerter liegt dabei regelmäßig in der realistischen Abbildung des fiktiven schadenfreien Zustandes. Insofern ist die Auswahl eines in M&A-Streitigkeiten erfahrenen Bewerters von besonderer Bedeutung.
 
Wichtig sind bei der Wertermittlung auch das enge Zusammenspiel mit einem in transaktionsbezogenen Streitigkeiten erfahrenen Anwalt und die sorgfältige und für das Schiedsgericht gut nachvollziehbare Doku­mentation aller in die Schadenquantifizierung einfließenden Annahmen und Prämissen. Nur so kann ein Schiedsgerichtsverfahren optimal vorbereitet und erfolgreich bestritten werden. Da dieses in der Praxis häufig mit einem Vergleich endet, empfiehlt es sich, schon im Vornherein eine einvernehmliche Lösung mit der Gegenpartei zu suchen. Denn wie sagt ein Sprichwort: „Besser klein Unrecht gelitten als vor Gericht gestritten”.

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