Gerichtsstandvereinbarung und Internet

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Von Barbora Seigertschmid, Rödl & Partner Zürich und Sandra Umiker
 
In der neueren Rechtsprechung des Schweizer Bundesgerichts wird erneut über den Einbezug von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bei Vertragsschlüssen unter Einbeziehung des Internet entschieden. Im Falle des BGE 4A_86 / 2013 wurde ein Hinweis in einem Vertrag, dass die AGB auf einer Internetseite abgerufen werden können, beurteilt. Inhalt dieser AGB war unter anderem eine Gerichtsstandsklausel. Das Gericht musste entscheiden, ob unter diesen Umständen eine Gerichtsstandvereinbarung nach dem Lugano-Übereinkommen zustande gekommen war. 
 
Die Beschwerdeführerin mit Sitz in Österreich bestellte bei der Beschwerdegegnerin, die ihren Sitz in Deutschland hatte, gewisse Dienstleistungen. Die umstrittene Gerichtsstandvereinbarung befand sich in den Geschäftsbedingungen der Beschwerdegegnerin. Die Vertragsurkunde enthielt einen Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie darauf, dass diese unter einer bestimmten Faxnummer angefordert werden können. Anlässlich einer späteren Änderung wies die deutsche Unternehmerin darauf hin, dass ihre Bedingungen auch im Internet heruntergeladen werden könnten. 
 
Die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte wird im internationalen Verhältnis durch das Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPRG) geregelt, wobei völkerrechtliche Verträge vorbehalten bleiben. Zu diesen gehört auch das Lugano-Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ). Die Vereinbarung über die Zuständigkeit regelt Art. 23 LugÜ, wobei die Formerfordernisse nach diesem Artikel gewährleisten sollen, dass eine Einigung zwischen den Parteien tatsächlich feststeht. 
 
Das Bundesgericht befasst sich vor allem damit, ob ein Zugänglichmachen mit dem Hinweis, die AGB könnten auf der Internetseite des Verwenders oder über eine Faxnummer abgerufen werden, eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme darstellt. 
 
Laut dem Bundesgericht besteht nur ein vernachlässigbarer Unterschied zwischen dem Öffnen eines dem E-Mail beigefügten Dokuments, das die AGB enthält, und dem Aufrufen der Internetseite des AGB-Verwenders oder gar nur dem Anklicken eines entsprechenden Links, falls die Parteien wie vorliegend per E-Mail kommunizieren. Aus ihrem Verhalten ergab sich, dass die Vertragsparteien in gegenseitigem Einverständnis das Internet als Kommunikationsmittel zum Abschluss des Vertrages verwendeten. Es ist damit auch sichergestellt, dass der Vertragspartner über die Möglichkeit der Internetnutzung verfügt. Unter diesen Voraussetzungen ist es dem Vertragspartner zumutbar, einem Hinweis des AGB-Verwenders auf seiner Internetseite nachzugehen und die AGB dort zur Kenntnis zu nehmen. Ob ein bloßer Verweis auf die Internetseite des Verwenders ohne Übergabe der AGB auch genügt, wenn die Parteien nicht per E-Mail kommunizieren, wurde vom Bundesgericht offen gelassen. 
 
Im Vergleich mit dem Abruf der AGB im Internet ist die Bestellung der AGB per Fax umständlicher. Aus diesen Gründen stellt der Hinweis, die AGB könnten unter einer bestimmten Faxnummer abgerufen werden, im Gegensatz zum Link auf eine Webseite keine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme dar und genügt den strengen Formerfordernissen von Art. 23 Ziff. 1 lit. a LugÜ somit nicht. 
 
Sofern die Parteien vor allem elektronisch kommunizieren, empfiehlt sich für den Geschäftsverkehr mit der Schweiz immer die Verwendung eines Internet-Links – statt dem Versand der AGB per Fax. Im Falle eines Streites ist jedoch vom Anbieter nachzuweisen, dass die AGB zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Internet für den Besteller tatsächlich abrufbar waren.
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