Vorvertragliche Informationspflichten des Franchisings in Deutschland

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 14​​​​​. Mai 2025 Lesedauer ca. 5 Minuten


Das Franchising hat sich in Deutschland als ein beliebtes Geschäftsmodell etabliert, das so-wohl für Franchisegeber als auch für Franchisenehmer zahlreiche Chancen bietet. Doch mit diesen Chancen gehen auch spezifische rechtliche Verpflichtungen einher – v.a. im Hinblick auf vorvertragliche Pflichten. Insbesondere die den Franchisegeber treffenden vorvertraglichen Aufklärungspflichten stellen in der Praxis nicht zu unterschätzende Hürden dar.​
  
Dieser Artikel ist Bestandteil der Artikelserie „Franchising“. Sie ist eine cross border Zusam­menarbeit und soll die wesentlichen Elemente eines Franchising-Vertrages in ausgewählten Ländern aufzeigen. Zur Artikelserie „Franchising“ »

​​Vorvertragliche Aufklärungs- und Informationspflichten​

Die vorvertraglichen Pflichten im Franchising sind vor allem durch das Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der sog. culpa in contrahendo (Verschulden vor oder bei Vertragsschluss, §§ 311 Abs. 2 Nr. 1 u. 2, 241 Abs. 2 BGB) sowie durch die Rechtsprechung geprägt; eine spezialgesetzliche Regelung besteht in Deutschland nicht. Danach sind Franchisegeber verpflichtet, potenzielle Franchisenehmer umfassend über alle wesentlichen Aspekte des Franchisevertrags zu informieren. Diese Aufklärungspflichten sind nicht nur sittlicher Natur, sondern auch rechtlich bindend.

Worin die konkrete Aufklärungspflicht des Franchisgebers liegt, entscheidet sich anhand der Umstände des Einzelfalls. Dabei sind insb. die Erfahrungen und Kenntnisse des Franchisenehmers sowie der Verlauf der Geschäftsanbahnung maßgebend. Beispielhaft bedeutet dies: Sofern ein unerfahrener Franchisenehmer involviert ist, sind die Informations- und Aufklärungspflichten des Franchisegebers entsprechend umfangreicher, als wenn es sich um einen erfahrenen Franchisenehmer handelt. 

Grundsätzlich muss der Franchisegeber dem Franchisenehmer jedoch unter anderem folgende Informationen zur Verfügung stellen; der Umfang der konkreten Informationen erfolgt wie vorbezeichnet einzelfallabhängig:
  • Struktur und Funktionsweise des Franchisesystems: Die Vorteile des Franchisvertriebsmodells liegen für den Franchisenehmer gerade darin, erprobtes Know-How und die Marke des Franchisegebers nutzen zu können. Der Franchisegeber muss daher insbesondere Informationen bereitstellen, welche die relevanten Informationen über das Geschäftsmodell, die Produkte und die Marketingstrategien enthalten.
  • Finanzielle Informationen: Der Franchisegeber ist verpflichtet, dem Franchisenehmer eine realistische Einschätzung der zu erwartenden Investitionen, laufenden Kosten und potenziellen Einnahmen zu geben. Dies schließt auch Informationen über die wirtschaftliche Lage des Franchisegebers ein. Die kommunizierten finanziellen Informationen dürfen dabei grds. nicht bloß eine Schätzung sein, sondern auf einer sorgfältigen Einzelfallbewertung des Franchisegebers beruhen. Falls finanzielle Informationen mangels ausreichender Anhaltspunkte dennoch geschätzt werden müssen, ist der Franchisenehmer darauf hinzuweisen.

    Sollten sich die Prognosen im Nachhinein als unzutreffend herausstellen, begründet dies allerdings noch keine Aufklärungsverletzung; vielmehr ist in einem solchen Fall zu prüfen, auf welcher Grundlage die Prognose fußte. Aber: Darin liegt selbstverständlich kein Freibrief zum Lügen; im Grundsatz gilt vielmehr, dass die dem Franchisenehmer erteilten Informationen zutreffend sein müssen.
  • Rechtsinformationen: Der Franchisegeber muss den Franchisenehmer über alle rechtlichen Rahmenbedingungen informieren, die für den Betrieb des Franchisebetriebs relevant sind, einschließlich der geltenden Gesetze und Vorschriften.​

Modalitäten der Informationspflichten

Die Informationspflichten müssen in einer klaren und verständlichen Form erfüllt werden. Der Franchisegeber sollte sicherstellen, dass alle Informationen rechtzeitig vor Vertragsabschluss bereitgestellt werden, um dem Franchisenehmer die Möglichkeit zu geben, diese zu prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen:​
  • Zeitpunkt der Aufklärung: Grundsätzlich gibt keinen fixen Zeitpunkt, zu dem die erforderlichen Informationen zu übermitteln sind. Dennoch gilt, dass erforderliche Informationen in einem angemessenen Zeitraum vor Vertragsunterzeichnung zur Verfügung zu stellen sind. In der Praxis hat sich herauskristallisiert, dass die relevanten Informationen daher nicht später als zwei Wochen vor Vertragsschluss vorzulegen sind. 
  • Geheimhaltung: Der Franchisegeber sollte sicherstellen, dass seine Geschäftsgeheimnisse geschützt sind.  Dazu sollte er mit dem Franchisenehmer eine ausreichende Geheimhaltungsvereinbarung vereinbaren, bevor er die sensiblen und möglicherweise geldwerten Informationen über sein Franchisesystem offenlegt.
  • Form: Es besteht keine Formpflicht. Allerdings trägt der Franchisegeber die Beweislast dafür, dass er den Franchisenehmer vollständig und richtig aufgeklärt hat; aus Beweisgründen sollte die erfolgte Aufklärung inklusive der übermittelten Informationen gut dokumentiert werden (bspw. durch Gesprächsprotokolle oder unterzeichnete Checklisten). In der Praxis hat sich ein sog. Franchise-Handbuch, in welchem die erforderlichen Informationen gesammelt und geordnet werden können, als Form für den Wissenstransfer durchgesetzt.

Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Informationspflichten

Ein Verstoß gegen die vorvertraglichen Aufklärungs- und Informationspflichten kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Unter anderem könnte der Franchisenehmer Schadensersatz verlangen, wenn er aufgrund unzureichender Informationen einen finanziellen Nachteil erlitten hat. Gegebenenfalls könnte der Franchisenehmer den Franchisevertrag gar anfechten, wenn er nachweisen kann, dass er aufgrund falscher oder unzureichender Informationen eine Entscheidung getroffen hat, die er bei vollständiger Information nicht getroffen hätte.

​​ Praktische Hinweise für Franchisegeber und Franchisenehmer

Das Vorbezeichnete berücksichtigend ist dem Franchisegeber daher eine transparente Kommunikation gegenüber dem Franchisenehmer zu empfehlen, die geeignet ist, die Aufklärungs- und Informationspflichten zu erfüllen. Zu Beweiszwecken sollte die Pflichten erfüllende Kommunikation in dokumentierter Weise erfolgen. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass vertragliche „Beiwerk“, wie unter anderem Geheimhaltungsvereinbarungen, passgenau und rechtzeitig zu vereinbaren. 

Dem Franchisenehmer ist hingegen zu empfehlen, alle vom Franchisegeber bereitgestellten Informationen gründlich zu prüfen und bei Unklarheiten zu hinterfragen – denn die zu liefernden Antworten müssen zutreffend sein. Schließlich hängt von der auf diesen Informationen beruhenden Informationen die wirtschaftlich-strategische Zukunft des Franchisenehmers ab.

Fazit​

Die vorvertraglichen Pflichten im Franchising sind von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Franchise-Systems und den Schutz der Interessen beider Parteien. Franchisegeber müssen sicherstellen, dass sie ihren Informationspflichten nachkommen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Franchisenehmer sollten sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst sein und alle Informationen sorgfältig prüfen, bevor sie einen Vertrag unterzeichnen. Ein (bereits vor Vertragsschluss) transparentes Franchising-Modell kann nicht nur rechtliche Streitigkeiten vermeiden, sondern auch eine erfolgreiche und langfristige Geschäftsbeziehung fördern.
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