Update Direktinvestitionen – Weitere Komplexität in Deutschland und China

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veröffentlicht am 1. Juni 2021 / Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Die aktuellen Rechtsänderungen für Direktinvestitionen in Deutschland durch nicht-EU / nicht-EFTA-Erwerber wurden in der M&A-Praxis mit Spannung verfolgt. Im Wesentlichen werden dabei Vorgaben aus der EU-Screening-Verordnung (VO) um­gesetzt, die am 11. Oktober 2020 in Kraft getreten ist. 

  

  

In China sieht man eine gemischte Entwicklung bei der Regulierung ausländischer Direktinvestitionen: Einerseits wird der chinesische Markt als Ganzes für ausländische Investition immer weiter geöffnet; andererseits sind in einigen Branchen neue Anforderungen an die Sicherheitsprüfungen zu beachten.

Die signifikante Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) im Jahr 2020, mit der u.a. die Erweiterung des Prüfungsmaßstabs, die Einführung eines Vollzugsverbots bei meldepflichtigen Erwerben und die Berück­sichtigung von erwerberbezogenen Aspekten (z.B. unmittelbare/mittelbare staatliche Kontrolle) einhergingen, hat erhebliche Auswirkungen auf die Transaktionspraxis. Mit dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) vom 22.  Januar 2021 zur 17. AWV-Novelle wird insbesondere die Definition der kritischen Technologien als Umsetzung der Vorgaben aus der EU-Screening-VO in die Außenwirtschafts­verordnung (AWV) eingeführt.

Kritische Technologien

Die EU-Screening-VO benennt Technologien, Sektoren und wirtschaftliche Betigungen nur schlagwortartig. Der Referentenentwurf des BMWi dagegen definiert  –  über die Vorgaben der EU-Screening-VO hinaus   –  insgesamt 16 neue Katalogtatbestände, darunter moderne Schlüsseltechnologien (wie Künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Cyber-Sicherheit, Quanten- und Nuklear-Technologie), versorgungsrelevante Schlüssel­infrastrukturen und bestimmte Güter mit doppeltem  –  also zivilem sowie militärischem  –  Verwendungszweck (sog. „Dual-Use-Güter”).
  
Bei Vorliegen eines Katalogtatbestands gibt es neben Meldepflichten auch Handlungsverbote bis zur Freigabe durch das BMWi bzw. einer Freigabefiktion: u.a. ein Vollzugsverbot der geplanten Transaktion und ein Verbot sicherheitsrelevante Informationen des Zielunternehmens offenzulegen  –  z.B. betreffend der Technologie. Der Verstoß gegen Handlungsverbote ist strafbewehrt. 

Atypischer Kontrollerwerb und Hinzuerwerb

Die Schwellenwerte bei der sektorenübergreifenden Investitionsprüfung knüpfen an den Erwerb von Stimmrechten an der Zielgesellschaft an. Werden bei einem Erwerb unterhalb der Schwellen signifikante Einflussnahmemöglichkeiten vereinbart (z.B. durch Mehrheiten in Aufsichtsratsgremien, Veto- oder Informationsrechte), kann künftig ein atypischer Kontrollerwerb vorliegen, der das Prüfungsrecht des BMWi auslöst. 

Zudem sieht der Referentenentwurf vor, dass künftig jeder Hinzuerwerb, mit dem eine relevante Schwelle überschritten wird, die Meldepflicht bzw. das Prüfrecht des BMWi hervorruft  –  auch wenn in der Vergangenheit eine Unbedenklichkeitsbescheinigung eingeholt worden ist. 

Ausländische Investitionen in China: Erleichterung und Verschärfung zugleich

Öffnung des chinesischen Markts

Die Verordnung zur Umsetzung des Gesetzes über ausländische Investitionen („Durchführungsverordnung“) ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Sie spiegelt die Öffnungspolitik für den chinesischen Markt. Grundtenor ist die Gleichbehandlung von in- und ausländischen Unternehmen. Eine wesentliche Neuerung ist, dass aus­ländische Investitionen in China grundsätzlich nicht mehr genehmigungspflichtig sind. Ausgenommen sind wenige in einer „Negativliste“ erfasste Branchen. Auch die spezielle Gesellschaftsform von Equity oder Cooperative Joint Venture verabschiedet sich von der historischen Bühne. Ein gemeinsames Unternehmen von ausländischen und chinesischen Investoren hat laut Durchführungsverordnung nun die gleiche Gesellschaftsstruktur wie bei einer Investition von zwei chinesischen Partnern.
 

Verschärfung der Regelung zur Sicherheitsprüfung von ausländischen Investitionen

Ende 2020 sind die neuen „Measures for the Security Review of Foreign Investments“ in Kraft getreten. Als wesentliche Neuerung unterliegen Greenfield-Projekte ausländischer Investoren in sicherheitsrelevanten Bereichen einer Sicherheitsprüfung. Nach der alten Gesetzeslage war eine Sicherheitsprüfung lediglich bei M&A-Transaktionen erforderlich. Die Prüfung wird durch die „National Development and Reform Commission” (NDRC) durchgeführt.

Ein Äquivalent der „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ des BMWi existiert in China leider nicht. Zwecks Planungssicherheit ist es empfehlenswert, vorab mit dem ortsansässigen Büro der NDRC zu klären, ob das geplante Projekt nach der neuen Gesetzeslage als sicherheitsrelevant eingestuft werden kann.

Bitte beachten Sie

  • Eine frühzeitige Klärung einer etwaigen Meldepflicht ist essenziell. In Zweifelsfällen sollte eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt werden.
  • Es bestehen keine Vollzugshandlungen vor Freigabe und Geheimhaltung von sicherheitsrelevanten Informationen der Zielgesellschaft bei meldepflichtigen Erwerben.
  • Eine frühzeitige Klärung mit NDRC muss für sicherheitsrelevante Projekte erfolgen.
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