§ 50i EStG: Auswirkungen einer verunglückten Korrekturnorm auf die Unternehmensnachfolge

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Die Regelung des § 50i EStG stellt einen gravierenden „handwerklichen Unfall” im Gesetzgebungsverfahren dar und wirkt in der aktuell gültigen Gesetzesfassung als faktische Nachfolgesperre. Allerdings könnte die im Rahmen des BEPS-Änderungsgesetzes diskutierte Neufassung der Norm (teilweise) Abhilfe schaffen.

 

Ausgangspunkt für die Einführung von § 50i EStG waren die drohenden Besteuerungsausfälle aufgrund einer unliebsamen Rechtsprechung des Bundesfinanzhof (BFH) zur abkommens­rechtlichen Behandlung von Holdinggesellschaften in sog. GmbH & Co. KG-Strukturen, wie sie bei Familien­unternehmen häufig anzutreffen sind. Durch die geänderte Sichweise kam es in grenzüberschreitenden Konstellationen bei der Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens zu einer – der langjährigen Verwaltungspraxis widersprechenden – anderweitigen Zuweisung des Besteuerungsrechts. 
 

Folglich drohte die Entstrickung, d.h. die Nicht­besteuerung von in der Vergangenheit gebildeten stillen Reserven der im Ausland lebenden Familien­gesell­schafter und damit ein massiver Verlust von Besteuerungs­substrat. Das zu verhindern war die ursprüngliche Intention von § 50i EStG.

 

Reiner Inlandsfall ebenfalls vom Anwendungsbereich erfasst?

Jedoch erfolgte im Juni 2013 zunächst ein gesetzgeberischer Schnellschuss. Bereits 6 Monate später (!) musste nachgebessert werden, was zu einer massiven Ausweitung des Anwendungsbereichs geführt hat. In dieser aktuell gültigen Fassung des § 50i EStG schießt der Gesetzgeber jedoch weit über das von ihm gesetzte Ziel hinaus, Besteuerungsausfälle zu verhindern und die Steuerverhaftung von in Deutschland begründeten stillen Reserven an Gesellschaftsanteilen und anderen Wirtschaftsgütern sicherzustellen. Schließlich unterliegen nicht nur die ursprünglich avisierten Wegzugsfälle der Besteuerung nach § 50i EStG, sondern es werden bspw. bei unentgeltlicher Übertragung oder bei Umwandlungsvorgängen auch eine Vielzahl von reinen Inlandskonstellationen von den Besteuerungsfolgen der Norm (d.h. Aufdeckung der stillen Reserven) erfasst, obwohl bei diesen Vorgängen ein künftiges deutsches Besteuerungsrecht gar nicht in Frage steht.

 

Billigkeitserlass der Finanzverwaltung und Neufassung im Rahmen des BEPS-Änderungsgesetz

Vor diesem Hintergrund lässt die Finanz­verwaltung auf Antrag bei Inlands­konstellationen unter Billigkeits­erwägungen die Nicht­anwendung des § 50i EStG zu (vgl. BMF-Schreiben v. 21. Dezember 2015). Das ist zwar zu begrüßen, jedoch umfasst und löst das Schreiben bei weitem nicht alle Sach­ver­halts­konstell­ationen der Praxis. Daneben gilt es auch zu beachten, dass der Erlass keine Gesetzes­qualität aufweist und damit die Bindungswirkung nur bei der Finanz­verwaltung, allerdings nicht gegenüber den Gerichten besteht.
 
Aufgrund dieser Problematik wird momentan im Rahmen des BEPS-Änderungsgesetzes (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen) eine umfassende Neufassung des § 50i EStG diskutiert. Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, dass der Anwendungsbereich zeitlich beschränkt und auf die ursprünglich angedachten grenzüberschreitenden Fälle zurückgeführt werden soll, so dass reine Inlandssachverhalte künftig nicht mehr von der Norm erfasst sein würden. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es bleibt zu hoffen, dass die Gesetzesinitiative auch die entsprechende Zustimmung in Bundestag und Bundesrat erhält.

 

Fazit und Hinweise für die Praxis

Gedacht war die Norm ursprünglich als Korrektur einer unliebsamen Rechtsprechung des BFH zum internationalen Steuerrecht, entstanden ist jedoch im Ergebnis eine faktische Übertragungs­sperre für alle Familienholdingstrukturen. Trotz des Billigkeits­erlasses der Finanz­verwaltung lautet der Rat des steuerlichen Beraters daher (noch): Vorsicht bei der „Bewegung” von Gesellschaften in GmbH & Co. KG-Strukturen! Hoffen lässt aber die geplante Neufassung des § 50i EStG im Rahmen des BEPS-Änderungsgesetzes.

      

zuletzt aktualisiert am 24.10.2016
 

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Dr. Hans Weggenmann

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