Preisanpassungsklauseln in der FM-Vertragsgestaltung und im Kontext der aktuellen volatilen wirtschaftlichen Situation

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​veröffentlicht am 2. November 2022





FM-Verträge wurden in der Vergangenheit häufig mit Pauschalpreisen über eine mehrjährige Laufzeit vereinbart. Im Vordergrund stand dabei das Interesse des Auftraggebers Preissicherheit über eine gewisse Laufzeit zu erhalten und bei der Angebotseinholung eine einfachere Vergleichbarkeit der Preise zu ermöglichen. Dadurch waren die FM-Dienstleister gezwungen, ihre Angebote entsprechend vorausschauend zu kalkulieren, um einen Pauschal- und Festpreis für mehrere Jahre anbieten zu können. Hierbei wird durch den Auftragnehmer in der Regel auf den Angebotspreis ein unternehmerischer Risikoaufschlag - auf Erfahrungswerten basierend - eingepreist. 


Im aktuellen wirtschaftlichen Kontext stellt sich die Frage, ob dieses Vergütungsmodell noch zeitgemäß ist oder für beide Vertragsparteien transparente und nachvollziehbare Preisanpassungsklauseln in Verträgen künftig aufgenommen werden sollten. Diese und die damit zusammenhängenden Fragen zur Vergütung sind in den letzten Monaten besonders häufig Gegenstand unserer Beratungen. Dies soll Anlass sein, die rechtlichen Grenzen und Möglichkeiten von Preisanpassungsklauseln etwas näher zu betrachten.

Anspruch auf Preisanpassung bei sich verändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen?

Aktuell stellt sich häufig die Frage, ob Auftragnehmer aufgrund der (zum Teil unvorhersehbaren) wirtschaftlichen Entwicklungen (Mindestlohnerhöhung, Inflation, Verteuerung der Rohstoffe etc.) einen direkt durchsetzbaren Anspruch auf Vergütungsanpassung haben. 

Dies lässt sich nicht pauschal beantworten, denn die Entscheidung hängt von den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen ab. In vielen Fällen, in denen die Verträge einen Festpreis/Pauschalpreis ohne Preisanpassungsklausel beinhalten, besteht ein solcher Preisanpassungsanspruch dem Grund nach zunächst nicht. Auch ein Anspruch über das Rechtinstitut der sog. „Störung der Geschäftsgrundlage“ dürfte regelmäßig nicht gegeben sein. Die Forderung der Dienstleister, die Vergütung entsprechend den sich verändernden Kosten (Lohnkosten etc.) anzupassen, ist eine zwar nachvollziehbare Forderung, aber im Regelfall von der Zustimmung des Auftraggebers abhängig. 

Umgang mit pauschalen Preisanpassungsgesuchen?

Zu bedenken ist, dass ein Preisanpassungsgesuch unter dem pauschalen Hinweis auf die neue Erhöhung des Mindestlohns für den Auftraggeber häufig nicht nachvollziehbar sein dürfte. Denn dem Auftraggeber liegen die kalkulierten Annahmen für die Vergütungsvereinbarung  meistens nicht vor und somit ist auch unklar, ob sich ein erhöhter Mindestlohn wirklich bzw. in welchem Verhältnis auswirkt und damit eine pauschale prozentuale Preiserhöhung rechtfertigt. Auch der pauschale Verweis auf die Inflation und die erhöhten Material- und Energiekosten ist im FM-Bereich kritisch zu betrachten. Denn es handelt sich überwiegend um Leistungen mit Personalkosten. Bei Leistungen, bei denen Materialkosten etc. anfallen, finden sich in den FM-Verträgen üblicherweise  Preisregelungen, bei denen über einer vereinbarten Kappungsgrenze der Auftraggeber ein Angebot abgeben kann/muss und dann eine entsprechende Beauftragung erfolgt. Da bei erhöhten Materialkosten somit häufiger die vereinbarten Kappungsgrenzen überschritten sein dürften, trägt hier der Auftraggeber das Kostenrisiko.

Ob man also einem Anpassungsgesuch nachkommt, ist im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit und unter dem Gesichtspunkt der Sicherstellung der Leistungsqualität und unter kritischer Prüfung der Gesamtsituation im Einzelfall abzuwägen. Gegebenenfalls sind auch vom Auftragnehmer Optimierungsvorschläge einzufordern und das Leistungssoll der beauftragten Leistungen entsprechend einvernehmlich anzupassen. 

Neben den Pauschalpreisvereinbarungen finden sich deswegen in FM-Verträgen und anderen länger laufenden Verträgen, wie zum Beispiel bei Rahmenlieferverträgen oder Mietverträgen noch stärker als früher, unterschiedliche Preisanpassungsklauseln. Vor allem bei länger laufenden Verträgen gewinnen solche Preisanpassungsklauseln zunehmend an Bedeutung, 

Welche Arten von Preisanpassungsklauseln gibt es?

„Verhandlungsklauseln”

Vermeintliche Preisanpassungsklauseln, die lediglich vorsehen, dass nach einer gewissen Zeit oder bei besonderen Veränderungen der wirtschaftlichen Situation (z.B. Lohnnebenkosten, Sozialabgaben) über den Preis verhandelt werden kann, sind in der Regel rein deklaratorisch. Diese Klauseln können aber dazu führen, dass die Parteien sich mit den geänderten Marktgegebenheiten auseinandersetzen. Eine Anpassung der Vergütung lässt sich dadurch grundsätzlich jedoch nicht einseitig durch den Dienstleister durchsetzen. Insofern sind solche Klauseln streng genommen rechtlich überflüssig. Es kommt jedoch wie immer auf die jeweilige Formulierung und Vereinbarung im jeweiligen Vertrag an.

„Echte Preisanpassungsklauseln”

Preisanpassungsklauseln dagegen, die rechtlich wirksam sind, verteilen das Preisrisiko auf beide Vertragsparteien über einen vertraglich vorgegebenen Regelungsmodus ohne verhandeln zu müssen. Was vielen jedoch nicht ganz bewusst sein dürfte, ist der Umstand, dass solche Preisanpassungsklauseln nicht im Sinne der geltenden Vertragsfreiheit (Privatautonomie) vollkommen frei vereinbart werden können, sondern vielmehr die Vorgaben des Preisklauselgesetzes (PrKlG) einhalten müssen.

Das Preisklauselgesetz

Nach § 1 Abs. 1 PrKlG ist es untersagt, den Betrag von Geldschulden „unmittelbar oder selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen (zu bestimmen), die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind“. Obwohl international solche Indexierungsverbote kaum verbreitet sind, hat sich der deutsche Gesetzgeber dazu entschieden. Grund ist auch, dass man eine unkontrollierte Kettenreaktion und damit Auswirkungen auf die Inflation verhindern will. 

Zulässig sind jedoch Klauseln, bei denen das Ausmaß der Preisanpassung abhängig ist von

  • einer Ermessensausübung (Leistungsvorbehaltsklausel)
  • der Entwicklung der Preise für Güter oder Leistungen, die im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind (Spannungsklausel), oder
  • der Entwicklung der Preise für Güter oder Leistungen, die auch die Selbstkosten des Gläubigers unmittelbar beeinflussen (Kostenelementeklausel).

Das Preisklauselgesetz regelt daneben weitere Anforderungen, die bei der Gestaltung von Preisanpassungsklauseln berücksichtigt werden müssen, um eine etwaige Unwirksamkeit zu vermeiden. Im Übrigen ist neben den häufig schwierigen rechtlichen Fragestellungen auch die kaufmännische Gestaltung der Rechnungsformel nicht trivial. Hier kann man auf Muster zurückgreifen oder sich entsprechend beraten lassen. 

In der FM-Branche hat sich die Preisanpassungsformel des Mustervertrags von GEFMA e.V. etabliert.





Beispiel einer Preisanpassungsklausel nach GEFMA



Preisklauselgesetz und AGB-Recht?

Auch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) findet auf Preisanpassungsklauseln Anwendung. Folge des AGB-Rechts ist vor allem, dass unangemessene und intransparente Klauseln in Verträgen, die AGB darstellen, für unwirksam erklärt werden können. Die richterliche Angemessenheitskontrolle von Preisanpassungsklauseln und die dazu umfangreich und komplex ergangene Rechtsprechung verengt den vertraglichen Gestaltungsspielraum enorm. Das AGB-Recht kann dazu führen, dass Klauseln unwirksam sind, die zum Beispiel überraschend oder mehrdeutig sind, wobei Auslegungszweifel zulasten des Verwenders gehen (§ 305c BGB).

Fazit

Auch in der stark preisgetriebenen FM-Branche gewinnt der Umgang mit neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und dem fairen Umgang damit zunehmend an Bedeutung. Die Abkehr von den üblichen Festpreisbindungen über viele Jahre hinweg und ohne jede faire Einflussnahmemöglichkeit durch den Auftragnehmer ist absehbar. Im Ergebnis dürften klare „Spielregeln“ zur Preisanpassung für beide Parteien zu mehr Transparenz und  zu einer ausgewogenen Risikoverteilung führen. Ein bloßer Risikoaufschlag auf die vereinbarte Vergütung dürfte damit obsolet werden.  Neben den juristischen Fragen zur rechtlich wirksamen Gestaltung von Preisanpassungsklauseln ist auch ein betriebswirtschaftlich und fachlich-technisches Verständnis essenziell. Wir können Sie hier mit unserem interdisziplinären Beratungsansatz gerne beraten! 



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Klaus Forster, LL.M.

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