Sanierungsgutachten nach IDW S6 – auch für den Mittelstand darstellbar

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von Wolfram Lenzen

Geht es um Kreditentscheidungen, fordern Banken und Kreditinstitute bei krisengeschüttelten Unternehmen ein Sanierungsgutachten nach IDW S6. Geschäftsführer und Vorstände nutzen die Gutachten, um ihre Sanierungsbemühungen zu untermauern und nachzuweisen – oder um Insolvenzpläne vorzubereiten.

 
Obwohl der IDW S6 für Sanierungsfälle rechtlich nicht bindend ist, hat er sich als anerkannter Standard etabliert. Häufig hört man folgende Klage: Ein vollumfängliches Konzept nach IDW S6 für mittelständische Unternehmen zu erstellen, sei zu aufwendig und kostenintensiv. Dieser Beitrag zeigt, wie IDW S6 Gutachten für mittelständische Unternehmen darstellbar werden.
 
 

Das Sanierungskonzept oder Sanierungsgutachten nach IDW S6 – Pflicht oder Kür?

IDW S6 ist für Sanierungskonzepte rechtlich nicht bindend. Allerdings müssen Kreditinstitute, die Krisenunternehmen begleiten, die Frage beantworten, ob das Unternehmen in einem angemessenen Zeitraum objektiv sanierungsfähig ist. Diese Frage sollte ein unabhängiger und unvoreingenommener Dritter beantworten.
 
Der Standard IDW S6 ist eine Weiterentwicklung des vorher angewandten FAR 1/1991. So umfasst IDW S6 in seiner heutigen Form viele Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Unternehmenssanierung. Darüber hinaus bezieht sich der aktuelle IDW S6 auf die Rechtsprechung des BGH und gibt so eine gewisse Sicherheit auch bei späteren rechtlichen Auseinandersetzungen.
 
Prinzipiell gilt: Unternehmen in Krisensituationen werden es häufig nicht vermeiden können, ein Gutachten nach IDW S6 zu erstellen – v.a., wenn Banken und Kreditinstitute involviert sind.
 

Was macht das Sanierungskonzept nach IDW S6 so aufwendig?

Das Gutachten will die Frage beantworten, ob ein Unternehmen sanierungsfähig ist. Die Sanierungsfähigkeit definiert sich aus der Wettbewerbs- und Renditefähigkeit des Unternehmens. Es muss dargestellt werden, ob das Unternehmen wettbewerbsfähig ist oder wie es wieder wettbewerbsfähig bzw. renditefähig werden kann.
 
Die Aussage zur Sanierungsfähigkeit muss objektiv auch für Dritte nachvollziehbar sein – sie darf sich nicht nur auf Teilbereiche der Unternehmensanalyse beschränken. Die Information muss so vollumfänglich sein, dass die Beurteilung uneingeschränkt gültig ist.
 
Auch wenn jedes Unternehmen und jede Krisensituation anders sind: Der IDW nennt 6 Kernanforderungen bzw. Bestandteile, die ein Sanierungskonzept nach IDW S6 enthalten muss:
 

  • Beschreibung von Auftragsgegenstand und -umfang
  • Basisinformationen über die wirtschaftliche und rechtliche Ausgangslage des Unternehmens in seinem Umfeld, einschließlich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
  • Analyse von Krisenstadium und Krisenursachen – einschließlich der Analyse, ob eine Insolvenzgefährdung vorliegt
  • Darstellung des Leitbildes mit dem Geschäftsmodell des sanierten Unternehmens
  • Maßnahmen zur Bewältigung der Unternehmenskrise und Abwendung einer Insolvenzgefahr sowie eine integrierte Unternehmensplanung
     

Es wird deutlich: Die Kernanforderungen zu bearbeiten, kann äußerst zeit- und kostenintensiv sein.
 
Der IDW hat das erkannt und bemerkt dazu: „Bei kleineren Unternehmen sind das Ausmaß der Untersuchung und die Berichterstattung ggf. an die geringere Komplexität des Unternehmens anzupassen.”
 
Eine Frage beantwortet der IDW nicht: In welchen Bereichen können diese Anpassungen vorgenommen werden, ohne die Qualität und Aussagekraft einzuschränken? Es ist dabei auch zu berücksichtigen, dass die Anforderungen der Rechtsprechung auch bei einem Sanierungsgutachten „light” erfüllt bleiben müssen.
 

Zudem führt der IDW aus: Werden Teilbereiche nicht bearbeitet, handelt es sich nicht mehr um ein umfassendes Sanierungskonzept. Da der IDW S6 nur anhand aller Kernbestandteile die Sanierungsfähigkeit beurteilen kann, können einzelne Problembereiche und Maßnahmen nicht beurteilt werden.
 

Ist ein Sanierungsgutachten nach IDW S6 für den Mittelstand darstellbar?

Inhalte eines Gutachtens nach IDW S6 können nur schwer beschnitten werden: Die Antwort auf die obige Frage lässt sich somit nur in der Struktur der kleineren Unternehmen sowie der Projektdurchführung finden.
 
Kleinere mittelständische Unternehmen weisen häufig folgende Merkmale auf:
 

  • Geringe Komplexität in gesellschaftsrechtlichen Strukturen
  • Überschaubare leistungswirtschaftliche Verpflichtungen
  • Einfache Finanzierungsstrukturen
  • Überschaubarer Produktmix, häufig nur ein Standort
  • Einfachere Vertriebsstrukturen
  • Unzureichendes finanzwirtschaftliches Know-how, keine bis unzureichende Controlling-Tools
     

Der letzte Punkt erschwert es, ein Sanierungskonzept oder Sanierungsgutachten nach IDW S6 zu erstellen. Die restlichen aufgeführten Punkte dagegen reduzieren den Arbeits- und Analyseaufwand. Deshalb gilt bei kleineren mittelständischen Unternehmen, bei denen ein Konzept nach IDW S6 erstellt werden soll:

  1. Beschränkung auf die Darstellung relevanter Aspekte für die Sanierung des Unternehmens und die Ableitung der Sanierungsmaßnahmen (auch wenn dadurch Zusatzinformationen verlorengehen). Fokussierung auf die qualitativ und quantitativ wesentlichen Sanierungsmaßnahmen.
     
  2. Standardisierung der Projektdurchführung (bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der einzelnen Projekte).

Für kleinere mittelständische Unternehmen, die so vorgehen, ist ein Sanierungskonzept oder Sanierungsgutachten nach IDW S6 absolut darstellbar.
 

Wir beraten Sie gern!

Rödl & Partner begleitet Unternehmen bei ihren Sanierungsbemühungen mit einem erfahrenen und interdisziplinären Team. Bei Bedarf ergänzen wir Sanierungsgutachten um eine Optionsbewertung zur Sanierung des Unternehmens bei einem Insolvenzverfahren (Planverfahren, Schutzschirm, Eigenverwaltung). Liegen wesentliche Optimierungsmöglichkeiten im Bereich der Produktionsprozesse oder administrativen Prozesse, können wir unsere Kollegen aus dem Bereich Operative Exzellenz hinzuzuziehen. Wir bieten damit einen integrativen Ansatz, um Krisen und Neuausrichtungen des Unternehmens zu bewältigen. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

 

zuletzt aktualisiert am 08.04.2016

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