Aufklärungspflichten des Verkäufers aufgrund der Coronakrise

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zuletzt aktualisiert am 7. Juli 2021 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

Die Coronakrise birgt diverse neue rechtliche Ri­si­ken bei einem Unternehmens­verkauf. Eine der Risiken ist die Aufklärungspflicht des Ver­käufers, die sich aufgrund der besonderen Lage, insb. wegen Wegfall von Kunden bzw. Lie­fer­ketten, drohender Insolvenz und Betriebs­stil­le­gungen, deutlich verschärfen kann. Der Verkäufer hat deswegen weitreichende Aufklärungs­pflich­ten, die es dringend zu beachten gilt. Sollte da­gegen arglistig bzw. vorsätzlich verstoßen werden, dro­hen Kaufpreisanpassungen, Schadensersatz­zah­lungen oder gar die Rückabwicklung des Ver­trages.

 

 

Grundsätzliche Aufklärungspflichten des Verkäufers

Regelmäßig hat jede Partei selbst die für sie erforderlichen Informationen einzuholen und sich darum zu bemühen, dass die Informationen offen­gelegt werden. Eine grundsätzliche Pflicht der Vertragsparteien auch ungefragt alle Tatsa­chen offenzulegen, besteht nicht. Allerdings ver­langt der Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Recht­sprechung, dass die Vertragsparteien dann über Umstände ungefragt aufklären, wenn sie den Vertragszweck vereiteln können und daher für den Entschluss des Vertragspartners von wesen­tlicher Bedeutung sind.

Bei Unternehmensverkäufen trifft den Ver­käufer eine gesteigerte Aufklärungs- und Sorg­falts­pflicht, die der wirtschaftlichen Bedeutung eines Unternehmenskaufs geschuldet ist. Bei vor­sätzlicher bzw. arglistiger Verletzung der Aufklä­rungs­pflichten haftet der Verkäufer; ein Aus­schluss der Haftung ist nicht möglich. Arglist nimmt der BGH dabei schon dann an, wenn der Ver­käufer Fragen, die erkennbar wesentlich für den Käufer sind, „ins Blaue hinein unrichtig be­ant­wortet. Ins Blaue hinein bedeutet, dass der Verkäufer trotz seiner Unkenntnis eine Frage beantwortet.

 

Besondere Aufklärungspflichten anlässlich der Coronakrise

Die Aufklärungspflicht des Verkäufers ver­schärft sich in der Tragweite aufgrund der derzeitigen Coronakrise. Besondere Umstände, die wegen der Coronakrise eintreten, können immense wirtschaftliche Auswirkungen haben und sich somit auch auf den Kaufpreis auswirken. Über die geänderten Umstände und Vorfälle muss der Verkäufer den Käufer in Kenntnis setzen, wenn er nicht aufgrund der Verletzung seiner Aufklärungs­pflicht haften möchte.

Solche für die Vertragsparteien nega­tiven Umstände, die aufgrund der Coronakrise eintreten können, sind etwa die Folgenden:
  • der (potenzielle) Kundenstamm bricht aufgrund der wirtschaftlichen Lage bzw. wegen Sparmaßnahmen der Kunden weg;
  • es bestehen wesentliche Engpässe in der Be­lieferung des Unternehmens, da die supply chains bzw. Lieferanten die Nach­frage nicht mehr bedienen können;
  • der Betrieb des Unternehmens ist auf­grund behördlicher Verfügung stillgelegt;
  • ein wesentlicher Umsatzeinbruch ist zu verzeichnen;
  • Mieter haben die Stundung bzw. den Aus­fall der Zahlung der Miete angekündigt bzw. schon vorgenommen;
  • arbeitsrechtliche Schritte (Kurzarbeit, Ent­las­sungen) wurden vorgenommen oder müssen vorgenommen werden;
  • die Insolvenz des zu verkaufenden Unter­neh­mens droht bzw. wurde wegen der suspendierten gesetzlichen Pflicht noch kein Insolvenzantrag gestellt. 

 

Ein Wissensvorsprung des Verkäufers gegenüber dem Käufer hinsichtlich der Folgen des Corona­virus besteht regelmäßig nicht. Allerdings muss der Verkäufer dort aufklären, wo er aufgrund der Sphä­ren­hoheit mehr Kenntnis von Risiken und Ausfällen hat als der Käufer, insb. bezüglich schon eingetretener bzw. konkret zu erwartender Nach­teile. Zwar wird der Käufer aufgrund der Due Diligence selbst ebenfalls die möglichen und schon eingetretenen Risiken/Ausfälle wegen der Coronakrise zu prüfen haben, allerdings wird der Due Diligence-Prozess nicht sämtliche Risiken auf­decken können. Z.B. kann der Ver­käufer regel­mäßig aufgrund der Jahres­ab­schlüsse des Jahres 2019 nicht erkennen, wie der Umsatz im 1. Quartal 2020 ausgefallen ist, womit bei einem Locked Box Mechanismus eine Kaufpreis­an­passung und damit auch eine Einpreisung des Umsatz- bzw. Gewinn­einbruchs per se ausge­schlos­sen ist. Die Risiken und Ausfälle müssen jedoch regelmäßig vom Käu­fer eingepreist werden und sind deshalb höchst relevant für die Höhe des Kaufpreises.

Somit verschärfen sich die Aufklä­rungs­pflichten und dem vorhergehend die Infor­mations- und Nachprüfungspflichten des Ver­käufers aufgrund der derzeitigen Wirtschaftslage nicht unerheblich und sollten verstärkt beachtet werden. Dazu empfiehlt sich eine enge Ein­bin­dung und regelmäßige Abfrage bei den Geschäfts­führern und Wissensträgern. Beschönigt der Ver­käufer die Auswirkungen bzw. unterschlägt er In­for­mationen, kann es zu einer Haftung kommen. Abgesehen von einer Rückabwicklung des Vertra­ges bzw. eines Schadensersatzes im Ganzen, ist es auch denkbar, dass der Käufer den Differenz­betrag zu der Lage, wenn der Verkäufer ordnungs­gemäß aufgeklärt hätte, als Schadensersatz wählt.

 

Fazit

Aufgrund der Coronakrise ergeben sich bezüglich der Aufklärungspflicht des Verkäufers gesteigerte Anforderungen. Der Verkäufer hat über aufgrund der Coronakrise eingetretenen Umstände und Maß­nahmen den Käufer aufzuklären und somit sich diesbezüglich auch verstärkt zu informieren. Bei Verletzung kann die Rückabwicklung des Kauf­vertrages oder ein Schadensersatzanspruch u.a. in Höhe des Differenzbetrages drohen.

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