Preisangabenverordnung bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts und die Umsatzsteuer –Praxislösung aufgrund des Verbraucherschutzes auf dem Prüfstand?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 12.​ August 2025

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Mit dem Auslaufen der verlängerten Übergangsfristen des § 27 Abs. 22 und 22a UStG und somit der verpflichtenden Anwendung des § 2b UStG, spätestens ab dem 1. Januar 2027,​ stehen die Kommunen vor einem tiefgreifenden Systemwechsel. Die Neuregelung führt dazu, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) – darunter Städte und Gemeinden – in vielen Fällen als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts gelten. Dies hat weitreichende Folgen für die Ausgestaltung kommunaler Benutzungsgebührensatzungen und privatrechtlicher Entgeltordnungen. Nun äußert sich der Deutsche Städtetag zur Vereinbarkeit von Satzungsgestaltung und Preisangabenverordnung (PAngV).​




 

Was ist passiert?

Da die Steuerbarkeit von Umsätzen in vielen Bereichen noch nicht abschließend geklärt ist bzw. unter anderem vom Überschreiten von Umsatzgrenzen (vgl. § 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG) abhängt, haben viele Kommunen in ihre Gebührensatzungen eine Klausel aufgenommen, die besagt, dass die gesetzliche Umsatzsteuer auf die Nettogebühr aufgeschlagen werden kann, sofern sie tatsächlich anfällt.

Das Ziel bestand darin eine kostengünstige Lösung für nicht geklärte Rechtsproblematiken zu finden und die Bürger effektiv nur an den Stellen mit Umsatzsteuer zu belasten, in denen es auch tatsächlich notwendig ist.

Auf Hinwirken des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg wurde in den Beiräten des Deutschen Städtetages für Kommunalabgaben und Steuern sowie für kommunale Wirtschafts- und Steuerberatung erörtert, ob und inwieweit die PAngV auf Gebührensatzungen der jPdöR anzuwenden ist. Das Ergebnis wurde den Mitgliedern des Deutschen Städtetags mit Schreiben vom 09.07.2025 bereitgestellt.

Zusammengefasst wurden folgende Feststellungen getroffen:
  1. „Die PAngV ist auch bei kommunalen Benutzungsgebührensatzungen und privatrechtlichen Entgeltordnungen zu beachten.“ (Umkehrschluss § 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV)
    a. Aufgrund des klaren Wortlauts in § 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV sind allein die Benutzungsgebühren und Entgeltordnungen (privatrechtliche Verträge mit Endverbrauchern) vom Anwendungsbereich der PAngV umfasst. Die Verwaltungsgebühren und Beiträge sind nicht betroffen.
  2. „Gebührensätze für Benutzungsgebühren, soweit diese umsatzsteuerpflichtig sind, müssen daher die gesetzlich anfallende Umsatzsteuer enthalten. Lediglich ein Hinweis, wonach auf die Gebühr noch zusätzlich Umsatzsteuer erhoben wird, ist damit nicht ausreichend.“

Unter Umständen kann die fehlerhafte Anwendung der PAngV sogar zur (Teil-) Nichtigkeit der Satzung führen, sofern es sich um wesentliche Fehler handelt.

​Konsequenzen ein Verstoß gegen die PAngV tatsächlich hat und wann von einem wesentlichen Fehler auszugehen ist, wurde jedoch nicht konkretisiert. 

 

Was ist die Preisangabenverordnung?

​Die PAngV regelt in Deutschland die Pflichten zur Angabe von Preisen gegenüber Endverbrauchern. Vertragliche Gestaltungen zwischen Unternehmern sind hiervon nicht umfasst. Von dem Begriff „Verbraucher“, der in der PAngV verwendet wird, sind außerdem keine anderen juristische Personen, wie Vereine oder andere jPdöR umfasst.


Ziel der Preisangabenverordnung ist es, Transparenz und Vergleichbarkeit von Preisen sicherzustellen und Verbraucher vor Irreführung zu schützen.

Die wichtigsten Pflichten nach der PAngV sind:


Gesamtpreisangabe (§ 3 PAngV)
  • Der Preis muss einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile angegeben werden. 
  • Dieser sogenannte „Endpreis“ ist der Preis, der tatsächlich zu zahlen ist. 


Preisangabe bei Dienstleistungen (§ 5 PAngV)

    • Auch bei Dienstleistungen sind Endpreise inkl. USt. anzugeben, wenn sich das Angebot an Verbraucher richtet.

    Klarheit und Sichtbarkeit (§ 1 Abs. 6 PAngV)
    • Preisangaben müssen leicht erkennbar, deutlich lesbar und eindeutig zuzuordnen sein.

    Zusammenfassend ist festzustellen, dass für den Verbraucher in jedem Fall klar sein muss, was er am Ende zu zahlen hat.
     
    Auch die Benutzungsgebühren und die privatrechtlichen Entgelte, welche durch jPdöR erhoben werden, fallen in den Anwendungsbereich der PAngV (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV).            

     

    Problemstellung

    ​Aus Sicht der betroffenen jPdöR ergibt sich nun die Frage, ob und inwieweit die Gebührensatzungen bzw. Entgeltordnungen und Nutzungssatzungen anzupassen sind.


    Hierzu sind besonders folgende Fragen zu beantworten:
    1. Handelt es sich um eine Benutzungsgebühr, ein privatrechtliches Entgelt, oder eine Verwaltungsgebühr? Wie erfolgt die Abgrenzung und bestehen Abweichungen zwischen der Beurteilung für die Preisangabenverordnung (PAngV) und den § 2b UStG?
    2. Wie wird eine möglichst verwaltungsökonomische aber ebenso bürgerfreundliche Neukalkulation vorgenommen und insbesondere über die Gremien der Stadt verabschiedet?
    3. Welche Risiken bestehen, bei einer fehlerhaften Nicht- oder Falschanwendung der PAngV in den kommunalen Nutzungssatzungen bzw. Entgeltordnungen?

     

    Kommunalrechtliche Unterschiede: Verwaltungsgebührensatzung, Nutzungsgebührensatzung, Entgeltordnung

    Verwaltungsgebührensatzung​

    • Regelt öffentlich-rechtliche Gebühren und Abgaben
    • Grundlage ist das Kommunalabgabengesetz (KAG) des jeweiligen Bundeslandes
    • Beispiel: Verwaltungsgebühren (z. B. für Baugenehmigungen)

    Verwaltungsgebühren werden im Rahmen eines Verwaltungshandelns (bspw. Ausstellung eines neuen Personalausweises) erhoben. Sie sind durch Satzung festzulegen und unterliegen dem Kostendeckungsprinzip sowie dem Äquivalenzprinzip.


    Nutzungsgebührensatzung

    • Spezialisierte Form der Gebührensatzung
    • Bezieht sich auf die Nutzung öffentlicher Einrichtungen
    • Beispiele: Abfall-, Abwasser-, Feuerwehrgebühren

    Auch hier gelten die Grundsätze des öffentlichen Abgabenrechts (Kostendeckung, keine Gewinnerzielung).

    Entgeltordnung

    • Betrifft privatrechtlich ausgestaltete Leistungen
    • Kein Verwaltungsakt, sondern zivilrechtlicher Vertrag
    • Beispiele: Vermietung von Räumen, Verkauf von Souvenirs durch die Stadt

    Entgelte unterliegen nicht dem KAG, sondern dem allgemeinen Zivilrecht.
     
    Oftmals ist fraglich, ob die Abrechnung der Leistung als Teil der hoheitlichen Leistung erfolgt oder ob eine eigenständige privatrechtliche Leistung anzunehmen ist. Damit stellt sich auch die Frage, wann die Preisangabenverordnung tatsächlich greift insbesondere bei Gebührensatzungen, die teilweise auch privatrechtliche Leistungsentgelte beinhalten, selbst wenn diese als Teil der hoheitlichen Aufgabe anzusehen sind.            

     

    Diskrepanz Steuerrecht § 2b UStG und PAngV

    Nach dem Gesetzeswortlaut ist die PAngV ausschließlich auf Benutzungsgebühren und privatrechtliche Entgelte anwendbar. Somit besteht keine Pflicht zur Anwendung für die Verwaltungsgebührensatzung.


    Bei § 2b UStG können jedoch auch Verwaltungsgebühren, die auf den ersten Blick als hoheitliche Gebühren ohne Wettbewerb erscheinen, von der Unternehmereigenschaft umfasst sein. Beglaubigungen werden beispielsweise meist aufgrund der Verwaltungsgebührensatzungen gegenüber dem Bürger abgerechnet, fallen aber ab der tatsächlichen Anwendung von § 2b UStG grundsätzlich in den unternehmerischen Bereich einer jPdöR, da größere Wettbewerbsverzerrungen (insbesondere durch die Möglichkeit der Notare, Beglaubigungen auszustellen) nicht ausgeschlossen werden können.​1​

    In diesem Fall erfolgt die Abrechnung aufgrund der Verwaltungsgebührensatzung, welche nicht der PAngV unterliegt. Die Einnahme fällt jedoch regelmäßig nicht unter den Ausschluss des § 2b UStG, sodass grds. eine Umsatzbesteuerung durchzuführen ist.            

     

    Neugestaltung der Satzung?

    ​Denkbar ist, dass die Gebührensatzungen im Zweifel (auch wenn nur ein geringes Risiko besteht, dass die jPdöR auf der Umsatzsteuer „sitzen bleibt“) so angepasst werden, dass die Umsatzsteuer preislich immer mit einkalkuliert wird. Damit würden die tatsächlich zu zahlenden Preise in der Satzung aufgenommen werden. Insbesondere, wenn die Steuerbarkeit von einer Umsatzgrenze abhängig ist, ist eine direkte Kalkulation mit Umsatzsteuer zu empfehlen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht pauschal 19% auf alle Leistungen aufgeschlagen werden können, da das Prinzip der kostendeckenden Gebührenkalkulation grundsätzlich weiterhin zu beachten ist.
     
    Die Anpassung der Gebührensatzungen hat nach dem Schreiben des Deutschen Städtetags spätestens bis zur tatsächlichen Anwendung des § 2b UStG zu erfolgen.  

     

    Handlungsbedarf

    ​In jedem Fall sollten die verschiedenen Satzungen und Entgeltordnungen frühzeitig geprüft werden, um eine zusätzliche Belastung der ohnehin angespannten kommunalen Haushalte durch spätere Umsatzsteuerzahlungen zu vermeiden. Dabei können folgende Punkte Beachtung finden, um auch zukünftig eine rechtssichere und ökonomische Verwaltung zu schaffen/ gewährleisten:


    • Finanzbuchhaltung und Softwarelösungen: Die neuen Anforderungen erfordern erweiterte Buchhaltungsprozesse und ggf. Anpassungen in der eingesetzten Finanzsoftware.
    • Rechnungsprüfung, Dokumentation und Automatisierung: Bei der Überprüfung der einzelnen Gebührentatbestände sollte überprüft werden, wo welche Gebühren tatsächlich erhoben werden, um eine Rechnungsprüfung und entsprechende Dokumentation in Zukunft automatisierungsfähig zu machen.
    • Abgrenzung unternehmerischer Tätigkeiten: Die klare Trennung zwischen hoheitlichen und unternehmerischen Bereichen ist essenziell für die korrekte steuerliche Behandlung. In zukünftigen Vertragsgestaltungen und Vertragsmustern sollte daher die PAngV Berücksichtigung finden.

     
    Ihr Ansprechpartner für die rechtssichere Umsetzung

    Als spezialisierter Steuerberater für die öffentliche Hand unterstützen wir Kommunen und kommunale Einrichtungen bei der rechtssicheren Umsetzung der neuen Vorgaben.

    Unsere Leistungen umfassen:
    • Analyse und Bewertung bestehender Satzungen, sowie Unterstützen bei der (Um-) Formulierung der Satzungen
    • Begleitung bei der Umstellung auf § 2b UStG
    • Beratung zur Anwendung und Umsetzung der PAngV
    • Unterstützung bei der Auswahl und Anpassung von Finanzsoftware​
    • Schulungen für Verwaltung und Rechnungswesen
     
    Nutzen Sie die verbleibende Übergangszeit, um Ihre Organisation optimal auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme und stehen Ihnen mit unserer Expertise gerne zur Seite. 


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    1 Zu Beachten: Grenze 17.500 € § 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG

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