Neue „Gegensanktionen“ in Belarus – Zwangsverwaltung und Enteignung von EU-Unternehmen

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veröffentlicht am 13. Januar 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Am 6. Januar 2023 veröffentlichten die belarussischen Behörden offiziell drei Gegensanktionsgesetze", die eine Reihe neuer Beschränkungen vorsahen, und zwar:


Die neuen Beschränkungen betreffen vor allem Personen aus den sog. „unfreundlichen Ländern", nämlich:

 

"Unfreundiche Länder"
EU-Mitgliedstaaten, UKUSA
NorwegenKanada
SchweizAustralien
Neuseeland Island
AlbanienNord-Mazedonien
MontenegroLichtenstein

 

Nachstehend finden Sie einen kurzen Überblick über die jüngsten Beschränkungen.  


Gesetz über die externe Verwaltung

Nach dem neuen Gesetz können belarussische Unternehmen, die ausländische Anteilseigner haben, auf Beschluss der lokalen Exekutivausschüsse vorübergehend unter externe Verwaltung gestellt werden.

 

Bitte beachten Sie:
Das Gesetz über die externe Verwaltung gilt formell für Unternehmen, die Anteilseigner aus dem Ausland haben (nicht nur die aus den „unfreundlichen" Ländern). Die Höhe einer solchen ausländischen Beteiligung ist für die Zwecke des genannten Gesetzes nicht von Bedeutung.

 

Die Einführung einer externen Verwaltung ist nur in den folgenden Fällen zulässig:

  • die Verwaltung einer belarussischen Handelsgesellschaft durch ihre geschäftsführenden und/oder anderen Verwaltungsorgane (die "Verwaltungsorgane") wird eingestellt;
  • die Leitungsorgane wirtschaftlich ungerechtfertigte Handlungen vornehmen, die zur tatsächlichen Beendigung der Tätigkeit, zur Liquidation und/oder Insolvenz und zum Schaden des Unternehmens führen können;
  • in anderen Fällen, die von der belarussischen Regierung (Ministerrat) festgelegt werden.

Die Dauer der vorübergehenden Verwaltung darf 18 Monate nicht überschreiten.

 

Der Hauptzweck der vorübergehenden Geschäftsführung besteht darin, eine ungerechtfertigte Beendigung der Geschäftstätigkeit des betreffenden belarussischen Unternehmens auszuschließen. Im Falle der Einführung der zeitweiligen Geschäftsführung sollte die staatliche Behörde (ein lokales Exekutivkomitee) einen zeitweiligen Geschäftsführer ernennen, der die gesetzlichen Anforderungen für eine solche Position erfüllt.

Dabei ist das Gesetz über die externe Verwaltung nur ein Rahmengesetz, das ausschließlich Grundregeln für das neue Verfahren festlegt. Innerhalb eines Monats sollte die belarussische Regierung weitere Verordnungen zur Umsetzung des genannten Gesetzes erlassen.

 

Das Gesetz über die externe Verwaltung selbst führt nicht zur Übertragung der externen Verwaltung auf Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen. Es schafft lediglich einen Rechtsrahmen für Einzelfallentscheidungen der belarussischen Behörden, wenn die Gründe für eine externe Verwaltung in Bezug auf ein bestimmtes Unternehmen vorliegen.


Gesetz über die Beschlagnahme von Eigentum

Überblick

Gemäß dem Gesetz über die Beschlagnahme von Eigentum ist die belarussische Regierung berechtigt, die Beschlagnahme von Eigentum zu beschließen, das im Besitz der unfreundlichen Länder ist, u.a.:

a)   Personen aus unfreundlichen Ländern (u.a. Staatsangehörige unfreundlicher Länder; juristische Personen, die in unfreundlichen Ländern gegründeten wurden, dort tätig sind oder dort Haupteinkommen beziehen);

b)   Personen, die von den unter Buchstabe a) genannten Personen kontrolliert werden;

c)   verbundene Personen, zu denen unter anderem gehören:

 

  • juristische und/oder natürliche Personen, die direkt und/oder indirekt die Verabschiedung unfreundlicher Handlungen gegen die Republik Belarus beschlossen haben, sowie juristische und/oder natürliche Personen aus unfreundlichen Ländern, die solche Beschlüsse beeinflusst haben, und
  • juristische und/oder natürliche Personen, die von Beschlüssen unfreundlicher Länder gemäß der von der belarussischen Regierung zu verabschiedenden Liste abhängig sind.
   

Die Beschlagnahme kann sich auf alle Arten von Eigentum beziehen, das sich in Belarus befindet. In der Zwischenzeit können die Beschlüsse zur Beschlagnahme unter anderem auf der Grundlage bestimmter Grundsätze angenommen werden, u.a.:

  • Objektivität (die Beschlagnahme ist nur als Vergeltungsmaßnahme für unfreundlich Handlungen gegen Belarus / belarussische Personen zulässig);
  • Verhältnismäßigkeit (die Beschlagnahme sollte in einem angemessenen Verhältnis zu den Folgen der unfreundlichen Handlungen stehen);
  • Transparenz.

 

Verfahren

Das Verfahren der Beschlagnahme besteht hauptsächlich aus den folgenden Schritten:

  1. Die belarussische Regierung verabschiedet einen Beschluss über die Beschlagnahmung;
  2. Das Staatliche Komitee für Eigentum reicht einen Antrag beim Wirtschaftsgericht der Stadt Minsk („Gericht") ein;
  3. Das Gericht prüft den Antrag, beschließt die Beschlagnahme und gibt u.a. die genauen Gegenstände an, die beschlagnahmt werden sollen. Das entsprechende Urteil kann auch eine Entschädigung für die Beschlagnahme vorsehen.

 

Das Gesetz über die Beschlagnahme von Eigentum tritt am 17. Januar 2023 in Kraft. Die belarussische Regierung wird weitere Verfahrensvorschriften zur Umsetzung dieses Gesetzes erlassen.


Das Gesetz über die Beschlagnahme von Eigentum führt nicht zur Beschlagnahme des Eigentums von Personen allein aufgrund ihrer Verbindung zu „unfreundlichen Ländern". Es legt lediglich den rechtlichen Rahmen für die Verabschiedung dieser Maßnahme auf Einzelfallbasis fest, und zwar:
–     als Reaktion auf eventuelle unfreundliche Handlungen;
–     und in Bezug auf bestimmte, gesondert zu definierende Gegenstände.

 


Gesetz über die Beschränkungen des geistigen Eigentums

Kostenlose Nutzung geistigen Eigentums

Nach dem Gesetz über Einschränkungen des geistigen Eigentums ist es u. a. erlaubt, bestimmte Gegenstände des geistigen Eigentums ohne Zustimmung des Eigentümers zu nutzen, wenn:

  • der Eigentümer (Inhaber des Rechts) als Person eines unfreundlichen Landes angesehen wird; und
  • der Eigentümer (Inhaber des Rechts) die Nutzung des geistigen Eigentums in Belarus verboten oder nicht gestattet hat.

   

Für die Zwecke des neuen Gesetzes umfassen die "Eigentümer (Inhaber des Rechts) der unfreundlichen Länder" ein breites Spektrum von Personen, unter anderem,

 

a)   Personen aus unfreundlichen Ländern (u.a. Staatsangehörige unfreundlicher Länder; juristische Personen, die in den unfreundlichen Ländern gegründeten wurden, dort tätig sind oder dort Haupteinkommen beziehen) sowie  

b)   Personen, die von den unter Buchstabe a) genannten Personen kontrolliert werden.

 

Die genannten Bestimmungen gelten für Gegenstände des geistigen Eigentums, die in Belarus rechtmäßig veröffentlicht werden, u.a. für Software, Musik und audiovisuelle Werke.

 

Bitte beachten Sie
Die vorgenannte Regelung gilt nur für Eigentümer (Inhaber des Rechts), die in gesonderten Listen aufgeführt werden sollten. Solche Listen sind von der belarussischen Regierung zu verabschieden.   

 

 

Parallelimport

Das Gesetz über die Beschränkungen des geistigen Eigentums erlaubt den Parallelimport von Waren nach Belarus, d.h. den Import von Gütern, die mit geistigen Eigentumsrechten (z.B. Marken) versehen sind, ohne die Zustimmung der ausländischen Eigentümer dieser Waren. In der Zwischenzeit ist eine solche Einfuhr unter den folgenden Bedingungen erlaubt: diese Waren sollten in die Liste der "wesentlichen Waren" aufgenommen werden, die von der belarussischen Regierung verabschiedet werden sollte.

 

Falls bestimmte Waren in diese Liste aufgenommen werden, sollten die entsprechenden Waren des geistigen Eigentums (hauptsächlich Marken) vorübergehend aus dem nationalen Zollregister für Waren des geistigen Eigentums ausgeschlossen werden. Insgesamt legalisiert das neue Gesetz nicht die freie Einfuhr aller Waren ohne die Zustimmung der Markeninhaber. Es legt lediglich den rechtlichen Rahmen für den Parallelimport für bestimmte Arten von Waren fest. Die meisten Bestimmungen des Gesetzes über die Beschränkungen des geistigen Eigentums treten am 17. Januar 2023 in Kraft und gelten bis zum 31. Dezember 2024.


Weitere Schritte

Es sei darauf hingewiesen, dass es sich bei allen drei neuen Gesetzen um Rahmengesetze handelt. Ihre weitere Anwendung und ihr Geltungsbereich hängen hauptsächlich von den Entschließungen ab, die die belarussische Regierung in Zukunft verabschieden wird. Wir werden Sie daher über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden halten. 

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