Änderungen des chinesischen Gesellschaftsrechts

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Von Fu Xiaomei und Dr. Yunlin Rong, Rödl & Partner Shanghai
 
Um die Beschlüsse der 12. Sitzung des Nationalen Volkskongresses Chinas zur Reform der gesellschaftsrechtlichen Kapitaleinlagepflichten umzusetzen und die Registrierungsprozesse zu vereinfachen, wurde das chinesische Gesellschaftsrecht revidiert. Die Änderungen sind am 1. März 2014 in Kraft getreten.  
 

Wechsel der amtlichen Eintragungspflichten: Vom „einbezahlten” zum „gezeichneten” Stammkapital

Während bisher verbindliche Mindestvorgaben zum tatsächlich einbezahlten Stammkapital existieren und bei der Behörde anzumelden sind, entfällt diese Pflicht nunmehr, sofern sonstige Gesetze keine entsprechenden Vorgaben hierzu statuieren. Entsprechend wird auch die Geschäftslizenz einer Gesellschaft keine Angaben mehr zum eingezahlten Kapital enthalten. Gesellschaften haben daher die Möglichkeit, die Höhe des Stammkapitals in ihrer Satzung zu bestimmen. Im Rahmen der Gesellschaftsgründung überprüfen die Behörden infolgedessen auch nicht mehr die Einhaltung von Mindestkapitalvorgaben, sondern die Erfüllung der satzungsgemäßen Einzahlungspflichten der Gesellschafter. Diese Bestimmungen gelten ebenso für Aktiengesellschaften. Hiernach kommt der Gesellschaftssatzung und der Gesellschaftervereinbarung eine bedeutende Funktion bei der Bestimmung der Unternehmensgröße zu.
 
Das geänderte Gesellschaftsrecht enthält nunmehr auch keine zeitlichen Vorgaben zu den Einzahlungspflichten mehr. Während zuvor Gesellschaften mit begrenzter Haftung und Aktiengesellschaften das nominale Stammkapital innerhalb von 2 Jahren nach Gesellschaftsgründung (5 Jahre bei Investmentgesellschaften) aufbringen mussten, entfällt diese gesetzliche Vorgabe nunmehr. Dies gilt ebenfalls für Ein-Mann-Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die bisher sogar das vollständige Stammkapital vor Erteilung einer Geschäftslizenz aufbringen mussten.
 

Anforderungen am Mindestkapital

Vor der Gesetzänderung betrug das Stammkapital einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Limited Liability Company) mindestens 30.000 RMB oder 100.000 RMB, sofern es sich um eine Ein-Personen-Gesellschaft handelt. Das Mindeststammkapital für Aktiengesellschaften betrug 5 Mio. RMB. Im geänderten Gesellschaftsrecht entfallen derartige Anforderungen hingegen. Theoretisch wäre somit eine Unternehmensgründung mit einem Stammkapital von 1 RMB gegebenenfalls möglich.
 
Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die im Bereich des geistigen Eigentums tätig sind, dürfte vor allem der Wegfall einer Mindestbareinlage erfreulich sein. Hierdurch dürfte kleinen aber kreativen Unternehmen die Unternehmensgründung erleichtert werden. Im Zuge des Verzichts auf das Einzahlungserfordernis bezüglich des Stammkapitals und einer entsprechenden behördlichen Überprüfung im Rahmen der Unternehmensgründung entfällt ebenfalls die Pflicht der Gesellschafter, einen festgelegten Anteil des Stammkapitals als Gründungseinlage zu erbringen. Zuvor hatten Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften 20 Prozent, mit ausländischem Kapital finanzierte Gesellschaften 15 Prozent und Ein-Mann-Gesellschaften mit beschränkter Haftung 100 Prozent des Stammkapitals bei der Gründung einzubringen. Die geänderten Regeln zur Kapitalaufbringung finden nunmehr auch entsprechende Anwendung bei Kapitalerhöhungen. In Verbindung mit dem Wegfall der verpflichtenden zeitlichen Vorgaben zu den Einzahlungspflichten wird den Investoren künftig mehr ungebundenes Kapital zur Verfügung stehen.
 

Auswirkungen auf Auslandskapitalgesellschaften (Foreign-Invested Enterprises)

Seit dem 1. März 2014 unterliegen alle in China errichteten Gesellschaften, unabhängig davon, ob diese reine Inlandsgesellschaften oder mit ausländischem Kapital finanzierte Unternehmen (Foreign-Invested Enterprises, „FIEs”) sind, einem gemeinsamen Gesellschaftsrecht. Es ist allerdings anzumerken, dass FIEs – neben dem Gesellschaftsrecht – auch anderen chinesischen Gesetzen und Vorschriften unterliegen, einschließlich spezifischer Vorschriften für chinesisch-ausländische Equity Joint-Ventures, Cooperative Joint-Ventures sowie Gesellschaften mit ausschließlich ausländischer Kapitalbeteiligung (die „FIE-Gesetze”). Um diese FIE-Gesetze mit dem geänderten Gesellschaftsrecht in Einklang zu bringen, hat der Staatsrat bisher zwei Verwaltungsvorschriften bezüglich der Kapitaleinlage für chinesisch-ausländische Equity Joint-Ventures und Cooperative Joint- Ventures aufgehoben und die Durchführungsvorschrift für Gesellschaften mit ausschließlich ausländischer Kapitalbeteiligung („Durchführungsvorschrift”) entsprechend geändert. Gemäß der Durchführungsvorschrift hat die Satzung die Gesamtinvestition, das Stammkapital, das gezeichnete Stammkapital, die Mittel zur Kapitaleinbringung und die Frist für die Kapitaleinbringung zu enthalten. Der Gesetzgeber hat mit der Durchführungsvorschrift auch das Einzahlungserfordernis bezüglich des Stammkapitals, das Erfordernis der Überprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer sowie die Begrenzung der Einbringung an gewerblichen Schutzrechten und Knowhow als Einlage aufgehoben.
 

Änderungen in den Gesellschaftsurkunden

Bisher hielten alle in China ansässigen Gesellschaften, unabhängig davon, ob es sich um reine Inlandsgesellschaften oder FIEs handelte, drei verschiedene Urkunden, die jeweils mit einer eigenen Registrierungsnummer versehen waren. Dazu zählten die Geschäftslizenz, das Unternehmenscode-Zertifikat und die Steuerregistrierungsurkunde. In Abhängigkeit von der Rechtsform und des Unternehmensgegenstandes benötigten Gesellschaften weitere Urkunden. Jede Gesellschaftsurkunde wurde jeweils von der zuständigen Behörde aufgrund eines Antrags der Gesellschaft sowie anderer erforderlichen Unterlagen in einer bestimmten Reihenfolge ausgestellt. Laut einer Verwaltungsordnung des Staatsrats wird seit dem 01.10.2015 eine neue Geschäftslizenz für Gesellschaften in China eingeführt, die an die Stelle der bisherigen Geschäftslizenz, des Unternehmenscode-Zertifikats und der Steuerregistrierungsurkunde tritt, welche aufgehoben wurden. Die zuständige Registrierungsbehörde („AIC”) stellt die neue Geschäftslizenz, die mit einer einheitlichen Sozialkreditnummer versehen wird, aus, nachdem die Gesellschaft einen entsprechenden Antrag stellt. Die neue Lizenz wird anstatt des bisherigen Unternehmenscode-Zertifikats und der Steuerregistrierungsurkunde auch bei der Qualitäts- und Technologieüberwachungsbehörde sowie von der Steuerbehörde verwendet. Die drei Antragsverfahren für die bisherigen Urkunden werden nunmehr in ein allumfassendes Verfahren zur Beantragung der neuen Lizenz eingegliedert und zusammengefasst. Mit diesen Anpassungen soll das Verfahren für Gesellschaftsgründungen und -umstrukturierungen vereinfacht und eine Effizienzsteigerung in der Verwaltung der Gesellschaften in China erreicht werden.
 
Zunächst sieht die Verwaltungsordnung eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2017 vor. Nach Ablauf der Frist wird nur noch die neue Geschäftslizenz für Geschäfte der Gesellschaften sowie für behördliche Verwaltungen ausgestellt.
 
zuletzt aktualisiert am 07.10.2015
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