Achtung Zoll! – Lieferungen im Verbund

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​Im Konzernverbund finden immer häufiger internationale Warenverkehre statt. Dabei ist eine Vielzahl von Vorschriften zu beachten. Insbesondere die zollrechtlich korrekte Bewertung der Produkte kann eine große Herausforderung darstellen. Mit einer durchdachten Ausgestaltung der Warenlieferungen können jedoch einerseits unnötige Zölle vermieden, andererseits aber auch Risiken minimiert werden.
 
Lieferungen im Verbund bzw. im Konzern haben im globalen Maßstab betrachtet in den letzten Jahren den höchsten prozentualen Zuwachs erfahren. Diese Steigerung resultiert insbesondere aus der Verlagerung und dem Ausbau von Produktionskapazitäten in Ländern außerhalb der Europäischen Union (EU), aber auch aus der Zentralisierung von Warenlagern für internationale Handelsbeziehungen. 
 
Dies führt insgesamt zu einem deutlichen Anstieg der Warenverkehre innerhalb eines Konzernverbunds. Bei der Verlagerung von Produktionsstätten und der Erweiterung der Produktionskapazitäten rücken zollrechtliche Themen meist erst in das Blickfeld des Unternehmers, wenn die Probleme bereits aufgetreten sind.
 
Im Allgemeinen lassen sich solche Probleme bei frühzeitiger Prüfung der Sachverhalte nicht nur verhindern, vielmehr gibt es in diesem Bereich immense Gestaltungspotenziale, die helfen können, Kosten zu reduzieren.
 

Richtige Wahl des Zollverfahrens

Grundsätzlich fallen bei jedem physischen Grenzübergang von Produkten Zölle an. So kann es durchaus bei der Auslagerung von Produktionsschritten oder der Endmontage zu einer Doppelbelastung mit Zollabgaben kommen. Nicht nur die Fertigprodukte werden bei der Einfuhr in die EU mit Zöllen belastet, sondern auch bereits die Vorprodukte bei der Einfuhr in das Produktionsland. Gerade in mehrstufigen Produktionsprozessen kann die richtige Wahl des Zollverfahrens Zölle vermeiden oder zumindest die Belastung für die produzierte Ware reduzieren.
 
Ein Zollverfahren stellt die zollrechtliche Behandlung von Warenlieferungen bei der Ein- und Ausfuhr dar. Dies ist ein echter Kostenvorteil, da Zölle – im Gegensatz zur Umsatzsteuer – echte Kostenfaktoren sind und sich 1:1 in den Produktpreisen niederschlagen. Auch können mithilfe eines Zollverfahrens die durch nationale Steuern, wie die Einfuhrumsatzsteuer, entstehenden Cash Flow-Nachteile reduziert oder gar vermieden werden.
 
Mögliche, für international agierende Unternehmen relevante Zollverfahren sind:
  • Veredelung: interessant bei der Auslagerung von Produktionsschritten und -prozessen;
  • Lager: interessant bei einem internationalen Kundenstamm und zur Cash Flow-Optimierung;
  • Vorübergehende / Besondere Verwendung: interessant bei internationalen Entwicklungsprozessen und zeitlich begrenzten Lieferungen.
     
Zollverfahren können auch kombiniert bzw. nachgeschaltet werden. Je nach Art der Geschäftsvorfälle sind dabei unterschiedliche Ausgestaltungen sinnvoll. Grundlage der Optimierung ist immer die Analyse der Geschäftsvorfälle im Unternehmen. Danach sind die Möglichkeiten zur Reduzierung der Zollbelastung zu prüfen. Neben der Wahl der Zollverfahren kann auch die Inanspruchnahme reduzierter Zollsätze aufgrund eines bestimmen Produktursprungs zur Kostenreduktion führen.
 

Nachträgliche Zollbelastung

Neben der richtigen Wahl des Zollverfahrens bergen konzerninterne Lieferungen auch das hohe Risiko nachträglicher Zollbelastungen. Verschiedenen Schätzungen zufolge werden mittlerweile 60 bis 70 Prozent des Welthandels über konzerninterne Transaktionen abgewickelt – Tendenz steigend. 
 
Aus zollrechtlicher Sicht stellt die Bewertung konzerninterner Transaktionen mit Warenbezug eine gewisse Herausforderung dar. Grundlage für die Einfuhrabgabenberechnung und somit Basis des Zollwerts ist i.d.R. der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis. Diese sog. Transaktionswertmethode kann bei Warenlieferungen zwischen verbundenen Unternehmen jedoch nur angewandt werden, wenn der Warenpreis nicht durch die Verbundenheit beeinflusst wurde. Nur ein unbeeinflusster Marktpreis kann für Zollzwecke anerkannt werden. 
 
Auf den ersten Blick entspricht dies bekannten Verrechnungspreisgrundsätzen und den auf Basis des nach dem „arm's length principle” bestimmten Verrechnungspreisen. Selbst wenn die Verrechnungspreise durch ein APA („Advanced Pricing Agreement”) bestätigt sind, können sie bei näherer Betrachtung oft nicht für Zollzwecke anerkannt werden, da der Bewertungsmaßstab konzerninterner Lieferungen in den Bereichen „Verrechnungspreise” und „Zollwert” unterschiedlich ausgestaltet ist.
 
So beziehen sich zollrechtliche Beurteilungen von Warenverkehren immer auf einen bestimmten Warenverkehr und eine bestimmte Warenart (transaktionsbezogener Ansatz), da sich an einzelnen Lieferungen und einzelnen Materialien die Höhe der Zölle und somit der Steuereinnahmen ausrichten.
 
Demgegenüber können Verrechnungspreise auch als Mittelwert einer Vielzahl von Fällen bzw. Materialien berechnet werden. Diese verfolgen somit nicht den zollrechtlich notwendigen – tiefgehenden – transaktionsbezogenen Ansatz. 
 
Deshalb kann es dazu kommen, dass der Transaktionswert trotz einer ordnungsgemäß durchgeführten Verrechnungspreiskalkulation und -dokumentation von Seiten der Zollbehörden nicht anerkannt werden kann, weil der Preis aus zollwertrechtlicher Sicht beeinflusst wurde. Die Resultate hieraus sind nicht eingeplante und nicht budgetierte Nachzahlungen, Bußgelder und im schlimmsten Fall die Eröffnung eines Strafverfahrens. 
 
Verrechnungspreise sollten deshalb immer auch unter Zollwert-Gesichtspunkten betrachtet werden. So können bspw. auch Preisanpassungen („year end adjustments”) unter bestimmten Umständen zu Erstattungsmöglichkeiten der Zölle führen.
 

Fazit

Zollrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten werden häufig unternehmensintern nicht erkannt und damit auch nicht genutzt. Wer sich jedoch in diesem Bereich aus rechtlicher, kostenoptimierter und prozesstechnischer Sicht richtig positioniert, kann einen echten Wettbewerbsvorteil generieren.

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Dr. Alexander Kutsch

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater

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