E-Rechnungspflicht in Europa: Aktueller Stand in Polen

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veröffentlicht am 19. April 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

    

Nur in wenigen europäischen Ländern wurde bisher ein staatliches, einheitliches, elektronisches System zur Ausstellung von Rechnungen eingeführt, das den gesamten wirtschaftlichen Verkehr bedient. In Italien befindet sich seit 2019 das einzige recht­lich zulässige System zur Ausstellung von Rechnungen mit dem bereits im ersten Jahr fast zwei Milliarden E-Rechnungen ausgestellt wurden.
    
 

 

Nach Spanien und Portugal wurde nun in Polen ein landesweites System für E-Rechnungen implementiert. Seit Januar 2022 haben polnische Unternehmer somit die Möglichkeit Rechnungen in diesem System auszustellen. Ab Juli 2024 wird die Nutzung für alle Unternehmer, auch für ausländischer Niederlassungen, zur Pflicht, was problematisch für sie und ihre Geschäftspartner werden kann.
 

E-Rechnungspflicht in Europa 



Ein weiteres Land der EU, in dem zum 1. Juni 2024 die elektronische Rechnung zur Pflicht wird, ist Frankreich. Zunächst sind nur große Unternehmen mit über 5.000 Beschäftigten betroffen, ein halbes Jahr später gilt die Pflicht auch für mittlere Unternehmen mit 250 bis 5.000 Beschäftigten und ab Januar 2026 für alle übrigen Unternehmen.

Eine etappenweise Implementierung ist in den meisten Ländern üblich. Zunächst die großen Unternehmen oder wie im Falle von Rumänien Unternehmen in einer bestimmten Branche, z.B. Warenproduzenten mit hohem steuerlichem Risiko, danach folgen die mittelständischen Unternehmen und am Ende alle weiteren Unter­nehmen.

In manchen Ländern wie Estland, aber auch Finnland, Holland und Schweden warten die Unternehmen nicht auf ein staatliches, landesweites System, sondern nutzen kommerzielle Lösungen. In Estland haben bereits 30 Prozent der Rechnungen eine elektronische Form.

In Finnland erstellen 79 Prozent der Unternehmer Rechnungen, die für automatische Bearbeitung geeignet sind, aber nur 14 Prozent haben sich entschlossen komplett auf die Papierform zu verzichten. In Holland dagegen verhält es sich umgekehrt: Nur 22 Prozent der Unternehmer erstellen Rechnungen, die für die automatische Bearbeitung geeignet sind und 59 Prozent verzichten auf die Papierform.


Zunächst Business-to-Government (B2G) dann Business-to-Business (B2B)

Die meisten Länder beginnen mit der Pflicht zum elektronischen Dokumentenumlauf bei der Implementierung der E-Rechnung bei öffentlichen Aufträgen (Business-to-Government, kurz B2G). Erst im nächsten Schritt kommt die Pflicht im wirtschaftlichen Austausch zwischen den Unternehmern (Business-to-Business, kurz B2B).  

Vorteile

Nach Meinung des polnischen Finanzministeriums liegt der Vorteil der E-Fakturierung bzw. des elektronischen Datenaustauschs insgesamt vor allem in der Kosten- und Zeitreduktion im Vergleich zu Papierrechnungen. 

Aus diesen Gründen und um die Lücken in der Umsatzsteuer zu minimieren und damit dem Umsatzsteuer­betrug Einhalt zu gebieten, haben sich viele Länder dazu entschlossen, die Pflicht zur Ausstellung der elektro­nischen Rechnungen einzuführen.

Ein landesweit einheitliches Format der elektronischen Rechnung bringt sicherlich Vorteile aus der Sicht des Unternehmens. Zum einen kann der Empfänger der Rechnung nicht mehr behaupten, dass er die Rechnung nicht erhalten hat, weil die Rechnung in Echtzeit übersandt wurde. Zum anderen führt eine größere Automa­tisierung der Fakturierungs- und Buchhaltungsprozesse zu einer Verkürzung der Bearbeitungszeit sowie Ver­min­derung der Fehler bei der Ausstellung der Rechnung.

Weitere Vorteile, die vom polnischen Finanzministerium gesehen werden, sind: 
  • Kanalisierung des Datenaustauschs bei Versand der Rechnung über eine Plattform
  • Für die Sicherheit und das richtige Format der Ausgangsrechnung ist ein staatliches Organ verantwortlich und nicht mehr der Steuerpflichtige.
  • Ein staatliches Organ garantiert das Archivieren der Rechnungen und ist verantwortlich für eventuelle wirtschaftliche Verluste aufgrund des Datenverlustes; die Daten werden zehn Jahre aufbewahrt.
  • Die Rechnung wird mit einer einmaligen Nummer, die vom Finanzministerium vergeben wird, versehen. 
  • Sofortiger Zugang zu den Rechnungen, Eliminierung der Gefahr verlorener Rechnungen und Verspätungen bei der Verbuchung 
  • Sicherung des Steuersystems, Garantie für den Erhalt der Rechnung
  • Eliminierung der SAF-T Dateien in der Zukunft
  • Die Verbuchung der Rechnungen wird vereinfacht: Empfang der Rechnungen im strukturierten Format und Übermittlung per Schnittstelle in das FiBu-System; die OCR-Bearbeitung entfällt.
 

Risiken und Probleme

Versenden und Empfangen von Rechnungen in strukturierter Form erfordert umfangreiche technische Vorbe­reitung und eine Integration mit den im Unternehmen bestehenden Systemen, damit die Rechnungs­aus­stellung in einer geordneten und automatisierten Weise erfolgen kann. 
 
Zusätzlich wird es notwendig sein alle internen Prozesse zu bearbeiten und anzupassen, wie z.B. Rechnungs­prüfung, Anpassung des Dokumentenumlaufs und der unternehmensinternen Verfahrensanweisungen, Me­thoden der Zustellung der Rechnungen an Unternehmen, die noch nicht von der Pflicht zu elektronischer Rech­nung erfasst sind. 
 
Die Anpassung an die neuen Pflichten erfordert den Einsatz von vielen spezialisierten Teams, wie Informa­tikern, Buchhaltern und Steuerberatern.
 
Es lohnt sich die Vorbereitung mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf zu beginnen, um eventuelle Fehler in Zukunft zu vermeiden oder bei der Umstellung nicht zeitlich ins Hintertreffen zu geraten. 
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