Brasilien – Steuerliche Themen für Investoren

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veröffentlicht am 9. Oktober 2018
 

Brasilien ist unter den Top 10 der größten Volkswirtschaften der Welt und  –  mit einem Bruttosozialprodukt von 2 Bio. US-Dollar (2017)  –  die bedeutendste Lateinamerikas. Brasilien ist attraktiv für internationale Investitionen und bietet ein rechtlich robustes Klima. Mit einem der weltweit umfangreichsten Verbrauchermärkte (ca. 208 Mio. Menschen) garantiert Brasilien starke Nachfrage. Metropolen wie São Paulo, Rio de Janeiro, Curitiba und Belo Horizonte fungieren nicht nur als Zentralen für lokales Investment, sondern als Plattform für ganz Südamerika, in dessen Ländern das In- und Export-fördernde Handelsabkommen MERCOSUR besteht.
 

 

  

Brasiliens Steuersystem ist unvergleichbar komplex. Deshalb gilt es, bei einer noch so verlockenden Investition den Fokus auf die Steuern zu legen. Erfahrungsgemäß hängt der Erfolg einer Investition zum Großteil von der gewissenhaften steuerlichen Planung ab. Es gibt rund 90 Steuern, Abgaben sowie Sozial- und andere Beiträge. Auch ist die Steuerbelastung (inkl. Lohnkosten) mit 68,3 Prozent  extrem hoch. Brasilianer arbeiten laut einer Studie allein 181 Tage im Jahr für Steuern  –  dieser Aufwand ist der Weltbank zufolge so hoch wie in keinem anderen Land. (Zum Vergleich: In den USA sind es 98 Tage.)
 

Direkte Steuern

In Brasilien ansässige Unternehmen unterliegen mit ihren Welteinkünften der Körperschaftsteuer IRPJ (Imposto de Renda da Pessoa Juridica) sowie der Sozialabgabe auf den Gewinn CSLL (Contribuição Social sobre o Lucro Líquido), deren Bemessungsgrundlage der etwas modifizierte körperschaftsteuer­pflichtige Gewinn ist. Der Steuersatz (KSt) beträgt 15 Prozent bis zu einem steuerlichen Jahresgewinn von 240.000 Brasilianischen Real (ca. 50.000 Euro). Jahresgewinne ab 240.000 Real werden mit einem Steuerzuschlag von 10 Prozent belastet. Die Sozialabgabe vom Gewinn, die von der Methodik her ebenfalls einer gewinnabhängigen Steuer entspricht, beträgt einheitlich 9 Prozent. Die Gesamtbelastung mit Ertragsteuern liegt somit bei 24 Prozent für Gewinne bis 240.000 Real pro Jahr und 34 Prozent für Gewinne ab 240.000 Real pro Jahr.
 
Eine ausschüttende Körperschaft muss keine Quellensteuer auf die Dividenden einbehalten  –  unabhängig davon, ob der Gesellschafter in Brasilien ansässig ist oder nicht. Eine Dividendenausschüttung nach Deutschland unterliegt keinen devisenrechtlichen Restriktionen, sofern das Eigenkapital ordnungsgemäß bei der Zentralbank registriert und vollständig einbezahlt ist.
 

Indirekte Steuern auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene

IPI: Imposto sobre Produtos Industrializados

Die bundesstaatliche Umsatzsteuer bezieht sich auf die Wertschöpfung bei Be- und Weiterverarbeitung sowie auf den Import von Produkten. Sie fällt lediglich auf der Herstellerstufe an und wird daher auch „Industrieproduktsteuer” genannt. I.d.R. betragen die Steuersätze zwischen 10 und 15 Prozent. Exporte sind steuerbefreit bei gleichzeitigem Vorsteuerabzug.
 

ICMS: Imposto sobre a Circulação de Mercadorias e Serviços

Die Bundesländer erheben einzelstaatliche Umsatzsteuern auf Umsätze mit körperlichen Wirtschaftsgütern, auf Importe sowie Transporte zwischen den Bundesstaaten und Gemeinden und auf Kommunikationsdienste. Die Bemessungsgrundlage für die ICMS auf Importe berechnet sich aus dem Zollwert zzgl. Importabgaben, IPI, PIS, COFINS und ICMS (gross up). Die ICMS ist als Netto-Allphasenumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug ausgestaltet. Der Vorsteuerabzug beschränkt sich auf den Erwerb von Produkten, die unmittelbar dem operativen Geschäft der Gesellschaft dienen. Die Steuersätze bei der ICMS betragen zwischen 7 und 25 Prozent. In São Paulo beträgt der Regelsteuersatz 18 Prozent für Lieferungen innerhalb des Bundesstaats.

 

ISS: Imposto sobre Serviços

Gemeinden erheben eine Steuer auf gewerbliche und kommerzielle Dienstleistungen, wenn sie nicht der ICMS unterliegen. Die Steuersätze (2 bis 5 Prozent) hängen von Gemeinde und Art der Leistung ab. Ein Vorsteuerabzug ist nicht möglich. Seit 2004 wird ISS auch auf importierte Dienste erhoben; der Export ist i.d.R. steuerfrei.
 

PIS: Programa de Integração Social

Der Bund erhebt 2 umsatzabhängige Sozialabgaben. Seit dem 1. Dezember 2002 beträgt die Sozialintegrationsabgabe PIS 1,65 Prozent vom Bruttoumsatz (ausgenommen sind Finanzerträge oder Wechselkursgewinne).

 

COFINS: Contribuição para Financiamento da Seguridade Social

Die Sozialfinanzierungsabgabe COFINS beträgt 7,6 Prozent vom Bruttoumsatz. Auch Importe von Waren oder Dienstleistungen unterliegen der PIS bzw. COFINS. Die Abführungsverpflichtung liegt beim brasilianischen Empfänger, wobei der ausländische Vertragspartner gesamtschuldnerisch haftet.
 

CIDE: Contribuição de Intervenção no Dominio Econômico

CIDE ist eine Sonderabgabe von normalerweise 10 Prozent für wirtschaftliche Intervention und fällt auf Zahlungen ins Ausland von Royalties und Dienstleistungen an. Steuerpflichtig ist die brasilianische Gesellschaft, die die Zahlung anweist. Es gibt keine Anrechnungsmöglichkeit.
 

IOF: Imposto sobre Operações Financeiras

Auf gewisse Transaktionen im Finanz-, Kredit- und Versicherungsbereich wird eine Kapitalverkehrssteuer erhoben. Börsenumsatz- oder Gesellschaftsteuern gibt es nicht. Bei Darlehen innerhalb eines Unternehmens gilt ein Steuersatz von 0 bis 6, bei Direktinvestitionen einer von 0,38 Prozent.
 

II: Imposto de Importação

Die Höhe des Importzolls hängt von zollrechtlichen Klassifikationen des importierten Produkts ab und beträgt gewöhnlich zwischen 10 und 20 Prozent. Es gibt jedoch viele Ausnahmen mit wesentlich höheren Steuersätzen. Berechnungsgrundlage sind die Importkosten inklusive Versicherung und Fracht.

 

Steuerförderprogramme

Brasilien bietet diverse steuerliche Förderungen und Steuermethoden, um Investitionen zu stützen. Kleinst- und Kleinunternehmen können besondere Steuerermittlungsmethoden anwenden. Neben speziellen Förderungen für Industriezweige wie Öl und Gas, Infrastruktur, Luftfahrt etc. ist die der technologischen Erneuerung hervorzuheben. Mit dem sog. „Lei do Bem” gewährt der Gesetzgeber eine erhebliche Körperschaftsteuerreduzierung, wenn die Gesellschaft in Research & Development investiert.
 

Gesellschaften, die bereit sind, in den unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens zu investieren, werden Förderungen angeboten (v.a. eine wesentliche Körperschaftsteuerreduzierung). Auch die ICMS ist als Landessteuer ein Mittel, Investoren Vergünstigungen im jeweiligen Bundesland zu geben. Z.B. gewähren die Bundesstaaten Espirito Santo und Santa Catarina fiktive ICMS in Form von Guthaben, sobald Importe über ihre Häfen getätigt werden. Viele Gemeinden reduzieren die Dienstleistungssteuer ISS bzw. die Steuer auf Immobilien (IPTU). Zudem ist es Praxis, Grundstücke unter der Bedingung der Ansiedelung von Industrien und Arbeitsplatzschaffung zu schenken. Das Steuereinkommen von ortsansässiger Industrie ist für die Gemeinden extrem wichtig.
 

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