Aufbau einer Betreiberorganisation im Facility Management – Ein methodischer Ansatz auf Basis des PDCA-Zyklus

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​veröffentlicht am 1. August 2025



​Der Betrieb von Gebäuden und technischen Anlagen ist mit einer Vielzahl gesetzlicher, normativer und vertraglicher Anforderungen verbunden. Betreiber stehen dabei vor der Herausforderung, ihre Verantwortung systematisch wahrzunehmen, Risiken zu minimieren und die Einhaltung sämtlicher Pflichten nachweisbar zu gewährleisten. Gerade in komplexen Immobilienportfolios und bei arbeitsteiligen Organisationsformen ist hierfür eine strukturierte Betreiberorganisation unerlässlich.

Vorab-Klärungen

​Den Ausgangspunkt eines strukturierten Aufbaus einer Betreiberorganisation bildet die konzeptionelle Klärung zentraler Rahmenbedingungen. Es gilt, geeignete Methoden, Systeme und Verantwortlichkeitsstrukturen zu definieren, um die Betreiberpflichten organisationsweit systematisch wahrnehmen zu können.

Dies erfordert unter anderem Klarheit über die Art der zu betreibenden baulichen und technischen Anlagen sowie die Außenanlagen, die behördlich relevanten Nutzungstypen, die zuständigen Institutionen sowie potenzielle rechtliche Besonderheiten.

Ein bewährtes Modell zur Vorgehensweise beim Aufbau einer Betreiberorganisation ist in GEFMA 190 (siehe Abbildung 1) dargestellt. Es dient als strukturierte Orientierung für die einzelnen Planungsschritte und macht die Prozesslogik von der Datenerhebung bis zur Maßnahmenplanung transparent.

 

Abbildung 1: Prozessuale Herangehensweise zum Aufbau einer Betreiberorganisation nach GEFMA 190

Bestandsdaten systematisch erfassen

Ausgangspunkt eines wirksamen Betreiberpflichtenmanagements ist die umfassende und systematische Bestandsdatenerfassung. Nur wer seine baulichen Anlagen vollständig kennt, kann daraus rechtssicher ableitbare Betreiberpflichten identifizieren. Die Erfahrung zeigt, dass unvollständige oder veraltete Informationen, beispielsweise infolge von Umbauten oder Nutzungsänderungen, zu gravierenden Compliance-Lücken führen können. Es empfiehlt sich, einen iterativen Erfassungsprozess zu etablieren, der bei Änderungen am Objekt einen aktualisierten Datenabgleich auslöst.

Der notwendige Informationsumfang folgt dem Prinzip der zweckadäquaten Tiefe: Zu wenige Merkmale gefährden die Rechtssicherheit, zu viele Details führen zu einem unverhältnismäßigen Aufwand. Für Bestandsbauten ohne digitale Planung empfiehlt sich eine Hybridstrategie aus strukturierten Vor-Ort-Audits, Sichtung vorhandener Planunterlagen und Herstellerdokumentation.

Regelwerkskataster aufbauen

​Ein zentrales Steuerungselement der Betreiberorganisation ist das Regelwerkskataster. Es dokumentiert alle relevanten Gesetze, Verordnungen, technischen Regeln und internen Vorgaben, die auf die jeweiligen Anlagen und Nutzungen anzuwenden sind.

Neben staatlichen Vorschriften wie EU-, Bundes- und Landesrecht gehören auch Satzungen, DGUV-Regelwerke sowie technische Regelwerke privater Organisationen wie DIN, VDI, DVGW oder VdS dazu. Diese 
Bandbreite unterscheidet das Regelwerkskataster vom klassischen Rechtskataster und ist besonders in technisch geprägten Umfeldern essenziell.

Digitale Werkzeuge wie REG-IS oder CAFM-Systeme ermöglichen eine strukturierte Pflege, Auswertung und Integration in bestehende Prozesse. REG-IS verzeichnet über 2.000 Regelwerke und bietet die Auswertung der darin enthaltenen Inhalte, darunter u. a. wesentliche Bestimmungen, Konformitätslevel-Zuordnungen sowie Filtermöglichkeiten nach Themen, Gewerken, Fristen, Qualifikationen, Dokumenten und weiteren Kriterien. So lassen sich rechtliche Anforderungen schnell identifizieren und betrieblich verankern – ein wesentlicher Beitrag zur rechtskonformen und praxisnahen Betreiberorganisation.

Betreiberpflichten identifizieren

Basierend auf der Verknüpfung von Bestandsdaten und Regelwerken werden die konkreten Betreiberpflichten identifiziert. Idealerweise erfolgt dies automatisiert IT-gestützt mit CAFM-Systemen oder auch REG-IS, die den Pflichtenumfang strukturiert erfassen und digital verwaltbar machen. Sie unterstützen durch Aufgabenbündelung, Fristenüberwachung, Qualifikationsanforderungen, Dokumentationspflichten und Eskalationsmechanismen. Ein strukturierter Pflichtenkatalog dokumentiert z. B. Quelle, Konformitätslevel, Fristen, Nachweise und mögliche Sanktionen. Dies schafft Transparenz und Rechtssicherheit.

Für Organisationen ohne spezialisierte Software eignet sich auch eine Excel-basierte Lösung. Das REG-IS-Tool „Pflichtenkatalog“ unterstützt diesen Ansatz mit strukturierten Inhalten und einem Dashboard zur Filterung nach Gewerken, Tätigkeiten und Zuständigkeiten sowie weiteren Kriterien. Komplexe Zusammenhänge zwischen Pflichten, Maßnahmen und Risiken lassen sich so nachvollziehbar visualisieren. Anwender können z. B. alle Wartungspflichten für Aufzugsanlagen anzeigen, Verantwortlichkeiten zuordnen und dauerhaft mitfiltern. Das ist ein wichtiger Schritt zur konsistenten, revisionssicheren Aufgabenverteilung.

Pflichten risikobasiert priorisieren

​Nicht alle Betreiberpflichten sind gleich dringlich. Eine risikobasierte Priorisierung stellt sicher, dass vorhandene Ressourcen dort eingesetzt werden, wo Risiken für Personen, Umwelt oder Betrieb am höchsten sind. Eine praxisnahe Methode bietet die Bewertung nach Konformitätsleveln gemäß GEFMA 310 – von KL1 (gesetzliche Pflichten), über KL2 (mittelbar gesetzliche Pflichten), KL3 (ergänzende Empfehlungen) bis KL4 (vertragliche Pflichten). Ergänzend können Gefährdungsbeurteilungen, Risiko-Matrixverfahren oder qualitative Einschätzungen herangezogen werden. Entscheidend ist eine konsistente und nachvollziehbare Bewertungslogik.

Ressourcen ermitteln, budgetieren und terminieren

Die Umsetzung der Betreiberpflichten erfordert eine verlässliche Ressourcenplanung. Dazu zählen personelle, finanzielle und organisatorische Mittel. Digitale Planungstools wie das REG-IS-Tool Jahresplan oder vergleichbare Systeme, unterstützen die Übersicht und Steuerung von Prüf-, Wartungs- und Kontrollterminen.

Kennzahlen wie „fristgerecht erfüllte Prüfungen“ dienen als Steuerungsinstrument für das Management und zur Auditvorbereitung. Maßnahmenpläne helfen zudem bei der Priorisierung von Aufgaben hinsichtlich Aufwand, Dringlichkeit und gesetzlicher Fristen. Sie bilden das operative Rückgrat einer effektiven Betreiberorganisation.

Betreiberorganisation aufbauen

​Der Aufbau einer leistungsfähigen Betreiberorganisation erfordert eine klar definierte Struktur. Rollenmodelle helfen, Zuständigkeiten und Schnittstellen präzise festzulegen, zum Beispiel für Betreiber, Führungskräfte, 
interne Koordinatoren und externe Dienstleister. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Pflichten- bzw. Verantwortlichkeitsmatrix als verbindliches Steuerungsinstrument zur organisatorischen Verankerung. Sie sollte regelmäßig auf Aktualität und Wirksamkeit geprüft werden. Ergänzend sorgen Schulungen, definierte Eskalationswege und ein digitales Kompetenzmanagement (z. B. Qualifikationsdatenbank) dafür, dass alle Akteure ihre Kontroll- und Übernahmepflichten wirksam wahrnehmen können. Ob Betreiberpflichten intern erbracht oder extern vergeben werden, ist auf Grundlage von Eignung, Komplexität und Gefährdungslage zu entscheiden. Eigenleistungen bieten Vorteile bei Steuerung und Know-how, Fremdvergaben ermöglichen Skaleneffekte und Flexibilität. In jedem Fall müssen Verträge klare Regelungen zu Leistung, Qualifikation, Haftung und Dokumentation enthalten.

Eine vollständige Übertragung der Betreiberverantwortung mit dem Ziel der restlosen Befreiung des ursprünglichen Pflichtenadressaten ist hingegen nicht möglich.



Rechtssichere Dokumentation sicherstellen

​Eine zentrale Voraussetzung für die rechtssichere Wahrnehmung von Betreiberpflichten ist die systematische und nachvollziehbare Dokumentation aller relevanten Maßnahmen. Hierfür stehen verschiedene Methoden und Werkzeuge zur Verfügung, die je nach Organisationsgrad, Objektstruktur und Digitalisierungsstand gewählt werden sollten. Eine Möglichkeit stellen beispielsweise Compliance-Checklisten dar. Sie ermöglichen die strukturierte Auflistung kontrollbezogener Tätigkeiten, die klare Zuweisung von Zuständigkeiten sowie die nachvollziehbare Dokumentation durchgeführter Maßnahmen.

Compliance-Checklisten eignen sich insbesondere für regelmäßige Objektbegehungen und können als praxisnahes Werkzeug zur Vorbereitung auf interne oder externe Audits dienen. Sie fördern die Transparenz, erleichtern die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und unterstützen eine revisionssichere Nachweisführung im Sinne der Betreiberverantwortung.

Schlussbetrachtung

Eine belastbare Betreiberorganisation ist kein statisches Konstrukt, sondern ein dynamisches System aus Prozessen, Rollen und digitalen Werkzeugen. Durch das Zusammenspiel vollständiger Bestandsdaten, gepflegter Regelwerkskataster, risikobasierter Priorisierung und klar zugewiesener Zuständigkeiten lassen sich Rechtssicherheit und Wirtschaftlichkeit dauerhaft vereinen. Ergänzt durch Risikomanagement, Audits, geeignete Dokumentationsmethoden und kontinuierliche Qualifizierung entsteht eine Struktur, die Compliance und operative Exzellenz gleichermaßen fördert. Die Betreiberorganisation bildet den organisatorischen Rahmen, in dem Betreiberverantwortung im Alltag verlässlich umgesetzt wird. Ihr Aufbau folgt einem Transformationsprozess – von der Objekt- und Rechtsanalyse über die Definition relevanter Rollen und Prozesse bis zur Etablierung eines nachhaltigen Kontroll- und Verbesserungszyklus. Erst dieser strukturierte Rahmen ermöglicht es, Betreiberpflichten nicht nur formal zu erfüllen, sondern dauerhaft wirksam zu verankern.


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Philipp Stuiber

Bachelor of Engineering (TH)

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