Darlehensvergabe durch Investmentvermögen – Eine rechtliche und steuerliche Betrachtung

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Durch das OGAW-V-Umsetzungsgesetz sollen im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) neue Regelungen zur Darlehensvergabe durch Investmentvermögen verankert werden. Dieser Schritt ist zu begrüßen, da bisher eine Kreditvergabe durch in Deutschland aufgelegte Fondsvehikel nicht möglich war. Ziel dieses Beitrags ist es, die bisherigen Entwicklungen sowie die geplanten aufsichts- und steuerrechtlichen Neuerungen sowie deren Folgen aufzuzeigen. 
 

Bisherige Rechtslage und geänderte Verwaltungspraxis der BaFin

Das KAGB enthält bisher kaum Regelungen zur Vergabe, Restrukturierung und Verlängerung von Darlehen durch Investmentvermögen.  

Die Bundesanstalt für Bundesfinanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat mit Schreiben vom 12. Mai 2015 die Änderung ihrer – bisher grundsätzlich ablehnenden – Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sogenannten „Restrukturierung" und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens bekannt gegeben (siehe hierzu Fonds Brief direkt 11. Juni 2015). Die Vergabe, die Restrukturierung und die Verlängerung von Darlehen durch einen AIF sollen laut Schreiben der BaFin für solche AIF zulässig sein, die nach dem KAGB keinen oder nahezu keinen Produktvorgaben unterliegen. Dies sind der allgemeine offene Spezial-AIF, der Hedgefonds, der geschlossene Spezial-AIF sowie der von einer registrierten Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) verwaltete Spezial-AIF. Nach der in ihrem Schreiben geäußerten Empfehlung der BaFin sollte die Darlehensvergabe allerdings ausschließlich für Rechnung geschlossener Spezial-AIF erfolgen.
 

Geplante Gesetzesänderung durch das OGAW-V-Umsetzungsgesetz

Am 23. September 2015 wurde – nach dem Referentenentwurf vom Juli 2015 – der Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Umsetzung der OGAW-V-Richtlinie vom 23. Juli 2014 (RL 2014/91/EU) veröffentlicht. Neben der eigentlichen Umsetzung der OGAW-V-Richtlinie soll unter anderem die neue Verwaltungspraxis der BaFin im Hinblick auf die Vergabe von Darlehen im KAGB verankert werden.
 
1. Allgemein 

Laut des aktuellen Entwurfs soll es für AIF-KVGen möglich sein, für Rechnung des verwalteten AIF Gelddarlehen zu gewähren, soweit die hierfür erforderlichen Vorgaben erfüllt sind. So dürfen Gelddarlehen im Rahmen der kollektiven Vermögensverwaltung nur gewährt werden, wenn dies laut der Verordnung über Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA) (VO (EU) Nr. 345/2013), über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF) (VO (EU) Nr. 346/2013), über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) (VO (EU) 2015/760) oder gemäß den Vorschriften des KAGB oder des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften erlaubt ist. 

Dagegen sollen OGAW-KVGen auch nach Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes für Rechnung des OGAW weder Gelddarlehen gewähren noch Verpflichtungen aus einem Bürgschafts- oder einem Garantievertrag eingehen dürfen.   
 

2. Voraussetzungen für die Darlehensvergabe

Für Rechnung eines geschlossenen Spezial-AIF soll die Gewährung von Gelddarlehen an Nicht-Verbraucher künftig möglich sein, wenn der AIF selbst Kredite nur bis zur Höhe von 30 Prozent des eingebrachten und zugesagten Eigenkapitals aufgenommen hat und Gelddarlehen an ein und denselben Darlehensnehmer nur bis zur Höhe von insgesamt 20 Prozent des eingebrachten und zugesagten Eigenkapitals des geschlossenen Spezial-AIF vergeben werden (Mindestdiversifikation). Zudem müssen durch den darlehensgewährenden AIF spezielle gesetzliche Mindestanforderungen an das Risikomanagement erfüllt sein, wenn es sich dabei nicht um die Vergabe eines Gesellschafterdarlehens im Sinne des KAGB handelt.  

Eine Darlehensvergabe für Rechnung eines geschlossenen Publikums-AIF sowie eines offenen Spezial-AIF ist grundsätzlich nicht erlaubt. Eine Ausnahme gilt allerdings auch hier für die Vergabe von Gesellschafterdarlehen im Sinne des KAGB.  

Hinsichtlich der Darlehensvergabe für Rechnung eines offenen Publikums-AIF enthält der Regierungsentwurf keine neuen Regelungen. Für Rechnung eines offenen Publikums-AIF in der Form eines Immobilien-Sondervermögens ist, unter Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Vorgaben, nach wie vor nur die Darlehensvergabe an eine Immobilien-Gesellschaft im Sinne des KAGB erlaubt. 
 

3. Gesellschafterdarlehen

An Unternehmen, an denen ein geschlossener Spezial-AIF bereits beteiligt ist, soll die AIF-KVG Gelddarlehen für Rechnung des AIF gewähren dürfen (Gesellschafterdarlehen), wenn höchstens 30 Prozent des eingebrachten und zugesagten Eigenkapitals des geschlossenen Spezial-AIF für diese Darlehen verwendet werden und 
 

            • es sich bei dem Unternehmen um ein Tochterunternehmen des geschlossenen Spezial-AIF handelt,
            • das Darlehen nur aus dem frei verfügbaren Jahres- oder Liquidationsüberschuss oder aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten des Unternehmens übersteigenden frei verfügbaren Vermögen und im Falle der Insolvenz nur nach der Befriedigung sämtlicher Unternehmensgläubiger erfüllt werden muss (nachrangiges Darlehen) oder
  • das gewährte Darlehen nicht die Anschaffungskosten der an dem Unternehmen gehaltenen Beteiligungen überschreitet. 
     

Werden für den geschlossenen Spezial-AIF Kredite nur bis zur Höhe von 30 Prozent des eingebrachten und zugesagten Eigenkapitals aufgenommen, können auch mehr als 30 Prozent des eingebrachten und zugesagten Eigenkapitals des geschlossenen Spezial-AIF für nachrangige Gesellschafterdarlehen verwendet werden.

Erfolgt die Vergabe eines Gesellschaftergelddarlehens an ein Tochterunternehmen, muss die AIF-KVG sicherstellen, dass das Tochterunternehmen seinerseits Gelddarlehen nur an Unternehmen gewährt, an denen das Tochterunternehmen bereits beteiligt ist und die entsprechend heranzuziehenden Bedingungen für die Vergabe von Gesellschafterdarlehen auf Ebene der Tochtergesellschaft ebenfalls erfüllt sind. 

Anders als vom Referentenentwurf zunächst vorgesehen, soll die Vergabe von Gesellschafterdarlehen laut Regierungsentwurf neben geschlossenen Spezial-AIF künftig grundsätzlich auch geschlossenen Publikums-AIF sowie offenen Spezial-AIF und Übergangsfonds nach § 353 Abs. 4 KAGB möglich sein. Die Vorschriften zur Vergabe von Gesellschafterdarlehen durch geschlossene Spezial-AIF sollen für diese entsprechend gelten. 
 

Steuerliche Aspekte

Die zukünftige Strukturierung eines darlehensgewährenden Investmentvermögens sollte neben vorstehenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen an solche Fondsvehikel auch eine steueroptimierte Ausgestaltung desselben für den Anleger beachten. Dabei sind vor allem die Fragen nach der geeigneten Rechtsform und der Einkunftsart, die das Fondsvehikel seinen Anlegern vermittelt, zu beantworten. Denn diese beiden haben wesentlichen Einfluss auf die Besteuerung des Anlegers.
 

1. Einfluss der Rechtsformwahl auf die Fondsbesteuerung

Da aufsichtsrechtlich ein grundsätzliches Darlehensvergabeverbot an Dritte durch OGAW-Vehikel, Publikums-AIF und offene Spezial-AIF beabsichtigt ist, kommen somit als denkbare Rechtsformen bei geschlossenen Spezial-AIF lediglich eine Investmentaktiengesellschaft (mit fixem Kapital) sowie geschlossene Investmentkommanditgesellschaft in Betracht. Beide Rechtsformen unterliegen nach derzeitiger Rechtslage nicht der begünstigten Investmentbesteuerung, da die enumerativ aufgezählten und kumulativ vorliegenden Voraussetzungen des § 1 Abs. 1b Investmentsteuergesetzes nicht einschlägig sind. Insbesondere wird das jährliche Rückgaberecht der Anteile an dem Darlehensfonds nicht einschlägig sein. Somit richten sich die weiteren Steuerfolgen nach den im Investmentsteuergesetz geregelten Vorschriften für sogenannte „Investitionsgesellschaften". Eine Investmentaktiengesellschaft (mit fixem Kapital) wird als eigenes Steuersubjekt für Körperschaft- und Gewerbesteuerzwecke qualifiziert, so dass sie mit den erzielten Fondseinkünften in vollem Umfang den allgemeinen Steuerregelungen für Kapitalgesellschaften unterliegt, ohne von der Steuerpflicht befreit zu sein. Demgegenüber erfolgt bei einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft eine unmittelbare transparente Besteuerung der Anleger, so dass das Fondsvehikel als solches keiner Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer unterliegt. 

Da die Investmentaktiengesellschaft (mit fixem Kapital) als eigenes Steuersubjekt der Besteuerung unterliegt, ist dieses Fondsvehikel im Vergleich mit einer Investmentkommanditgesellschaft unter rein steuerlichen Aspekten regelmäßig nicht empfehlenswert. Aufgrund der ertragsteuerlichen Transparenz der Investmentkommanditgesellschaft kann eine vorteilhafte „Einmalbesteuerung" der Fondseinkünfte auf Anlegerebene erzielt werden. Diese grundsätzlichen ertragsteuerlichen Überlegungen sollten auch unter Beachtung des vom Bundesfinanzministerium veröffentlichen Diskussionsentwurfs zur „großen" Investmentsteuerreform gelten. Danach können Spezial-Investmentfonds lediglich zu einer „semi-transparenten" Besteuerung optieren. Damit die von einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft erzielten Einkünfte zudem weder der Gewerbesteuer noch einer regulären, progressiven Einkommensbesteuerung beim Anleger unterliegen, ist bei der steuerlichen Strukturierung darauf hinzuwirken, dass auf Fondsebene lediglich vermögensverwaltende und keine gewerblichen Einkünfte erzielt werden.
 

2. Einkunftsart des Fondsvehikels

Für die steuerliche Qualifikation der Einkünfte eines Darlehensfonds und der daran beteiligten Anleger ist von Bedeutung, ob eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Ein Gewerbebetrieb liegt vor, wenn entweder die gewählte gesellschaftsrechtliche Struktur eine sogenannte „gewerbliche Prägung" der Investitionsgesellschaft vorsieht oder das Fondsvehikel eine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt. Das Merkmal der gewerblichen Prägung kann nach der hier vertretenen Ansicht relativ einfach auch bei geschlossenen Investmentkommanditgesellschaften nach der Einführung des KAGB durch die zusätzliche Bestellung eines geschäftsführenden Kommanditisten vermieden werden. Daher kommt es vor allem darauf an, ob das Fondsvehikel mit der Darlehensvergabe einer originär gewerblichen Tätigkeit nachgeht.  

Bei der Abgrenzung zwischen einer Vermögensverwaltung und einem Gewerbebetrieb ist auch bei Darlehensfonds nach herrschender Rechtsprechung auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. Danach gehören die Darlehensvergabe und die Umschichtung von Wertpapieren regelmäßig noch zur privaten Vermögensverwaltung, woran eine Fremdfinanzierung des Erwerbs regelmäßig nichts ändert. Entscheidend ist, dass sich die beabsichtigte Betätigung der Investitionsgesellschaft auf die Nutzung des Vermögens im Sinne einer auf Dauer angelegten „Fruchtziehung" bezieht. Demgegenüber kann bei Vorliegen besonderer Umstände eine Gewerblichkeit vorliegen, wenn der Steuerpflichtige wie ein Wertpapierhändler auftritt. Falls beispielsweise die nachhaltige Absicht der Ausnutzung substanzieller Vermögensverwerte durch häufige Umschichtung gegenüber der Fruchtziehung dominiert, so kann die Grenze der Vermögensverwaltung überschritten sein. In diesem Sinne kann der Erwerb von sogenannten „Non-Performing Loans" gegen eine vermögensverwaltende Betätigung sprechen.  

Es bleibt anzumerken, dass die steuerrechtliche Beurteilung der Darlehensvergabe derzeit in der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung kontrovers behandelt wird. Dennoch sollte es sich nach der hier vertretenen Ansicht - unter Beachtung der von der aktuellen BFH-Rechtsprechung zu Lebensversicherungsfonds entwickelten Maßstäben - bei der Darlehensvergabe durch einen Darlehensfonds üblicherweise um eine reine vermögensverwaltende Tätigkeit handeln. Dies sollte insbesondere in den Fällen gelten, in denen das Fondsvehikel Darlehen zu Anlagezwecken erwirbt oder vergibt, das Darlehensverhältnis fortführt und keine vorzeitige Veräußerung von Darlehensforderungen beabsichtigt, so dass allein die Fruchtziehung im Vordergrund steht. Eine andere steuerliche Beurteilung ergibt sich unseres Erachtens auch nicht durch die Qualifizierung des Fondsvehikels nach dem Kreditwesengesetz, denn für diese Zwecke ist von einem erlaubnispflichtigen, gewerbsmäßigen Bankgeschäft auszugehen. Im Ergebnis sollten auch Darlehensfonds für ertragsteuerliche Zwecke vermögensverwaltende Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen. 

Abschließend ist bei der steuerlichen Konzeption eines Darlehensfonds die aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 9. Dezember 2015 zu beachten. Durch dieses Urteil wird klargestellt, dass von der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentfonds gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG mehr Anlagevehikel profitieren können, als lediglich Investmentfonds im Sinne des Investmentsteuergesetzes. Entgegen des bisherigen Verständnisses des Gesetzgebers sollten auch geschlossene Fondsvehikel – und somit auch ein Darlehensfonds – unter die Umsatzsteuerbefreiung fallen.
  

Fazit

Es ist zu begrüßen, dass die BaFin und der Gesetzgeber auf die aktuellen Marktbedürfnisse sowie auf die Wünsche der Fondsbranche reagiert hat und Investmentvermögen die Möglichkeit einräumt, im Rahmen ihrer Anlagepolitik auch Darlehen vergeben zu dürfen. Unter steuerlichen Aspekten ist hervorzuheben, dass Darlehensfonds nach derzeitiger Rechtslage nicht der „klassischen" Investmentbesteuerung, sondern dem regulären Besteuerungsregime unterliegen. Insofern genießt die geschlossene Investmentkommanditgesellschaft als bevorzugte Rechtsform steuerliche Attraktivität, die zur Optimierung vermögensverwaltend strukturiert werden sollte.

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