Legale Steuergestaltung bei Auslandsgeschäften

PrintMailRate-it
zuletzt aktualisiert am 16. Mai 2013

Der deutsche Mittelstand ist auch im Ausland sehr erfolgreich. Immer größere Gewinnanteile werden außerhalb Deutschlands erwirtschaftet. Hierbei sind jedoch komplexe Steuerregeln zu beachten. Ein signifikantes Steuersatzgefälle zwischen In- und Ausland kann zur legalen Steuer­gestaltung genutzt werden. Doch neben den Chancen sind auch zwingend Grenzen zu be­rück­sichtigen, erklärt Dr. Hans Weggenmann im Interview.


 

Nach den weltweiten Medienberichten über Steueroasen werden diese von der Politik stärker denn je ins Visier genommen. Werden jetzt bald einschneidende Rechtsänderungen folgen?

Die aktuellen Presseveröffentlichungen erhöhen den Druck auf die Steueroasen zusätzlich. Mit kurzfristigen Rechtsänderungen in Deutschland rechne ich aber nicht. Schließlich war der Gesetzgeber in den letzten Jahren schon sehr aktiv und verfügt somit über ein umfangreiches Instrumentarium, um gegen Steuerhinterziehung vorgehen zu können.
 

An welche Maßnahmen denken Sie?

Im Rahmen der Umsatzbesteuerung kamen jedes Jahr verschärfende Regelungen ins Gesetz, zum Beispiel unangemeldete Umsatzsteuer-Sonderprüfungen oder umfassende Nachweispflichten. Die Kompetenzen der deutschen Finanzbehörden wurden immer wieder erweitert. Dazu gehören auch Vereinbarungen über den Informationsaustausch mit Steueroasen. Deutschland hat mit Ländern wie der Schweiz, Liechtenstein, Singapur und den Kaimaninseln „große Auskunftsklauseln” nach dem Standard der OECD vereinbart, um gezielt Anfragen stellen zu können.
 

Was bedeutet das?

Deutsche Finanzbehörden können gezielt nachfragen, ob etwa in Singapur für einen bestimmten Steuer­pflichtigen ein Bankkonto existiert.
 

Doch es gibt Möglichkeiten der Anonymisierung…

Ja, das stimmt. Etwa bei Nummernkonten zeigen sich die Schwächen der Auskunftsklausel. Um Steuer­betrug zu entlarven, wären schärfere Instrumente nötig. Das nicht ratifizierte Abkommen mit der Schweiz sah eine Auskunftsklausel für die Kontentransaktionen der letzten drei Jahre nach Singapur vor. In manchen Staaten haben die Finanzämter erst seit einem Jahr diese Auskunftsmöglichkeiten – und sie machen davon Gebrauch. Vor Steuerhinterziehung ist nur abzuraten.
 

Steuern sparen ist doch ein weit verbreitetes Motiv in Deutschland.

Und das zu Recht, stellt die Steuerlast für ein Unternehmen doch nichts anderes als Aufwand bzw. Kosten dar und belastet die Liquidität. Mancher Unternehmer leidet unter einer hohen Steuerbelastung. Bei internationalen Geschäften gibt es legale Möglichkeiten der Steuergestaltung. Diese müssen jedoch immer nach dem Prinzip erfolgen: Steuerliche Risiken vermeiden und die Gesamtbelastung niedrig halten. Mit den meisten Staaten hat Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Freistellungsmethode vereinbart.
 

Welche Folgen hat das?

Der von einer Person oder Betriebsstätte im Ausland erzielte Gewinn ist in Deutschland freigestellt. Dieser wird mit dem ausländischen Steuersatz, zum Beispiel 19 Prozent, besteuert. In Deutschland müssten hierfür zirka 50 Prozent Steuern abgeführt werden.
 

Empfehlen Sie die Gründung von Betriebsstätten im Ausland?

Das muss von Fall zu Fall entschieden werden. Die genannten Effekte der Steuerfreistellung beschränken sich nicht nur auf Betriebsstätten. Sie sind auch für Personengesellschaften erzielbar. Aus diesem Grund muss sicher ein Blick darauf geworfen werden, unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen der Unternehmer im Ausland tätig werden möchte. Hierbei spielen beispielsweise Haftung und Marktzugang eine wichtige Rolle.
 

Auf was muss noch geachtet werden?

Der Unternehmer sollte am Anfang seines Auslandsengagements klären, wie seine Geschäftserwartungen aussehen und wie er seine Möglichkeiten sowie Risiken verteilen möchte. Schließlich hängt davon ab, mit welchen Ergebniserwartungen ein Auslandsinvestment unternommen wird und inwieweit dafür steuerlicher Optimierungsbedarf besteht; denn es macht einen Unterschied, ob eine ausländische Gesellschaft allein als Handelsvertretung oder gar als Eigenhändler am Markt auftritt.
 

Zu welchen steuerlichen Konsequenzen führen diese unternehmerischen Entscheidungen?

Die Markteinstiegsszenarien sind auf jeden Fall auch aus steuerlicher Perspektive zu betrachten. Wenn das Geschäftsmodell umgestellt wird, dann definiert der Fiskus recht schnell eine steuerpflichtige Funktions­verlagerung. Die Verlagerung betrieblicher Funktionen ins Ausland wird dann möglicherweise sogar doppelt besteuert – in Deutschland und im Land, wo die höhere Wertschöpfung stattfindet.
 

Wie kann man das verhindern?

Grundvoraussetzung ist natürlich, dass das Geschäftsmodell vorliegt und hinreichend definiert ist. Darauf basierend muss nun die Investitionsplanung danach beurteilt werden, welche Funktionen künftig im Ausland und welche davon in Deutschland verbleiben. Oft lässt sich dann eine steuerpflichtige Funktionsverlagerung schon durch die Umstellung des internen Abrechnungssystems vermeiden. Wer dies im Voraus beachtet und seine Entscheidung sauber dokumentiert, dem bleiben später in der Betriebsprüfung böse Überraschungen erspart.
 

Welche steuerlichen Stellschrauben gilt es hierbei zu berücksichtigen?

Dazu gehören vor allem Marken- und Lizenzkosten, Finanzierungsaufwendungen und die Kosten der Markterschließung. Im Zusammenhang mit Lizenzen spielt vor allem das sogenannte Geistige Eigentum (Intellectual Property) eine zentrale Rolle und dabei insbesondere die Wertfindung für die Höhe der Lizenz.
 

Insbesondere global aufgestellte IT-Unternehmen rechnen sich durch international verschachtelte Konstruktionen arm, sodass sie kaum Steuern zahlen. Haben international tätige deutsche Familienunternehmen diese Möglichkeiten auch?

Diese ins mediale Interesse gerückten Unternehmen betreiben vor allem nicht-ortsgebundene Geschäfte oder halten ihre Werttreiber wie Marke, Branding und Know-how in Steueroasen vor. Für die nicht-ortsgebundenen Geschäfte lässt sich daher nur schwer ermitteln, wo die Wertschöpfung tatsächlich stattfindet. Was die Werttreiber betrifft, so werden über komplexe, mehrstufige Konzerngestaltungen – meist über Luxemburg oder die Niederlande – von den Tochtergesellschaften über hohe Lizenzgebühren Gewinne abgeschöpft. In Deutschland akzeptiert die Betriebsprüfung jedoch nicht ohne Weiteres überhöhte Lizenzgebühren. Zudem droht eine Hinzurechnungsbesteuerung, wenn Marken und Lizenzen ohne wirtschaftlichen Grund ins Ausland verlagert worden sind.
 
Für deutsche Mittelständler bedeutet dies, dass mit der Gründung einer Luxemburger Gesellschaft, die entsprechende Marken- oder Patentrechte hält, durchaus Möglichkeiten bestehen, zu optimieren. Es müssen dafür allerdings die bereits erwähnten Rahmenbedingungen eingehalten werden. Als weitere Möglichkeit lässt sich anführen, mittels Auslandsholdings Funktionen zu bündeln und weiteres Geschäft auszubauen, zum Beispiel um in den chinesischen Markt einzutreten oder ihn entsprechend auszubauen. Das muss jedoch unternehmerisch sinnvoll und dokumentierbar sein. In diesem Sinne spielt die Steuerplanung eine wichtige Rolle.
 

Auch bei der Finanzierung zwischen deutscher Mutter- und ausländischer Tochtergesellschaft kann internationale Steuergestaltung betrieben werden.

Wenn im Ausland die Steuerbelastung niedriger ist, dann kann ein Darlehen der Tochter ans Mutter­unter­nehmen die Gesamtsteuerlast senken. Doch auch hier sind bestimmte Grenzen einzuhalten. Auch hybride Finanzierungsinstrumente sind immer noch beliebt.
 

Was ist das?

Eine Gesellschaft begibt ein Genussrecht, welches nach lokalem Recht als Fremdkapital behandelt wird. Der Genussrechtsinhaber sitzt in einem anderen Staat, der dieses Genussrecht als Beteiligung betrachtet. Folglich ist es möglich, dass im Inland eine steuerfreie Dividende kassiert wird, während im Ausland ein steuerlich abzugsfähiger Zins geltend gemacht wird. Hierfür werden häufig internationale Strukturen über Luxemburg aufgebaut. Doch der deutsche Fiskus hat das Schema bereits erkannt und plant gesetzlich dagegen vorzugehen. Der Entwurf eines Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes enthält eine entsprechende Änderung.
 

Welches grundsätzliche Fazit ziehen Sie in Bezug auf die medial geführte Diskussion um Steueroasen?

Wir sollten unseren Blick auf die Unternehmen richten, die mit ihrer Tätigkeit in Deutschland und im Weltmarkt ganz wesentlich zu den Steuereinnahmen unseres Gemeinwesens beitragen. Ihnen sollten nicht wegen des Kampfes gegen Steuerhinterziehung und fragwürdige Gestaltungen einiger ausländischer Konzerne noch komplexere steuerrechtliche Schranken auferlegt werden. Wir richten unser Augenmerk in der Beratung darauf, für die Unternehmen eine Schneise durch das Dickicht der internationalen Steuer­gesetzgebung zu schlagen, die es ihnen ermöglicht, grenzüberschreitend wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Kontakt

Contact Person Picture

Dr. Hans Weggenmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

Geschäftsführender Partner

+49 911 9193 1050

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu