Jahresendanpassungen als Brandbeschleuniger: Wie sich die finanzielle Notlage verschärfen kann

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veröffentlicht am 2. April 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Die wirtschaftlichen Folgen durch das Coronavirus zeichnen sich bislang nur schemenhaft ab, klar ist allerdings, dass sie gravierend sind und sein werden. Der Sachverständigenrat geht in seinem Sondergutachten von März 2020 zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bereits in der derzeitigen Anfangsphase der Krise von einem BIP Einbruch für Deutschland von bis zu 5,4 Prozent aus. Ein solcher Rückgang wäre mit den Folgen der Finanzkrise 2009 vergleichbar. Eine zunehmende Anzahl von Unternehmen kann ihren Geschäftsbetrieb nur mit Mühe oder teilweise gar nicht aufrechterhalten. Bestehende Verrechnungs­preis­systeme antizipieren volkswirtschaftliche Schocks ganz unterschiedlich. Teils können bestehende Vergütungsmodelle auf die finanzielle Notlage multinationaler Unternehmensgruppen wie ein Brandbeschleuniger einwirken. 

 

 

 

Aufbau internationaler Verrechnungspreiskonzepte

Aus den unterschiedlichsten Hintergründen sind Verrechnungspreissysteme in der Vergangenheit derart konzipiert worden, in denen ein Stammhaus bzw. ein (divisionaler) Entrepreneur besteht. Entsprechend operieren die verbundenen Unternehmen im Ausland vorwiegend als Routineunternehmen. Beispiele sind Vertriebsgesellschaften, die den lokalen Markt bedienen, oder Auftragsfertiger, die gemäß den technischen Vorgaben des Entrepreneuers Produktionsaufgaben wahrnehmen. Das daraus resultierende Verrechnungspreissystem erlaubt den Routinegesellschaften kleine, aber stabile Gewinne. Am Jahresende festgestellte Abweichungen zum fremdüblichen Gewinn wurden über Jahresendanpassungen ausgeglichen.

 

Funktionsweise einer Jahresendanpassung: Erwartung einer positiven Ausgleichszahlung

Durch Jahresendanpassungen können Unternehmensgruppen die fremdübliche Vergütung ihrer Gesellschaften sicherstellen und dabei von operativen Vereinfachungen profitieren. In der Folge wird das unterjährige Monitoring weitestgehend vernachlässigt. Über Jahresendpassungen wird im Rahmen eines „outcome-testing" eine Ergebniserzielung innerhalb der fremdüblichen Ergebnisbandbreite umgesetzt. In den wirtschaftlichen Wachstumszeiten der letzten Jahren konnten so positive Ausgleichszahlungen an die Stammhäuser geleistet werden.

 

Ausgleichszahlungen in der Corona-Krise: Dreht sich das Blatt?

In den letzten Jahren haben dadurch viele Strategieträger von der wirtschaftlichen Hochphase profitiert. Durch Größeneffekte und interne Effizienz konnten in vielen Unternehmensgruppen hohe Margen erzielt werden. Wird nun der prognostizierten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Glauben geschenkt, wird ein erheblicher Einfluss auf den Absatz von Unternehmensgruppen eintreten. Dem gruppenweiten Absatzeinbruch werden jedoch nicht in gleichem Maße kostensenkende Einsparungspotentiale gegenüberstehen. Überkapazitäten sind bspw. auf Seiten von (Routine-) Auftragsfertigern denkbar.

 

Infolgedessen wird die wirtschaftliche Veränderung auch auf Routinegesellschaften durchschlagen. Bei einer unveränderten Fortführung der in der Praxis verbreiteten pauschalen Ergebniskorrektur ist zum Ende des Geschäftsjahres mit erheblichen Ausgleichszahlungen an die diversen Routinegesellschaften im Ausland zu rechnen. Entgegen der üblichen Erwartungshaltung wird die Jahresendanpassung nicht zu einer Ergebniserhöhung beim Strategieträger führen. Vielmehr werden einzelne oder die Summe der (negative/n) Jahresendanpassungen zur einer finanziellen Belastung, die aktuell in vielen Unternehmensgruppen noch keine Beachtung findet.

 

Jahresendanpassungen aussetzen, fördert das Risiko einer Doppelbesteuerung

Aufgrund der geänderten wirtschaftlichen Umstände ist zu erwarten, dass Jahresendpassungen die finanzielle Schieflage innerhalb der multinationalen Unternehmensgruppen zum Jahresende verstärken. Das bloße Aussetzen der üblichen jährlichen Ausgleichszahlungen kann jedoch zu erhebliche Konsequenzen führen.

 

Von den ausländischen Finanzverwaltungen kann die Ansicht erwartet werden, dass bspw. dem lokalen (Routine-) Auftragsfertiger weiterhin ein Routinegewinn zusteht. Denn wenn Routinegesellschaften in einer wirtschaftlichen Hochphase nur geringe und stabile Gewinne zugeordnet bekamen, sollten sie  auch in Krisenzeiten nicht an den Verlusten beteiligt werden dürfen. So wären Gewinne im Ausland zu versteuern, obschon die Gruppe insgesamt möglicherweise keinen Gewinn erzielt.

 

Hat der Strategieträger seinen Sitz in Deutschland, werden (negative) Jahresendanpassungen jedoch ebenfalls ein besonderes Betriebsprüfungsrisiko bergen. Schließlich lehnen die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren von 2005 Jahresendanpassungen rein zur Ergebniskorrektur ausdrücklich ab. In der Vergangenheit sind entsprechende Jahresendanpassungen dennoch weitestgehend akzeptiert worden, da regelmäßig Steuersubstrat an deutsche Stammhäuser geflossen ist. Wendet sich das Blatt, werden die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren von 2005 wohl wieder stärker Beachtung finden. Die Akzeptanz der oftmals pauschalen Ansätze werden somit zu einem echten Betriebsprüfungsrisiko im Inland.

 

Aufgrund der beiden unterschiedlichen Betrachtungen werden bei einer pauschale Jahresendanpassung die Fälle der Doppelbesteuerung in künftigen Betriebsprüfungen zunehmen.

 

Minderung der Doppelbesteuerungsrisiken: Der Evaluierungsprozess

Durch ein frühzeitiges Problembewusstsein sind zum jetzigen Zeitpunkt noch Vereinbarungen zwischen den Gruppengesellschaften denkbar, auf die sich fremde Dritte aktuell ebenfalls verständigen. Um die individuellen steuerlichen Risiken und fremdüblichen Gestaltungsoptionen zu identifizieren, bietet sich der folgende fünfstufige Prozess an:

  1. Identifizierung der betroffenen Geschäftsbeziehungen – Aufnahme der vertraglichen Vereinbarungen
  2. Simulation der finanziellen Auswirkungen auf die Unternehmensgruppe und Ermittlung des möglichen Doppelbesteuerungsrisikos bei unveränderter Fortführung des bestehenden (starren) Verrechnungspreiskonzeptes 
  3. Evaluierung fremdüblicher (flexibler) Gestaltungsmöglichkeiten
  4. Implementierung der geeigneten Maßnahmen
  5. Dokumentation der Entscheidung und der Entscheidungsgrundlagen
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