Das Berliner Testament – beliebt, aber nicht immer die beste Lösung

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 25. September 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Das Berliner Testament ist der Klassiker der Nachfolgeplanung. Es sieht vor, dass sich Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Die Kinder erben erst nach dem Tod des Letztversterbenden. Auf den ersten Blick klingt das nach einer klaren und sicheren Lösung. In der Praxis birgt diese Gestaltung jedoch rechtliche, steuerliche und praktische Fallstricke, die im Einzelfall schwer wiegen können.

 

 

Was ist das Berliner Testament?

Das Berliner Testament ist eine besondere Form des gemeinschaftlichen Testaments. Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein. Die Kinder werden als Schlusserben bestimmt und erben erst nach dem Tod des zuletzt Verstorbenen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der überlebende Partner bleibt wirtschaftlich handlungsfähig, die Vermögensnachfolge bleibt in der Familie und komplizierte Nachlassteilungen werden vermieden. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Eingeschränkte Flexibilität, Pflichtteilsansprüche oder steuerliche Belastungen können die Vorteile relativieren.

 

Gesetzliche Erbfolge ohne Testament

Wer kein Testament errichtet, überlässt die Nachlassverteilung der gesetzlichen Erbfolge. Ist der Erblasser im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, erbt der überlebende Ehegatte regelmäßig die Hälfte, während die übrige Hälfte zu gleichen Teilen an die Kinder geht. Bei Gütertrennung oder Gütergemeinschaft verschieben sich die Quoten teils erheblich, was nicht immer dem Absicherungsbedürfnis der Eheleute entspricht. Eingetragene Lebenspartner werden erbrechtlich im Wesentlichen wie Ehegatten behandelt. Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft haben dagegen, sofern keine letztwillige Verfügung vorhanden ist, kein Erbrecht und profitieren auch nicht von den für Ehegatten vorgesehenen steuerlichen Vergünstigungen. Wer hier untätig bleibt, riskiert, dass der hinterbliebene Partner trotz langjähriger Verbundenheit leer ausgeht.

 

Bindungswirkung – kaum Änderungen möglich

Das Berliner Testament verschafft dem überlebenden Partner zunächst ungeteilte Verfügungsbefugnis und damit Planungssicherheit. Zugleich entfaltet es eine erhebliche Bindungswirkung: Mit dem Tod eines Ehegatten werden die wechselseitigen Verfügungen verbindlich. Änderungen sind dann nur möglich, wenn sie im Testament ausdrücklich vorbehalten wurden oder wenn der Überlebende die Erbschaft ausschlägt. Ändern sich später die Lebensverhältnisse – etwa durch Zerwürfnisse mit Kindern, eine neue Partnerschaft oder eine Auswanderung –, bleibt die einmal festgelegte Erbfolge regelmäßig bestehen. Ohne Regelung eines wirksam vereinbarten Abänderungsvorbehalts ist die Berücksichtigung neuer Entwicklungen nach dem Tod eines Ehegatten typischerweise versperrt.

 

Pflichtteil und Liquiditätsrisiken

Unabhängig vom Berliner Testament bleiben die Pflichtteilsrechte der Kinder bestehen. Stirbt der erste Elternteil, können Pflichtteilsberechtigte sofort ihren Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils geltend machen. Ist das Vermögen überwiegend in Immobilien, Unternehmensbeteiligungen oder anderen gebundenen Werten angelegt, führt die Pflichtteilserfüllung nicht selten zu erheblichen Liquiditätsengpässen. Der Alleinerbe muss dann Kredite aufnehmen oder Vermögenswerte veräußern, um die Ansprüche bedienen zu können. Klauseln, die den vorzeitigen Zugriff wirtschaftlich unattraktiv machen sollen, können hier Entlastung schaffen, bedürfen aber einer sorgfältigen juristischen und steuerlichen Ausgestaltung.

 

Erbschaftsteuerliche Auswirkungen

Auch steuerlich kann das Berliner Testament nachteilig sein. Da im ersten Erbfall regelmäßig der gesamte Nachlass auf den überlebenden Ehegatten übergeht, bleiben die Freibeträge der Kinder zunächst ungenutzt. Beim zweiten Erbfall fällt die Steuer erneut an und zwischenzeitliche Wertsteigerungen – insbesondere bei Immobilien oder Unternehmenswerten – erhöhen die Bemessungsgrundlage. In größeren Nachlässen kann so eine kumulierte Steuerlast entstehen, die bei vorausschauender Testamentsgestaltung vermieden oder zumindest deutlich reduziert werden kann.

 

Gestaltungsmöglichkeiten

Welche Lösung im Einzelfall sinnvoll ist, hängt von der Familienkonstellation, Vermögensstruktur und Zielsetzung ab. Denkbar sind etwa Vor- und Nacherbschaft in Verbindung mit Nießbrauchsrechten, Vermächtnisse oder lebzeitige Zuwendungen zur Ausschöpfung von Freibeträgen und sorgfältig formulierte Pflichtteilsstrafklauseln zur Vermeidung von Konflikten.

Ein tragfähiges Konzept entsteht regelmäßig durch das Zusammenspiel mehrerer Elemente und nicht durch die isolierte Anwendung eines einzelnen Instruments.

 

Fazit: Individuelle Planung statt Standardlösung

Das Berliner Testament ist ein bewährtes Instrument des Ehegattenerbrechts, aber keine Universallösung. Seine Vorteile stehen den Nachteilen einer starken Bindungswirkung, fortbestehenden Pflichtteilsrisiken und möglichen steuerlichen Mehrbelastungen gegenüber. Ob es im konkreten Fall sinnvoll ist oder ob eine Kombination aus verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten und gegebenenfalls lebzeitigen Maßnahmen vorzugswürdig ist, entscheidet sich anhand der jeweiligen Lebens- und Vermögensverhältnisse. Maßgeblich ist eine frühzeitige und passgenaue Nachfolgegestaltung: Sie schützt den Partner, erhält das Vermögen und mindert Konflikte in der nächsten Generation.​

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