Neue Verrechnungspreis­vorschriften in Brasilien: Annäherung an die OECD

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Mitte Juni wurde mit Unterzeichnung des brasilianischen Präsidenten das Gesetz Nr. 14.596/2023 umgesetzt, das die Verrechnungspreisvorschriften in Brasilien umfassend reformiert. Die neuen Verrechnungspreisvorschriften können bereits für das Ge­häfts­jahr 2023 freiwillig angewendet werden; ab dem Geschäftsjahr 2024 ist die Anwen­dung verpflichtend. Die wichtigsten Änderungen und deren Bedeutung für Steuer­pflichtige fassen wir Ihnen nachfolgend kurz zusammen.

 

    

Annäherung der Verrechnungspreisvorschriften an die OECD-Verrechnungspreis­leitlinien

Das neue Gesetz ist ein wichtiger Meilenstein für Brasilien und darüber hinaus von großer Bedeutung für in Brasilien tätige multinationale Unternehmensgruppen. Damit erfolgt eine Annäherung der bislang von den globalen Standards deutlich abweichenden brasilianischen Verrechnungspreisvorschriften an die Grundsätze der OECD-Verrechnungspreisleitlinien – auch wenn die brasilianische Gesetzgebung nach wie vor einige Besonderheiten in Bezug auf Verrechnungspreise aufweist.


Die wichtigsten Änderungen durch das neue Gesetz

Zu den wichtigsten Änderungen gehört die Einführung des Fremdvergleichsgrundsatzes, der in den brasiliani­schen Verrechnungspreisvorschriften bisher weitgehend unberücksichtigt war. Zudem gelten die neuen Vorschriften zukünftig für alle grenzüberschreitenden konzerninternen Transaktionen, das heißt neben dem Import bzw. Export von materiellen Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen u.a. auch für immaterielle Vermö­genswerte und Finanztransaktionen. Die bislang in Brasilien anzuwendenden speziellen Verrechnungspreis­methoden werden durch die aus den OECD-Verrechnungspreisleitlinien bekannten Verrechnungspreis­etho­den ersetzt. Zudem sind zukünftig einzelfallbezogene Vergleichbarkeits- sowie Funktions- und Risiko­analysen durchzuführen, die neben Benchmarkanalysen anstatt der bisher gesetzlich vorgegebenen Margen anzuwe­den sind. Darüber hinaus enthält die Neugestaltung der Vorschriften Änderungen in Bezug auf die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation, neue Regelungen zu Umstrukturierungen und Verrechnungspreis­anpassungen sowie Vereinfachungsmaßnahmen und Instrumente zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und zur Vermeidung von Doppelbesteuerung, beispielsweise Verständigungsverfahren und Vorabvereinbarungen. Insbesondere zu letzteren, aber z.B. auch zur Verrechnungspreisdokumentation werden weitere, detaillierte Regelungen erwartet.

 

Anwendung ab 2024 verpflichtend, für das Geschäftsjahr 2023 optional

Die neuen Verrechnungspreisvorschriften sind grundsätzlich ab dem 1. Januar 2024 für alle Steuerpflichtigen verpflichtend anzuwenden. Allerdings können Steuerpflichtige die neuen Regelungen gemäß RFB Normative Ruling Nr. 2.132/2023 bereits freiwillig im Geschäftsjahr 2023 umsetzen. Um die neuen Regelungen vorzeitig nutzen zu können, ist es notwendig, die brasilianischen Steuerbehörden zwischen dem 1. und dem 30. September 2023 darüber zu informieren.

 

Zeitnah Handlungsbedarf für die Verrechnungspreispraxis in Brasilien

Aufgrund der umfangreichen und ggf. vorteilhaften Änderungen der Verrechnungspreisvorschriften sollten in Brasilien tätige, multinationale Unternehmensgruppen die Auswirkungen der neuen Vorschriften auf ihre operativen Geschäftsaktivitäten bzw. die Verrechnungspreispraxis in Brasilien zeitnah dahingehend überprüfen, ob bereits eine frühzeitige Anwendung der neuen Vorschriften im Geschäftsjahr 2023 aus steuerlicher Sicht sinnvoll sein könnte. Eine Entscheidung des Steuerpflichtigen, ob die neuen Verrechnungspreisvorschriften bereits im Jahr 2023 umgesetzt werden, muss spätestens im September fallen.

Und auch wenn sich eine frühzeitige Anwendung ab 2023 nicht umsetzen lässt, sollten in Brasilien tätige, multinationale Unternehmensgruppen mit grenzüberschreitenden, konzerninternen Transaktionen zeitnah ihre derzeitige Verrechnungspreisstruktur überprüfen und ggf. anpassen. Somit können multinationale Unterneh­mensgruppen nicht nur die Einhaltung der künftig geltenden Verrechnungspreisvorschriften in Brasilien gewährleisten, sondern ggf. auch von den Vorteilen eines global weitgehend einheitlichen Verrechnungspreis­system profitieren. Denn durch die Annäherung der Vorschriften in Brasilien an die Standards der OECD besteht nun die Möglichkeit, eine brasilianische Tochtergesellschaft in das globale Verrechnungspreissystem der Unternehmensgruppe einzubinden.

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