Italien: Liquiditätsverordnung – Bedingungen des Finanzierungszugangs

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veröffentlicht am 21. April 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

  

Mit dem Erlass der sog. „Liquiditätsverordnung” (Gesetzesdekret Nr. 23/2020) hat die italienische Regierung die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen und Fachleuten, die teilweise bereits in den vergangenen Wochen durch das sog. „Cura Italia” Dekret vom 18. März (Gesetzesdekret Nr. 18/2020) eingeführt worden waren, erheblich verstärkt.

  

  

Um Unternehmen nach einem langen Zeitraum der Zwangsstilllegung umgehend Liquidität zu garantieren, wurde ihnen bis zum 31. Dezember 2020 der Zugang zu Formen der Bankfinanzierung ermöglicht, die vollständig durch Bürgschaften auf erste Anforderung abgedeckt und vom italienischen Staat über die Gesellschaft Sace S.p.A. sowie den Zentralen Garantiefonds für kleine und mittlere Unternehmen gewährt werden.

 
Die Maßnahme, die bis zu einem Maximalbudget von 200 Milliarden Euro gewährt wird und Finanzierungs­zeiträume von höchstens 6 Jahren betrifft, hat vor kurzem grünes Licht von der Europäischen Kommission erhalten und ist somit nun voll wirksam.

 

Allerdings ist der Finanzierungszugang an die Einhaltung bestimmter Bedingungen geknüpft, darunter die Verpflichtung der Empfängerunternehmen, für die nachfolgenden 12 Monate keine Dividenden auszuzahlen sowie die Finanzierung für die Stützung der Personalkosten und der Kosten der in Italien angesiedelten Produktionsaktivitäten zu verwenden.

 

Darüber hinaus legt Artikel 1 (Absatz 2, lit. l) des Liquiditätsverordnung – unter den verschiedenen Voraus­setzungen für die Inanspruchnahme des Kredits – fest, dass Unternehmen verpflichtet sind, das Beschäftigungs­niveau durch spezifische Gewerkschaftsvereinbarungen zu verwalten.

 
Diese Bestimmung verfolgt zwar ein lobenswertes Ziel, ist aber jedoch nicht frei von kritischen Aspekten und lässt – höchstwahrscheinlich aufgrund der sehr kurzgefassten Formulierung – viele Fragen offen.


Insbesondere stellt sich die Frage, unter Einhaltung welcher Fristen die Vereinbarung mit den Gewerkschaften unterzeichnet zu werden hat und daher, ob sie notwendigerweise vor dem Finanzierungsantrag eingereicht werden muss.

 
Aufgrund der vom Gesetzgeber geforderten "Verpflichtung" zur Verwaltung des Beschäftigungsniveaus und des physiologischen Zeitrahmens für die Erzielung einer Vereinbarung mit den Gewerkschaften scheint es aus­reichend zu sein, zum Zeitpunkt der Antragstellung eine formelle Verpflichtungserklärung zur unverzüglichen Einleitung der Verhandlungen mit den Gewerkschaften abzugeben. Es ist jedoch sicher, dass Unternehmen  – solange konkrete Zweifel an der Möglichkeit der Aufrechterhaltung des normalen Beschäftigungsniveaus bestehen – berücksichtigen müssen, dass ab dem Zeitpunkt der Einreichung des Finanzierungsantrags gemäß Art. 1 des vorgenannten Gesetzdekretes jede Reduzierung des Beschäftigungsniveaus zum Verlust der Finanzierung führen würde, falls das nicht zuvor durch eine spezifische Vereinbarung mit den Gewerkschaften genehmigt worden ist.

 

Unklar ist auch, welche Kategorien von Arbeitnehmern effektiv von der Verwaltung des Beschäftigungsniveaus betroffen sind.

  
I.d.R. sollten jedoch nur unbefristete Arbeitsverhältnisse (einschließlich Auszubildende) berücksichtigt werden, mit Ausschluss von befristeten Arbeitsverträgen und Arbeitnehmerüberlassungsverhältnissen, da diese Kategorien von Arbeitnehmern nicht dauerhaft Teil der Unternehmensorganisation sind. Ebenso scheinen eventuelle individuelle Kündigungsverfahren aus objektiv gerechtfertigtem Grund von der Berech­nung ausgeschlossen zu sein. In der Tat wird dieser Sachverhalt vom Liquiditätsverordnung nicht ausdrücklich erwähnt und, sofern keine neuen gesetzlichen Aktualisierungen eingeführt werden, gilt er weiterhin durch das „Cura Italia“ Dekret vom 18. März 2020 geregelt, das Kündigungen aus objektiv gerechtfertigtem Grund ab dem 18. Mai 2020 wieder durchführbar macht.

 

Aufgrund des oben Erläuterten ist es daher notwendig, weitere Klarstellungenzur konkreten Umsetzung der im Liquiditätsverordnung festgelegten Bedingungen abzuwarten. In der Zwischenzeit sollten Unternehmen jedoch umgehend mit einer sorgfältigen Prüfung beginnen, wie die Aussichten für den Erhalt ihrer Belegschaft aus einer langfristigen Perspektive aussehen könnten. Derzeit scheint jedoch sicher zu sein, dass der Mangel an Klarheit und Logik mancher Bestimmungen ein schwieriges Hindernis darstellt, um die von den Institutionen proklamierte Unmittelbarkeit und Rechtzeitigkeit zu garantieren, die in der gegenwärtigen Krisenzeit von entscheidender Bedeutung sind.

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