Mexiko: Aktuelle Lage zu Covid-19

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aktualisiert am 19. März 2020 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Covid-19 hat nun auch Mexiko erreicht. Ein jüngster Fall eines deutschen Geschäfts­reisenden, der in Puebla positiv getestet wurde, hat die Medien und Bevölkerung aufhorchen lassen. Aktuell wurden bei Audi Mexiko die Bänder angehalten, jedoch insbesondere aus zulieferlogistischen Gründen. 

 

 

Aktuelle Lage

Covid-19 hat nun auch das Werk von Volkswagen in Puebla, Mexiko erreicht. Am Abend des 9. März 2020 wurde bei einem externen Dienstleister deutscher Nationalität der Virus bestätigt. Vor seiner Reise von Deutsch­land nach Mexiko am 4. März 2020 befand sich der Betroffene in Südtirol, wo er sich vermutlich infizierte. Volkswagen hat direkt Maßnahmen ergriffen und die Mitarbeiter informiert und all diejenigen, die mit dem Betroffenen in Kontakt waren, dazu aufgefordert zu Hause zu bleiben. Ebenso soll der genannte Personenkreis wiederum ent­sprechende Kontakt­protokolle abgeben. Neben diesem Fall sind bislang 92 weitere Fälle einer Erkrankung an dem Covid-19 in Mexiko bestätigt, jedoch reihen sich die Schlangen vor den Krankenhäusern mit Symptomträgern, allerdings bei nicht mehr verfügbaren Tests.

    
Die Bundesregierung setzt derzeit primär auf Kampag­nen zu Hygienegewohnheiten und Quarantäne in bestimmten Fällen, damit die Ausbreitung des Covid-19 hinausgezögert werden kann und das Gesundheitssystem somit potenziellen Fällen kontrolliert mit ausreichender Kapazität begegnen kann. An Flughäfen werden derzeit keine außergewöhnlichen Maßnahmen er­griffen. Teilweise werden Fiebertests durchgeführt, das Reisen an sich wird derzeit nicht eingeschränkt. Die Botschaft an die Bevölkerung lautet, nicht in Panik zu geraten, keine Hamsterkäufe vorzunehmen und v.a. die entsprechenden Hygienemaß­nahmen umzusetzen. Büro­gebäude infor­mierten gewerbliche Mieter und weisen an, krank erscheinende Mitarbeiter nach Hause zu schicken.
 
Von einigen Behörden und öffentlichen Einrichtungen wurden bereits  Maßnahmen angeordnet und ergriffen. So hat zum Beispiel das Kultusministerium von 20. März bis 20. April 2020 an allen Schulen und Universitäten den Unterricht ausgesetzt, wobei einige Universitäten und Schulen schon vor dem festgelegten Zeitraum geschlossen wurden. In den Risikogebieten haben zahlreiche Fitnessstudios ihren Betrieb eingestellt und viele Unternehmen haben Home-Office angeordnet. Das Abgeordnetenhaus hat seine Tätigkeiten auf unbestimmte Zeit ausgesetzt und auch der oberste Gerichtshof  wird für den Zeitraum von 18. März bis 19. April 2020 sämtliche Aktivitäten einstellen. Die Regierung des Bundesstaates Puebla hat bekannt gegeben, dass Personen über 60 und schwangere Frauen, die in der öffentlichen Verwaltung arbeiten, vom 23. März bis 23. April 2020 unter Entgeltfortzahlung von ihrer Arbeitspflicht befreit werden; Müttern wird gewährt erst ab 11 Uhr den Arbeitsplatz zu betreten.
 
Die Regierung des Bundesstaates Mexiko-Stadt hat die Aussetzung öffentlicher und privater Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmer angeordnet und auch das Gesundheitsministerium empfiehlt, Events von mehr als 5.000 Personen bis auf weiteres zu verschieben.  Einige Gemeinden appellieren oder ordnen sogar an, dass private Veranstaltungen wie Hochzeiten, Taufen etc. abgesagt werden.
 
Insgesamt wird in Mexiko damit gerechnet, dass die Gesundheitskrise 12 Wochen dauern und ähnlich wie in China ablaufen wird.

 

Arbeitsrecht

Grundsätzlich sieht das mexikanische Bundesarbeitsgesetz in Art. 509 und 510 sowie die Norm NOM-019 vor, dass jedes Unternehmen Sicherheits- und Gesundheitsbeauftrage benennen muss bzw. eine entsprechende Kommission aus Vertretern des Arbeitsgebers und Vertretern der Arbeitnehmer bilden muss, die mögliche Gefahrenquellen und Ursachen für Krankheiten identifizieren sowie entsprechende Maßnahmen ergreifen sollen. Zudem soll dadurch der Informationsfluss zu den Mitarbeitern gewährleistet werden um in Situationen wie die Aktuelle vorbereitet und vor allem handlungsfähig zu sein.
 
In Branchen, in denen dies möglich ist, sollte Home-Office angeordnet werden, in jedem Fall sollten Hygienemaßnahmen ergriffen werden, und gegebenenfalls sollten  kürzere Arbeitszeiten oder Schichten eingeführt werden bzw. so organisiert werden, dass die Anzahl der Mitarbeiter die zur gleichen Zeit arbeiten auf ein Minimum reduziert wird.  In diesen Fällen muss das Unternehmen den Arbeitnehmern das volle Gehalt zahlen, solange die Behörden keine gesundheitlichen Vorkehrungen treffen.
 
Für den Fall, dass die Behörden die Einstellung der Arbeitstätigkeit anordnen, regelt das mexikanische Bundesarbeitsgesetz in Artikel 427 Abschnitt VII, dass die Arbeitstätigkeit bei Bestehen eines gesundheitlichen Risikos vorübergehend suspendiert wird und zwar je nach dem Dienstalter der Arbeitnehmer, d.h. der Mitarbeiter mit der kürzesten Betriebszugehörigkeit wird als erstes von der Arbeit freigestellt. In dem Zeitraum der Suspendierung, maximal zulässig bis zu einem Monat, ist den Arbeitnehmern der gesetzliche Mindestlohn von MXN 123,22 pro Tag zu zahlen; Schwangere oder stillende Frauen sowie minderjährige Mitarbeiter erhalten in jedem Fall das komplette Gehalt. Sobald kein gesundheitliches Risiko mehr vorliegt, müssten der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer sämtliche Aktivitäten wieder aufnehmen.
 
Arbeitnehmer in Quarantäne oder bereits erkrankte Arbeitnehmer dürfen nicht entlassen werden. Zu deren Lohnfortzahlung gelten die gesetzlichen Bestimmungen  bei Arbeitsunfähigkeit.
 
Kündigungen, die auf der Gesundheit der Arbeitnehmer beruhen, gelten als ungerechtfertigt und dem Arbeitnehmer muss die entsprechende verfassungsmäßige Abfindung bzw. Entschädigung bezahlt werden. Sofern seitens der Behörden nicht anderes angeordnet wird, gelten sämtliche arbeitsrechtliche Bestimmungen wie üblich, wobei an alle Arbeitgeber appelliert wird, arbeitnehmerfreundlich zu handeln und flexibel zu sein.
 
Das mexikanische Bundesarbeitsgesetz legt nicht fest, wie im Falle eines gesundheitlichen Notfalls mit Gehalts­zahlung zu verfahren ist. Grundsätzlich werden in Mexiko ab dem vierten Krankheitstag 60 % der Löhne von dem Sozialversicherungsinstitut, die sog. IMSS, fortgezahlt, solange wie die Arbeitsunfähigkeit besteht. Hierzu ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von einem von der IMSS zugelassenen Arzt erforderlich. Wird der Covid-19 von einem privaten Arzt festgestellt, so kann die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Familienan­gehörigen durch Vorlage der entsprechenden Dokumentation beantragt werden, damit eine weitere Ausbreitung des Covid-19 durch weitere Arztbesuche des jeweiligen Betroffenen vermieden werden kann.
Darüber hinaus wurde im Rahmen der Influenza H1N1 vor 11 Jahren von dem Gesundheitsministerium ein Protokoll ausgearbeitet, in welchem die Maßnahmen festgelegt werden, die während einer Pandemie zu ergreifen sind.

 

Dieses Protokoll ist für die aktuelle Situation nicht gültig, kann jedoch als Anhaltspunkt herangezogen werden. Danach muss der Arbeitgeber die Gesundheit der Arbeitnehmer überwachen und kranke Mitarbeiter müssen zu Hause bleiben. Die Behörden empfehlen dabei sicherzustellen, dass Fern­kommunikation verfügbar ist, und wenn möglich, Home-Office-Praktiken zu implementieren. Sofern der Arbeitgeber Home-Office anordnet, sind die Löhne wie üblich zu bezahlen, da die ent­sprechende Arbeits­­leistung erbracht wird.

     
Gemäß Artikel 132 Abschnitt XIX des mexikanischen Bundesarbeitsgesetzes hat der Arbeitgeber zudem die Ver­pflichtung während einer Epidemie, somit auch während einer Pandemie, den Arbeitnehmern alle prophy­laktischen Arzneimittel an Orten zur Verfügung stellen müssen, an denen endemische Krankheiten vorliegen oder die Gefahr einer Pandemie besteht. Darüber hinaus heißt es in Artikel 132 Abschnitt XIX desselben Gesetzes, dass die Arbeitgeber die von den Behörden erklärten Notfallbestimmungen befolgen und ihren Arbeitnehmern die von der Regierung angewiesenen Mittel zur Vorbeugung von Krankheiten während eines Gesundheitsnotfalls zur Verfügung stellen müssen. Falls Arbeitgeber den Anweisungen der Behörden nicht folgen, können entsprechend den geltenden Bestimmungen des mexikanischen Bundesarbeitsgesetzes und den vom Gesundheitsministerium festgelegten Bestimmungen Sanktionen verhängt werden.

 
Ferner werden Arbeitgeber aufge­fordert Plakate mit relevanten Informationen mit effizienten Hygienepraktiken anzubringen, Broschüren zu verteilen und ihren Mit­arbeitern Videos zu zeigen. In bestimmten Branchen müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass Oberflächen und allgemeine Bereiche einmal täglich, alle 12 Stunden oder sogar alle 4 Stunden nach dem Gebrauch je nach aktueller Alarmstufe gereinigt werden. Im Falle einer hohen Alarmstufe können die Behörden den Unternehmen anordnen, dass sie ihren Betrieb einstellen müssen.

 

Vertragsrecht

Bei Vertragsverletzungen während der Epidemie finden je nach Einzelfall die Haftungsregeln für höhere Gewalt Anwendung, allerdings sollte dabei beachtet werden, dass das Zivil- und Handelsrecht äußerst weit gefasst ist und die Beweislast bei der Partei liegt, welche sich auf höhere Gewalt beruft. Wir empfehlen hierbei wie folgt vorzugehen:  

  1. Überprüfen Sie, ob Versicherungspolicen vorhanden sind, die potenzielle Vertragsverletzungen unter diesen Umständen verhindern oder beheben. Das ist eher ungewöhnlich, da die meisten Policen für physische Hindernisse gewährt werden.
  2. Wenn eine Versicherungspolice besteht, befolgen Sie bitte die Verfahren zur korrekten Inanspruchnahme der Versicherung und legen Sie die von der Versicherungsgesellschaft geforderten Unterlagen vor.
  3. Analysieren Sie, ob die Verträge, die von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sein könnten, eine Klausel über höhere Gewalt beinhalten, über­prüfen Sie den Inhalt dieser Klausel, die auf den Fall anwendbare Gesetzgebung sowie alle weiteren Umstände im Zusammenhang mit dem Hindernis. 
  4. Befolgen Sie das im Vertrag festgelegte Verfahren zur ordnungsgemäßen Benach­richtigung Ihres Geschäftspartners. 
  5. Dokumentieren Sie alle Mitteilungen und außergewöhnlichen Umstände, damit im Falle eines Rechtsstreits eine geeignete Verteidigungs­strategie ausgearbeitet werden kann.

 

Fazit

Covid-19 wird voraussichtlich auch in Mexiko noch weitere Ausmaße annehmen. Stand heute (18.03.) herrscht seitens der Regierung noch die Ruhe vor dem Sturm, während sich bereits informierte Bürger mit Lebensmittel und Hygieneartikel eindecken. An vielen Stellen finden noch Großveranstaltungen statt und Bürger nutzen schulfreie Zeiten eher für Urlaubsausflüge. Hingegen werden Produktionen eingestellt und Büros sukzessive auf Home-Office-Lösungen umgestellt.
 

Sofern das Unternehmen noch keine Kommission für Sicherheit und Gesundheit  eingerichtet hat, sollte dies in jedem Fall erfolgen, um geordnete Abläufe und Informationsfluss zu garantieren und geeignete Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des Covid-19 zu ergreifen. Hierbei sollten die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden.
 

Aufgrund all dieser möglichen Maßnahmen, die bis zur Einstellung von Produktionen führen, ist in den meisten Branchen mit finanziellen Einbußen zu rechnen, was wiederum zu  Liquiditätsproblemen führen kann. Der mexikanische Arbeitgeberverband regt bei der Regierung daher an, dass liquiditätsfördernde Maßnahmen ergriffen werden, u.a. Beschleunigung von Steuererstattungen, vorübergehende Aussetzung der monatlichen Lohnsummensteuer, erleichterter Zugang zu Krediten und weiteres.

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