Dezentrale Energieversorgung: Fallstricke vermeiden und Kosten optimieren

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veröffentlicht am 18. März 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Lohnt sich der Aufbau einer dezentralen eigenen Energieversorgung für Unternehmen in Deutschland? Grundsätzlich: Ja! Allerdings sollte in bestehenden oder geplanten Konzepten auf unterschiedliche Fallstricke geachtet werden – anderenfalls droht der Verlust von Privilegien oder Zuschlagszahlungen.



Dezentrale Stromerzeugung – lohnt sich das?

Die Idee, den Strom dort zu erzeugen, wo er auch gebraucht wird, ist nicht neu; im Gegenteil – dezentrale Strom­erzeugungen sind älter als die Versorgung über das öffentliche Netz und könnten sogar als Nukleus der Energie­wirtschaft bezeichnet werden. Umso verwunderlicher erscheint es, warum der Gesetzgeber ebendas mit diversen Werkzeugen begrenzen möchte.

Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit ist schnell beantwortet: „Ja”. Und ebenso schnell eingeschränkt (wie so häufig im Leben): „Es kommt darauf an”:

  1. Wie wird der Strom erzeugt?
  2. Von wem wird der erzeugte Strom verbraucht?
  3. Wo wird der Strom verbraucht?


Die unterschiedlichsten Erzeugungstechnologien verursachen ebenso unterschiedliche Stromgestehungs­kosten. Bei der Berechnung der Stromgestehungskosten sollten möglichst alle zahlungswirksamen Positionen während der Anlagenlebensdauer sowie die dabei erzeugten Strommengen abgezinst berücksichtigt werden (LCOE-Ansatz). Neben den reinen Kosten der Errichtung werden so auch künftige Kosten – z.B. Reinvestitionen, verbrauchsgebundene Kosten (Gas etc.) oder die perspektivischen CO2-Kosten – abgebildet.

Die Stromgestehungskosten reichen bspw. bei Strom aus PV-Anlagen von ca. 10 ct/kWh bei kleineren Auf­dach­anlagen, bis deutlich unter 5 ct/kWh bei größeren Freiflächenanlagen – bei Strom aus BHKW-Anlagen sind ähnliche Spannen möglich. Verglichen mit dem Strompreis auf der Rechnung des Versorgers (ca. 15 bis 20 ct/ kWh; Tendenz steigend) wird schnell deutlich, dass in den meisten Fällen ein wirtschaftlicher Betrieb möglich sein müsste. Allerdings kommt es nun eben darauf an, von wem der Strom wo genutzt wird.

Hintergründe der weiteren Prüfaspekte sind die Zuschläge, Vergütungen und Umlagenprivilegierungen, die der deutsche Gesetzgeber in den richtigen Konstellationen gewährt. Zu prüfen sind demnach die Voraus­setzungen für die Zuschlagszahlungen nach dem KWKG, für die Vergütungen nach dem EEG sowie die Privile­gierungstatbestände nach dem StromStG und dem EEG.


Problematik der Personenidentität

Dabei ist insbesondere die Frage nach „Von wem?” häufig nicht ganz eindeutig zu beantworten. Zu klären ist z.B. in Bezug auf die (teilweise) Privilegierung der EEG-Umlage die Personenindentität des Betreibers der Stromerzeugungs­anlage und des Betreibers der Stromverbraucher. In vielen Fällen (z.B. Lieferungen an die Tochtergesellschaft oder Contracting-Modelle) ist die Personenidentität nicht zweifelsfrei gegeben.


Drittmengenabgrenzung

Weitere Fallstricke ergeben sich aus der oft vorzufindenden Konstellation, dass der eigens erzeugte Strom nicht nur selbst verbraucht wird, sondern (unbewusst) zeitgleich auch durch Dritte verbraucht wird. Oft zitierte Fälle, wie der Getränke-Automat oder der Funkmast, sind plakative Beispiele für Drittverbräuche, die (zumindest nach Einschätzung der BNetzA) über zulässige Bagatellmengen hinausgehen. Hausforderung dabei ist es, die Drittmengen zweifelsfrei von den privilegierten Mengen abzugrenzen.
 
Zielführend hat sich für den Umgang mit Drittmengen das folgende Vorgehen herausgestellt:

  1. Jegliche Drittmengen erfassen und bewerten. (Welche Drittverbräuche finden in welchem Umfang innerhalb der Kunden statt?)
  2. Sind die Drittverbräuche auf Dauer angelegt (keine kurzfristigen Handwerkertätigkeiten o.ä.)?
  3. Sind die Mengen wesentlich (also größer als Bagatellverbräuche – z.B. 3500 kWh/a)?
  4. Drittverbräuche richtig messen (Zeitgleichheit nachweisen, geeichte Zähler verwenden).
  5. Falls zulässig: Drittverbräuche richtig schätzen (gewillkürte Nachrangregel, Schlechterstellung etc.).
  6. Wenn möglich: Anderweitig den zweifelsfreien Eigenverbrauch sicherstellen.
  7. Ggfs. Drittverbräuche eliminieren.


Kundenanlagenproblematik

Auch die Frage danach, wo der Strom verbraucht wird, ist üblich schnell beantwortet. Risiken könnten in der Thematik dennoch schlummern, denn nicht jede Strominfrastruktur hinter dem Netzverknüpfungspunkt ist eine Kundenanlage – auch, wenn sie aktuell seitens des Netzbetreibers als solche behandelt wird. Insbesondere durch neuere Rechtsprechung wurden Hinweise herausgearbeitet, an denen eine erste Einschätzung abgeleitet werden kann. So könnte z.B. ein Werksstandort, der sich links und rechts von einer mehrspurigen öffentliche Straße befindet, möglicherweise nicht (mehr) als einzelne Kundenanlage eingestuft werden. Folgen davon könnten neben deutlich höheren Netzkosten auch – insbesondere in Bezug auf die Eigenstromnutzung  der Verlust der EEG-Umlagenprivilegierungen der ggfs. dann nicht mehr der Kundenanlage zugehörigen Ver­brau­cher sein.


Fazit

Der Betrieb von dezentralen Erzeugungsanlagen lohnt sich nach wie vor. Die Wirtschaftlichkeit entsprechender Projekte kann zudem deutlich gesteigert werden, wenn möglichst hohe Eigenverbrauchsquoten erreicht werden. Andererseits können die besten Projekte wirtschaftlichen Schiffbruch erleiden, sofern die genannten Stolperfallen nicht umgangen werden. Die hohe Komplexität kundenanlageninterner Lieferbeziehungen kann mit modernen Softwarelösungen zudem deutlich vereinfacht und rechtssicher abgewickelt werden.

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Wirtschaftsingenieur (B.Eng.), M.A. Europäische Energiewirtschaft

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