Mitgeschaftsführer französischer GmbH: Individuelle Haftung hinsichtlich selbst verursachter Fehler

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veröffentlicht am 22. Februar 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten


In einer Entscheidung vom 25. Januar 2023 (Cass. Com., 25. Januar 2023, n°21-15.772) bestätigte die Handelskammer der Cour de Cassation (französischer Bundesgerichts­hof) die Möglichkeit, die individuelle Haftung eines der Mitgeschäftsführer einer französischen GmbH („société à responsabilité limitée“ oder „SARL“) in Frage zu stellen. 

   
In diesem Fall wollte die Gesellschaft die individuelle Haftung einer einzigen ihrer Mitgeschäftsführerinnen durch eine auf Artikel L 223-22 des französischen Handelsgesetzbuches gestützte Haftungsklage wegen Geschäftsführungsfehlern in Frage stellen, weil sie der Gesellschaft Kosten für den Stromverbrauch aufgebür­det hatte, die dem Betrieb einer anderen Gesellschaft zuzurechnen waren, an der die Geschäftsführerin Anteile hielt.
 
Die Forderungen der Gesellschaft wurden vom Berufungsgericht (CA Nouméa, 28. Jan. 2021, Nr. 19/00134) abgewiesen, welches entschied, dass bei mehreren Geschäftsführern die gemeinsame Haftungsklage gegen alle Mitgeschäftsführer und nicht nur gegen die von den Vorwürfen betroffene Geschäftsführerin eingereicht werden müsse.
 
Nach der beim Cour de Cassation eingelegten Berufung hob dieser das Urteil unter Bezugnahme auf Artikel L. 223-22 des französischen Handelsgesetzbuchs auf und stellte fest, dass mehrere Geschäftsführer nicht verhin­dern können, einzeln haftbar gemacht zu werden.
 
In anderen Worten: Im Falle eines Managementfehlers kann die Gesellschaft – oder einer ihrer Gesellschafter per Klage ut singuli – beschließen, einen, mehrere oder alle Geschäftsführer, die an der fehlerhaften Handlung beteiligt waren, zu verklagen. Im Falle einer Mitverantwortlichkeit kann der von der Gesellschaft verklagte Mit­ge­schäftsführer dennoch die anderen Mitgeschäftsführer auf Zwangsintervention verklagen, damit das Gericht den Beitragsanteil jedes Einzelnen an der Wiedergutmachung des Schadens feststellen kann (Artikel L. 227-22, Abs. 2 frz. Handelsgesetzbuch).
 
Diese Entscheidung bestätigt und verstärkt das Interesse eines Mitgeschäftsführers, seinen Widerspruch gegen eine von einem anderen Mitgeschäftsführer getroffene Entscheidung, die er für die Gesellschaft als schädigend erachtet, gegebenenfalls zu formalisieren und zu kennzeichnen. Sein Widerspruch kann in schriftlicher Form (per E-Mail, Brief, Einschreiben an die Gesellschafter oder in schwierigen Situationen durch einen Gerichtsvoll­zieher) festgehalten werden, um seine Verteidigung bei einer eventuellen Haftung zu stärken.
 
Zur Orientierung: Bei Fehlern von Mitgliedern der Kollegialorgane in einer SAS (Verwaltungsrat und Vorstand) und in SAS (Ad-hoc-Organe) wird aufgrund des kollegialen Charakters des Organs von einem kollektiven Fehl­verhalten ausgegangen. Um seine Haftung abzuwenden, sollte der Geschäftsführer den Beweis für sein profes­sionelles, umsichtiges und sorgfältiges Verhalten im Kollegialorgan nachweisen, und zwar nicht nur durch Widerspruch gegen die in Frage gestellte Entscheidung, sondern auch durch seine Alternativvorschläge und Bemühungen, um die Unrechtmäßigkeit der besagten Entscheidung zu verdeutlichen.

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