Wirtschaftsprüfer in Indien: Umfassende Vorgaben verstehen, Vorteile richtig nutzen

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veröffentlicht am 25. November 2020 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Für alle Gesellschaften in Indien sind eine Reihe von Testaten verpflichtend. Mutter­gesellschaften aus dem deutschsprachigen Raum können den indischen Wirtschafts­prüfer und die vielfältigen Prüfungen nutzen, um die Tochtergesellschaft und das indische Joint Venture wirksam zu kontrollieren und Transparenz zu schaffen.

 


Indische Rechnungslegung

Jede indische Gesellschaft hat ihre Bücher nach indischer Rechnungslegung zu führen und einen Jahresab­schluss aufzustellen. Er ist auch für kleinere Gesellschaften recht detailreich. Geschäftsvorfälle mit verbun­denen Unternehmen sind gesondert auszuweisen, was für das Wirtschaftsprüfertestat zu Verrechnungspreisen sehr bedeutsam ist, wie im Folgenden näher erläutert.


Prüfungspflicht

Es ist auch für kleine Gesellschaften zwingend, eine gesetzliche Abschlussprüfung durchzuführen („Statutory Audit”). Je nach Umfang der Tätigkeit kommen diverse weitere Pflichtprüfungen hinzu. Das Geschäftsjahr richtet sich dabei in aller Regel nach dem steuerlichen Finanzjahr – Letzeres ist nach wie vor zwingend der Zeitraum vom 1. April bis 31. März. Da viele europäische Unter­nehmens­gruppen das Kalenderjahr als Ge­schäfts­jahr führen, muss für die indische Beteiligung ein Zwischenabschluss erstellt werden zum Zwecke der Überleitung in die Konzernbilanz.


Pflichtprüfungen nach indischem Recht für kleine und mittelgroße Gesellschaften

Pflichtprüfung („Statutory Audit”)

Die Pflichtprüfung ist nach dem Companies Act 2013 und den Companies (Audit and Auditors) Rules 2014 geregelt. Sie ist auch für Zeiten durchzuführen, in denen keine oder nur geringe Geschäftsvorfälle stattfanden. Für das Jahr der Gründung kann ein Zeitraum von bis zu 15 Monaten gewählt werden, um die Formalien zu vereinfachen. Der Jahres­abschluss­prüfer – zwingend ein Mitglied des indischen Institute of Chartered Accountants – wird durch das „Board of Directors” der Gesellschaft bestellt und muss dem Handelsregister zeitnah formgerecht gemeldet werden.


Steuerbilanzprüfung („Tax Audit”)

Die Prüfung erfolgt auf Basis des Income Tax Act 1961 für Gesellschaften mit einem Jahresumsatz von über 50 Mio. indischen Rupien oder nennenswerten Einnahmen in Form von Barzahlungen. Die Dokumentation führt eine Anpassung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses auf steuerliche Regelungen durch. Es müssen dabei in Formularform zahlreiche steuerlich relevante Vorgänge offengelegt und durch einen Wirtschaftsprüfer testiert werden. Die Daten werden in maschinenlesbarer Form eingereicht und können dadurch vom Finanzamt aufbereitet und plausibilisiert werden. Das Tax Audit – wenn vorgeschrieben – ist auch Grundlage für die Steuer­erklärung der Gesellschaft.


Umsatzsteuerprüfung („Goods and Services Tax/GST Audit”)

Dieses Testat wird auf Basis des Goods and Services Tax Act 2017 erbracht und ist für Gesellschaften ab einem Umsatz von 50 Mio. indischer Rupien vorgeschrieben. Es wird in Detailform die Befolgung der Regelungen des Umsatzsteuerrechts bestätigt, insbesondere die schlüssige Meldung der Daten zu Vorsteuer und Steuerschuld. Auch dabei verlangen die Finanzbehörden eine maschinenlesbare Einreichung, die den Abgleich mit der sehr detaillierten unterjährigen Compliance und die interne automatisierte Abstimmung ermöglicht.


Verrechnungspreisprüfung („Transfer Pricing Audit”, auch „Form 3CEB” genannt)

Verpflichtend vorgeschrieben ist die Verrechnungspreisprüfung für alle Gesellschaften, die Geschäftsvorfälle mit verbundenen Unternehmen abwickelten. Im Falle ausländisch investierter Gesellschaften ist das nahezu immer gegeben. Das „Form 3 CEB” muss zusammen mit der Steuererklärung eingereicht werden. Jeder indische Chartered Accountant kann das Testat ausstellen. Für die rechtssichere Erfüllung der Pflicht muss der Prüfer jedoch hohe Sachkunde im Bereich der steuerlichen Verrechnungspreise besitzen. Ein Augenmerk ist auf die Abstimmung mit dem gesetzlichen Jahresabschluss zu legen: die Daten über Transaktionen mit verbundenen Unternehmen müssen abgestimmt sein, was erfahrungsgemäß sonst als Fehler durch das Finanz­amt bean­standet wird und steuerliche Nachteile nach sich zieht. Inhaltlich wird das Transfer Pricing Audit nur dann eine belastbare Position darstellen können, sofern die Transaktionen mit verbundenen Unter­nehmen Teil einer Verrechnungspreisplanung sind, die gerade auch die indischen Anforderungen berücksichtigt.


Weitere gesetzliche Prüfungen

Das indische System kennt eine Reihe von weiteren Prüfungen mit vorgegebenem Inhalt, die für größere Gesellschaften vorgeschrieben, aber als freiwillige Prüfungen ebenso durchgeführt werden können; ins­besondere:

  • Internal Financial Control Audit (Prüfung internen Kontrollsystems zu finanziellen Vorgängen);
  • Cost Audit (Prüfung des Systems der Aufwandserfassung gemäß den Cost Records and Audit Rules 2014);
  • Internal Audit (unterjährige Prüfung des internen Kontrollsystems).

 

Das Mittel für alle Fälle: Sonderprüfungen/Limited Reviews

Durch die vorstehenden bereits bestehenden Systeme können in Indien auch anlassbezogen oder regelmäßige Prüfungen geplant werden, die passgenau vermutete oder bekannte Schwachstellen ausleuchten und für Transparenz sorgen. Erfahrene Fachberater und Wirtschaftsprüfer definieren in zahlreichen Fällen sinnvolle Prüfungsaufträge und Prüfungsrahmen. Auf die Weise kann ein Gesellschafter gerade bei einem Joint Venture oder auch zu passender Zeit bei der eigenen Tochtergesellschaft das eingefahrene System kritisch hinterfragen und die Ergebnisse objektiv berichten lassen.

Häufige Fälle aus der Praxis, die in die Kategorie fallen, sind der Financial Health Check und Complince Health Check. Deren Inhalte sind nicht gesetzlich definiert, sondern nach individueller Anforderung zu definieren. Mit den indischen Verhältnissen erfahrene Berater können dazu sowohl den Prüfungsumfang jeweils passgenau vorschlagen und abstimmen als auch anschließend effizient und strukturiert die Fragestellungen bearbeiten sowie dazu berichten.


Wie finde ich den „richtigen” indischen Wirtschaftsprüfer?

Wirtschaftsprüfer in Indien werden durch das „Institute of Chartered Accountants of India” umfassend berufs­rechtlich kontrolliert. Auch bei einem scheinbar rein formalen Thema wie dem Wechsel des Wirtschaftsprüfers müssen standesrechtliche Vorgaben beachtet werden. Sachgerechte Planung und Begleitung hilft dabei, unge­wollte und leider häufige formale Hindernisse beim Wechsel des Prüfers zu vermeiden.

Da alle Gesellschaften prüfungspflichtig sind, steht eine extrem große Zahl von Prüfern und Prüfungsgesell­schaften zur Verfügung. In Indien sind fast 300.000 Wirtschaftsprüfer registriert und die sachgerechte Aus­wahl stellt eine große Herausforderung für den ausländische Gesellschafter dar. Kriterien sind insbesondere:

  • die Erfahrung in der Betreuung ausländisch investierter Gesellschaften,
  • die Erfahrung mit der Schnittstelle zum deutschen HGB oder vergleichbaren Regelungen in Österreich/Schweiz,
  • eine sinnvolle Kommunikation und
  • ein Ansprechpartner mit Verständnis für westliche Arbeitsweisen und Anforderungen.


Es ist aus der langjährigen Erfahrung Vorsicht geboten bei einem Näheverhältnis zwischen dem Wirtschafts­prüfer und den Schlüsselpersonen des Managements. Gerade in Indien sieht sich ein „traditioneller” Wirt­schafts­prüfer oft als „Gehilfe” des Managements darin, Themen möglichst unauffällig zu „lösen”, was oft dazu führen wird, dass der Gesellschafter im Ausland gar nicht oder nur zufällig auf Ungereimtheiten stößt. Pro­bleme tauchen dann nach Jahren auf, wenn das „Kind in den Brunnen gefallen” ist. Die beschriebenen Sonder­prüfungen, durchgeführt durch Berater/Prüfer, die bisher nicht in den laufenden Betrieb involviert waren, sind ein sehr wirksames Korrektiv für solche Konstellationen.


Fazit: Indien transparent machen durch sachgerechte Prüfungen

Die vielfältigen formalen Anforderungen wird ein ausländischer Investor als Chance sehen, die Compliance der Gesellschaft zu stärken und dadurch späteren kostspieligen „Reparaturen” vorzubeugen. In Indien gibt es, bei sorgfältiger Auswahl, fachkundige Professionals, die systematisch für Rechtssicherheit und Transparenz sorgen können.

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