Lieferketten-Risikomanagement für deutsche Unternehmen in Griechenland

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veröffentlicht am 15. September 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Dirk Reinhardt, Rechtsanwaltsgesellschaft Michelis – Strongylaki – Reinhardt


Als deutsches Unternehmen sind Sie durch das deutsche Lie­fer­kettensorgfalts­­pflich­ten­ge­setz verpflichtet, Vertragspartner in Ihrer Lieferkette einer Due-Diligence-Prü­fung zu unterziehen, Risiken für die Menschenrechte zu identifizieren und Maßnah­men zu ergreifen, diese Risiken zu entschärfen.


Gemäß dem angeführten Gesetz wird von Ihnen, wenn Sie Geschäftsbeziehungen mit griechischen Un­ter­neh­men unterhalten und Niederlassungen in Griechenland gegründet haben, erwartet, sich etwaigen Risiken für die Menschenrechte bewusst zu sein, die in diesem europäischen Land entstehen könnten. Außerdem müssen Sie sicherstellen, dass die Unternehmen, mit denen Sie zusammenarbeiten, in ihrer Lieferkette die Menschen­rechte respektieren.

Zunächst muss beachtet werden, dass Griechenland ein Staat ist, in dem Klein- und Mittelbetriebe vor­herr­schen, die relativ schwierig zu überwachen sind und die bisweilen – aus Ressourcenmangel – den Schutz der Menschenrechte nicht als erste Priorität ansehen und nicht alle Präventivmaßnahmen ergreifen, um den Auf­lagen der entsprechenden Gesetzgebung zu genügen.

Darüber hinaus hat Griechenland noch mit den Folgen einer langen Wirtschaftskrise zu kämpfen, die negative Auswirkungen auf den Lebensstandard der Bürger hatte und Risiken für die Menschenrechte mit sich brachte, da die Arbeitslosigkeit stieg und die Mittel für Sozialleistungen reduziert wurden.

Es ist beispielsweise erwähnenswert, dass Griechenland im Geschlechter-Gleichstellungsindex des Eu­ro­päischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) an 27. Stelle der EU-Länder liegt und im Globalen Rechts­index (Skala 1-5) für die Freiheit gewerkschaftlicher Organisation und Arbeitnehmerrechte des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) mit 4 bewertet wird.

Des Weiteren ist zu beobachten, dass viele griechische Unternehmen noch nicht die geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten ergriffen haben, wie in der Daten­schutz­grundverordnung vorgesehen, deren Umsetzung mit Gesetz 4624/2019 sichergestellt werden soll.

Es werden jedoch Anstrengungen von Regierung und Betrieben unternommen, die oben angeführten Umstände zu verbessern, grünes Unternehmertum und Nachhaltigkeit zu fördern sowie die Eliminierung von Diskri­mi­nie­rung jeglicher Art am Arbeitsplatz sicherzustellen.

Obwohl es noch kein Rahmengesetz zur Regelung der Corporate Governance, für verantwortungsvolles Lieferketten-Management, für die Respektierung der Menschrechte am Arbeitsplatz usw. existiert, gibt es zahl­reiche gesetzliche Regelungen, die mit diesen Themen in direktem Zusammenhang stehen.

In dieser Hinsicht sollte Gesetz 4403/2016 Erwähnung finden, das Richtlinie 2013/34/EU in die nationale Gesetzgebung übernahm. Nach diesem Gesetz werden Privatunternehmen, vor allem größere AG, verpflichtet, einen Jahresbericht der Geschäftsführung zu veröffentlichen, der nicht nur die die Analyse der finanziellen Unternehmensdaten, sondern auch die Analyse der sozialen und umweltbezogenen Aspekte ihrer Arbeit bein­haltet. Speziell sollte er die Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten auf soziale Themen und Arbeit, auf Gesundheit und Sicherheit, die konkreten Maßnahmen des Unternehmens zur Sicherung der Gleichstellung der Geschlechter und der gewerkschaftlichen Rechte, Antikorruptionspolitik usw. sowie die Ergebnisse und die Folgen solcher Maßnahmen und Politiken analysieren.


Ein weiterer wichtiger Schritt war das griechische Gesetz 4808/2021, welches das „Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt“ und das „Übereinkommen über den För­­derungs­rahmen für den Arbeitsschutz“ der Internationalen Arbeitsorganisation (engl: ILO) ratifizierte und die EU-Richtlinie 2019/1158 „zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ in griechisches Recht übernahm. In diesem Gesetz, das wichtige Bestimmungen über individuelle und kollektive Arbeitsrechte enthält, ist das Verbot aller am Arbeitsplatz auftretenden Formen von Gewalt und Belästigung inklusive geschlechtsspezifischer Gewalt verankert. Jeder Arbeitgeber ist, unabhängig von der Zahl der Be­schäftigten, verpflichtet, alle diesbezüglichen Beschwerden entgegenzunehmen und zu prüfen sowie die zu­ständigen Behörden bei der Untersuchung solcher Beschwerden zu unterstützen. Des Weiteren müssen Unter­nehmen, die mehr als zwanzig Personen beschäftigen, eine interne Politik zur Handhabung von Beschwerden über Belästigung und Gewalt implementieren.

Immer mehr Unternehmen implementieren Verhaltensnormen, eine CSR-Politik (CSR: Corporate Social Responsibility/soziale Verantwortung der Unternehmen) und geben den Menschenrechten, dem nachhaltigen Unternehmertum, der Sorgfaltspflicht, der Bekämpfung von Korruption sowie dem Schutz von Gesundheit und Umwelt usw. Priorität; gemeinnützige Organisationen wie CSR Hellas und ihre Mitglieder unterstützen die Imple­mentierung dieser Ziele auf dem griechischen Markt.

Zusammenfassend bestehen für deutsche Unternehmen, die in Griechenland geschäftlich tätig sind, keine erheblichen Gefahren in Bezug auf die Menschenrechte, dank dem vielfältigen und umfangreichen rechtlichen Rahmen, der sie schützt. Es gibt jedoch einige Risiken zu berücksichtigen, die auf die sozioökonomischen Be­dingungen des Landes zurückzuführen sind. Daher sind Audits über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten bei zukünftigen und gegenwärtigen Partnern, die Auferlegung einer vertraglichen Haftung für Verletzungen der Menschenrechte und die Sicherstellung von Transparenz der Schlüssel für ein erfolgreiches Lieferketten-Risikomanagement.

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