Malaysia: Rückblick 2015 und Ausblick 2016

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zuletzt aktualisiert am 10. Februar 2016  

von Dr. Dirk Oetterich

 

Malaysias Wirtschaft musste im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr 2014 (BIP-Wachstum: 6 Prozent) einen spürbaren Rückgang des Wirtschaftswachstums auf eine BIP-Wachstumsrate von 4,9 Prozent verkraften. Wichtige Strukturprojekte wurden auf Eis gelegt, nachdem der Ölpreis einbrach und PETRONAS ein Drittel des Haus­halts­ein­kommens beisteuert.  Dafür wurden jedoch Bauprojekte rasanter aus dem Boden gestampft als die Nachfrage wachsen konnte, so dass Leerstände von Büro- und Wohnräumen zu drückenden Mietpreisen führten.
 
Der Verfall der malaysischen Währung (Ringgit, MYR) im Jahr 2015 war und ist nicht nur für Unternehmen mit direktem Auslandsbezug spürbar. Von April bis September des vergangenen Jahres hat der Ringgit gegenüber dem Euro knapp ein Drittel seines Wertes verloren, so dass Importgüter sich wesentlich verteuerten. Die Auswirkungen des Währungsverfalls bekam auch der deutsche Mittelstand zu spüren. Finanziert er sich in den meisten Fällen über Euro-Darlehen des Stammhauses, führten die Neubewertungen der Verbindlichkeiten zu erheblichen Kursverlusten. 
 
Rückblickend auf das Jahr 2015 war die Einführung eines mehrstufigen Umsatzsteuersystems, der „Goods-and-Services-Tax” (GST), nicht nur unter Steuerexperten, sondern in der gesamten Bevölkerung ein zentrales Thema. Einige Unternehmen nutzten die Einführung der GST zur Rechtfertigung von Preiserhöhungen, wenngleich der Wegfall von der „Sales & Service Tax” zur Entlastung der Gewerbetreibenden beitrug. Hingegen erfuhren Unternehmen vor Ort erschwerte Bedingungen und lange Bearbeitungszeiten zur umsatzsteuerlichen Registrierung, so dass Vorsteuerbeträge verloren gingen. Zwar versprach die Regierung vor Einführung der GST zügige Rückerstattungen von Vorsteuerüberhängen, tatsächlich werden die Umsatzsteuererklärungen mit Vorsteuerüberhängen Monate nach Abgabe bearbeitet und oftmals dann auf künftige Umsatzsteuerlasten angerechnet.
 
Nicht zuletzt registrierte man in Malaysia auch das Wanken des wichtigsten Handelspartners China. Die  schwächelnde Wirtschaft im Reich der Mitte mit negativem Einfluss auf exportorientierte Branchen auf der einen Seite zeigte andererseits, dass der zunehmende Wohlstand der Bevölkerung zu erheblichen Wachstumsraten im Privatkonsum führte. Doch trotz aller (welt)wirtschaftlichen Herausforderungen profitierte Malaysias Wirtschaft auch im vergangenen Jahr von seiner geographischen Lage und seiner wettbewerbsfähigen Struktur zur Ansiedlung weiterer Produktions- und Distributionsunternehmen, die von Malaysia aus den (südost-)asiatischen Vertriebsraum abdecken.
 

Neuerungen im  Jahr 2016

Im Jahr 2016 sollen nach ursprünglicher Budgetplanung jährliche Einkommen ab 400.000 Ringgit (ca. 90.000 Euro) stärker besteuert werden. Der Spitzensteuersatz erhöht sich um 3 Prozent-Punkte auf 28 Prozent und gilt auch für Einkommen von Gebietsfremden, also für kurzzeitige Expatriates und Betriebsstätten, wird jedoch dann als Flatrate angewandt. Hingegen werden die Körperschaftsteuersätze um einen Prozentpunkt gesenkt, für zu versteuerndes Einkommen bis 500.000 Ringgit (ca. 110.000 Euro) gilt ein Körperschaftsteuersatz von 19 Prozent, Einkommen von mehr als 500.000 Ringgit werden mit einem Satz von 24 Prozent besteuert. 
 
Der umstrittene Prime Minister Najib Razak verkündete Ende Januar 2016 sein nachfrageorientiertes Haushaltsprogramm, welches nach seinen Angaben eine Erhöhung privater Konsumausgaben um 8 Milliarden Ringgit (ca. 1,7 Mrd. Euro) versprechen soll. Das keynesianisch geprägte Paket sieht insbesondere eine Reduzierung der Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung um 3 Prozent-Punkte sowie  Steuererleichterungen für mittlere Einkommen vor. Die erst im Jahr 2015 eingeführte und in der breiten Bevölkerung kritisierte Umsatzsteuer wird weiterhin mit einem Satz von 6 Prozent erhoben. Die Finanzierung des Budgets basierte auf einem kalkulierten Ölpreis von 31 US-Dollar/Barrel. Außerdem kündigte Razak an, Steuerhinterziehung verstärkt zu verfolgen, aber im Gegenzug Straferleichterungen für nachgemeldete Steuern aus Vorperioden zu geben. Schließlich soll die Aussetzung der Visumspflicht für chinesische Besucher die Tourismusbranche ankurbeln.
 
Ebenfalls Ende Januar 2016 beschloss der Malaysische Senat die Unterzeichnung des Freihandelsabkommen TPP (Trans-Pacific Partnership). Das TTP ist ein geplantes Abkommen zwischen zwölf Ländern, neben Malaysia auch die USA, Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam. Hauptpunkt der Vereinbarung ist der Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen, aber es finden sich auch Schiedsgerichtsregelungen und die Durchsetzung eines strengeren Urheberrechts in der Vereinbarung. Insbesondere letzterer Punkt ist Anlass kontroverser Diskussion, weil sich die Durchsetzung amerikanischen Urheberrechts u.a. auf die Freiheit des Internets, des technischen Handels und auf den Vertrieb von Generika-Medikamenten auswirken kann. Nichtsdestotrotz entschied sich der Senat zum Beitritt der Partnerschaft, einerseits weil er sich Investitionen aus starken Staaten erhofft, andererseits befürchtet Malaysia, Vietnam würde sich als starker wirtschaftlicher Konkurrent, insbesondere in der Automobilindustrie, gegen Malaysia behaupten können. Die Ratifizierung des Abkommens wird nicht vor 2018 erwartet.
 

Mangel an verfügbaren Fachkräften wird zur Herausforderung

Mit einer konstanten Arbeitslosenquote von 3 Prozent ist dem malaysischen Arbeitsmarkt Vollbeschäftigung zu unterstellen. Vollbeschäftigung ist der beste Beweis für einen funktionierenden Wirtschaftsmotor und bietet optimistische Chancen auf dem Absatzmarkt, allerdings klagen Unternehmen über kaum verfügbares und qualifiziertes Personal. Denn mehr und mehr der gut ausgebildeten Fachkräfte sind bereits vom Markt oder wandern ab. Das Gewinnen neuen und qualifizierten Personals ist bereits jetzt eine globale Herausforderung, die sich auch in Malaysia zeigt. Die ohnehin schwierige Suche nach passenden Fachkräften für deutsche und europäische Unternehmen wird sich 2016 demzufolge weiter verschärfen. Die Regierung unterdessen teilte mit, dass ein Teil der Beiträge, die durch nachgemeldete Steuern zustande kommen, in den „Human Resources Development Fund” einfließen zu lassen und damit die  Ausbildung und Qualifizierung von insbesondere ungelernten Kräften zu fördern.
 
Inwieweit solche Geschenke die kritische Bevölkerung, insbesondere die chinesisch-stämmige, und Wähler des angeschlagenen Prime Ministers überzeugen und der Binnenwirtschaft und der Gunst des Regierungsführers helfen, bleibt abzuwarten. Mögliche Konsequenzen könnten unterdessen zu einem Anstieg der Konsumausgaben für begehrte Importprodukte mit der Folge eines weiteren Wertverfalls des Ringgit, Inflationserhöhung und damit zur Belastung für den Arbeitsmarkt führen. 
 

Malaysia bleibt attraktiver Standort

Malaysia profitiert allen voran durch seine geographische Zentralität inmitten des südostasiatischen Raumes. Das Land eignet sich nicht nur als Produktions- und Vertriebsstandort für den Großraum, sondern auch als Servicestandort. Einige Großunternehmen erkannten den Vielvölkerstaat als sicheren und technisch konkurrenzfähigen Service- und Backoffice-Standort mit einer wettbewerbsfähigen Balance zwischen Arbeitsqualität und -kosten sowie Verfügbarkeit von Arbeitskräften unterschiedlicher Ethnien und Sprachen.
Malaysias geographische Nähe zu Singapur ist ein weiterer Pluspunkt. Für arbeits- und flächenintensive Betriebe ist der Stadtstaat mittlerweile zu teuer geworden, so dass Logistik und Fertigung teilweise in das Nachbarland Malaysia verlagert werden. Das unmittelbar angrenzende „Johor Bahru” bietet kurze Wege und direkte Verbindung zu Singapur, während das Gebiet um den Hafen von Port Klang bei Kuala Lumpur oder die weiter nördlich gelegene Insel Penang direkt an der Straße von Malakka, einer der weltweit wichtigsten Wasserstraßen, liegen. So produziert bspw. die Singapore Aerospace Manufacturing Pte Ltd im malaysischen Penang Flugzeugteile für Boeing und Airbus.
 
Die weltweite Konjunkturschwäche wird sich aller Voraussicht nach auch in Malaysia niederschlagen. So erwartet das Malaysian Institute of Economic Research für das aktuelle Jahr einen leichten Rückgang des BIP-Wachstums um 0,2 Prozent-Punkte, jedoch noch immer ein Wachstum um 4,7 Prozent. Für einige Branchen könnte es ein Jahr der Konsolidierung werden. Der fast ungebremste Fall des Ölpreises wird die  Öl- und Gasbranche weiterhin unter Druck setzen, ferner wird ein Rückgang der KFZ-Neuzulassungen erwartet. Hingegen erwartet die Baubranche aufgrund staatlicher Investitionsprojekte einen Zuwachs von 10 Prozent, ebenso wegen staatlicher Krankenhausneubauten ähnliche Wachstumsraten in der Medizintechnik. Hoffnung steckt auch im Informations- und Kommunikationssektor, da der Ausbau von Mobilfunk und Breitbandversorgung noch nicht gesättigt ist. Die Landwirtschaft stellt von arbeitsintensiven Tätigkeiten auf Mechanisierung um, Biomasse- sowie Waste-to-Energy-Projekte werden staatlich unterstützt. Malaysia ist mit seiner Lage zwischen den indonesischen Inseln und den thailändischen Stränden noch immer kein primäres Reiseziel und fördert deshalb die Tourismusbranche, bspw. mit den bereits genannten Visa-Optionen für Chinesen, die einen großen Beitrag zur Ankurbelung der Tourismusbranche leisten könnten. 

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