Steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach DBA: Die wichtigsten Neuregelungen und Klarstellungen im aktua­lisierten BMF-Schreiben

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veröffentlicht am 14. März 2024 | Lesedauer ca. 15 Minuten

Das Bundesministerium der Finanzen (im Folgenden: BMF) hat mit Schreiben vom 12. Dezember 2023 (BStBl. 2023 I S. 2179) das bisherige Schreiben vom 3. Mai 2018 (BStBl. 2018 I S. 643) mit Änderungen vom 22. April 2020 (BStBl. 2020 I S. 483) zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteue­rungs­­abkommen (DBA) aktualisiert und an zwischenzeitlich ergangene Recht­sprechung und eingetre­tene Gesetzesänderungen angepasst. Das neue Schreiben ersetzt die beiden vorge­nan­nten Schreiben und ist für alle offenen Fälle anzuwen­den, soweit gesetzliche Regelungen dem nicht entgegenstehen. Dies gilt z.B. für die Anwendung des Progress­ionsvorbehalt bei beschränkt Steuerpflichtigen seit 2020. In unserer „Global Mobility Pulse – Sonderausgabe“ stellen wir die wichtigsten Neuregelungen und Klar­stellungen dar, die Sie als Arbeitgeber beachten müssen und die für Ihre grenz­über­schreitend tätigen Mitarbeiter bei der Einkommensteu­erveranlagung gelten.
 
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Ansässigkeit nach dem OECD-Musterabkommen

Um feststellen zu können, ob ein DBA überhaupt zur Anwendung kommt, muss die Ansässigkeit des Mitarbeiters ermittelt werden. Hierzu wurde neu in das BMF-Schreiben aufgenommen, dass die Ansässig­keit unabhängig von der Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung des anderen Vertragsstaats oder einer entsprechenden steuerlichen Behandlung im anderen Vertragsstaat zu prüfen ist. Klargestellt wurde, dass eine Änderung der Ansässigkeit im abkommensrechtlichen Sinn keine Auswirkung auf eine bestehende unbeschränkte Steuerpflicht des Mitarbeiters hat, solange der Wohnsitz beibehalten wird. Die Ansässigkeit im Sinne von Art. 4 OECD-MA kann sich auch während eines Veranlagungszeitraums ändern. Ein Antrag des Mitarbeiters ohne Wohnsitz im Inland auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger nach § 1 Abs. 3 EStG kann nicht zu einer Ansässigkeit in Deutschland führen. Mehr »
  

Wirtschaftlicher Arbeitgeber (Art. 15 Abs. 2 Buchstabe b OECD-MA)

Auf den ersten Blick erscheinen die Ausführungen zum sog. wirtschaftlichen Arbeitgeber neu, sie stammen jedoch im Wesentlichen aus dem BMF-Schreiben vom 9. November 2001, BStBl. 2001 I, 796 („Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen in Fällen der Arbeitnehmerentsendung (Verwaltungsgrundsätze – Arbeitnehmerentsendung)“). Mehr »
    

Neue Nachweis- und Bescheinigungspflicht in Bezug auf die Interessenslage

Im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten (vgl. § 90 Abs. 2 AO) müssen Arbeitgeber und Mitarbeiter nicht nur die Höhe der weiterbelasteten Kosten nachweisen, sondern sie müssen auch die Interessenlage, nach der sich die Zuordnung der Tätigkeit des entsandten Mitarbeiters sowie eine ggf. vorzunehmende Aufteilung des Arbeitslohns richtet, darlegen und belegen können. Auch die hierfür möglichen Unterlagen wurden weitgehend aus den bisherigen „Verwaltungsgrundsätzen Arbeit­nehmerentsendung“ übernommen (vgl. Rz. 163 des BMF-Schreibens). Mehr »
  

Zuordnung des Arbeitslohns zur In- und Auslandstätigkeit

Allgemeines zur Aufteilung: Bei der Zuordnung des Arbeitslohns zur In- und Auslandstätigkeit und der Aufteilung des nicht direkt zuzuordnenden Arbeitslohns nach Arbeitstagen im jeweiligen Erdienungs­zeitraums wurden einige Punkte neu aufgenommen bzw. klargestellt. Mehr »
  

Bestimmung der Einkunftsart/Anzuwendende Regelung im DBA

Welcher Einkunftsart die jeweils bezogenen Vergütungen zuzurechnen sind, ist nach dem jeweiligen nationalen Steuerrecht zu beurteilen. Werden die Begriffe in den beteiligen Staaten unterschiedlich ausgelegt (Qualifikationskonflikt), ist § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG zu prüfen. Hinsichtlich der Begriffe „Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen aus unselbständiger Arbeit“ ist die Bedeutung des Anwenderstaates einschlägig, soweit sich aus dem anzuwenden DBA nichts anderes ergibt (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA). In Deutschland richtet sich dies nach den §§ 1, 2 LStDV und H 19.0 bis H 19.2 LStH.

Tätigkeitsvergütungen an Gesellschafter (Mitunternehmer) einer Personengesellschaft, die Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, zweiter Halbsatz EStG sind, gehören in Deutschland zu den Unter­nehmensgewinnen (§ 50d Abs. 10 EStG). Soweit aber ein Dienstverhältnis vorliegt und die Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter aufgrund dieses Dienstverhältnisses erbracht werden, liegt Arbeits­lohn vor, für den sich das Besteuerungsrecht nach Art. 15 OECD-MA richtet. Gleiches gilt, wenn die Personengesellschaft zur Körperschaftsbesteuerung optiert hat und ein Dienstverhältnis vorliegt und die Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter aufgrund dieses Dienstverhältnisses erbracht werden.

Betriebliche Altersversorgung

Neu aufgenommen wurden Ausführungen zur betrieblichen Altersversorgung nach dem BetrAVG. Das BMF weist auf die Erforderlichkeit der Unterscheidung zwischen der sog. Anspar- und der Leistungsphase hin:
  • In der Ansparphase wird unterschieden zwischen unmittelbaren Durchführungswegen (z.B. Direktzusage), bei denen in der Einzahlphase noch kein Zufluss von Arbeitslohn vorliegt und mittelbaren Durchführungswegen (z.B. Direktversicherung, Pensionskasse), bei denen die Beiträge dem Grunde nach Arbeitslohn, aber ggf. nach innerstaatlichem Recht steuerfrei sind (z.B. § 3 Nr. 63 EStG), im Falle einer Steuerpflicht aber nach den Arbeitstagen im Jahr der Zahlung aufzuteilen sind. 
  • In der Leistungsphase richtet sich das Besteuerungsrecht regelmäßig nach Art. 18 OECD-MA, unabhängig davon unter welche Einkunftsart die Leistung fällt (nichtselbständige Arbeit gem. § 19 EStG, Einkünfte nach § 20 EStG oder 22 EStG). Hingewiesen wird auf DBAs mit sog. Förderstaats­klauseln, nach denen die Besteuerung in der Leistungsphase davon abhängt, ob in der Ansparphase eine steuerliche Förderung der Beiträge erfolgte (z.B. Art. 17 Abs. 3 DBA UK, Art. 17 Abs. 3 DBA-Luxemburg, Art. 17 Abs. 3 DBA-Spanien).
  

Steuerausgleichsmechanismen

Neu aufgenommen wurden Erläuterungen zu Zahlungen, mit denen gemäß der jeweiligen arbeitsver­traglichen Regelungen (z.B. Entsendevertrag, Richtlinie) evtl. Mehr-Steuern im Entsendestaat ausgeglichen werden sollen. Hierbei wird unterschieden zwischen der sog. „Tax Equalization“ und der sog. „Tax Protection“. Mehr »
  

Progressionsvorbehalt

Durch das Jahressteuergesetz 2019 wurde der Anwendungsbereich des Progressionsvorbehalts im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ab dem Kalenderjahr 2020 erweitert. Mehr »
   

Abzugsbeschränkungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung

Gemäß § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, die mit dem steuerfreien Arbeitslohn in unmittelbarem Zusammenhang stehen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Lassen sich die Werbungskosten nicht eindeutig der In- oder Auslandstätigkeit zuordnen, sind sie nicht nach den Arbeitstagen im In- und Ausland, sondern im Verhältnis des steuerfreien zum gesamten Arbeitslohn im jeweiligen Kalenderjahr aufzuteilen.
 
Soweit Vorsorgeaufwendungen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit nach einem DBA steuerfreiem Arbeitslohn stehen, der in einem Mitgliedstaat der EU, einem Vertragsstaat des EWR oder in der Schweiz erzielt wurde, ist der Sonderausgabenabzug aber dennoch zulässig, soweit der Tätigkeits­staat keinerlei steuerliche Berücksichtigung dieser Vorsorgeaufwendungen bei der Besteuerung des Arbeitslohns zulässt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 zweiter Halbsatz EStG). Auch hier erfolgt keine Aufteilung nach Arbeitstagen, sondern nach dem Verhältnis des steuerfreien zum gesamten Arbeitslohn im jeweili­gen Kalenderjahr. Die Beitragsbemessungsgrenzen sind unbeachtlich. Nicht in die Aufteilung einzube­ziehen ist Arbeitslohn, der dem Grunde nach nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt gehört (z.B. Abfindungen).

Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete

Klargestellt wird, dass das deutsche Besteuerungsrecht durch ein DBA mit einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet i.S.d. § 2 StAbwV, in dem für dieses Steuerhoheitsgebiet das Steueroasen-Abwehrgesetz angewendet wird, nicht berührt wird. Relevant ist dies derzeit lediglich für das DBA mit Trinidad und Tobago (seit dem 24. Dezember 2021), mit den anderen in § 2 StAbwV genannten Staaten besteht derzeit kein DBA.
   

Streitbeilegungs- und Vorabverständigungsverfahren

Durch geänderte Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung bei der Prüfung der Ansässigkeit i.S.d. DBAs und des wirtschaftlichen Arbeitgebers bzw. des Nachweises der Interessenlage bei Entsendungen könnte es aufgrund anderer Rechtsauffassung des jeweiligen Tätigkeitsstaats vermehrt zu einer Doppelbesteuerung kommen. In dem neuen BMF-Schreiben wird auf die Möglichkeit der Beantragung eines Vorabverständigungsverfahrens i.S.v. § 89a AO gegen eine Gebühr hingewiesen, um bereits zu einem früheren Zeitpunkt Rechts- und Planungssicherheit zu erhalten. Des Weiteren wird hinsichtlich der Beantragung und Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens (Verständigungsverfahren und Schiedsverfahren) auf das BMF-Schreiben vom 27. August 2021, BStBl. I S. 1495 hingewiesen. Das mit diesem Schreiben veröffentlichte Merkblatt wurde inzwischen neu gefasst (vgl. BMF-Schreiben vom 21. Februar 2024).

Besonderheiten bei Grenzgängern und Grenzpendlern

Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich, Art. 15 Abs. 6 DBA Österreich und Art. 15a DBA Schweiz enthalten besondere Regelungen für sog. Grenzgänger. Zum DBA Österreich wurde im Dezember 2023 eine neue Konsultationsvereinbarung veröffentlicht (BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2023, BStBl. 2024 I, 29). Die Vordrucke zum Nachweis der Ansässigkeit für Grenzgänger nach dem DBA-Schweiz und für die Arbeitgeberbescheinigung für die Nichtrückkehr wurden ab 2024 aktualisiert (vgl. BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2023, BStBl. 2023 I, 2150).
 
Die bestehende Verständigungsvereinbarung mit Luxemburg zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns von Grenzpendlern vom 26. Mai 2011 (BMF-Schreiben vom 14. Juni 2011, BStBl. I, 5761) wurde ebenfalls aktualisiert (vgl. BMF-Schreiben vom 15. Januar 2024). Rz. 247 des BMF-Schreibens vom 12. Dezember 2023 ist insoweit überholt. Über die Konsultationsvereinbarungen werden wir separat informieren.

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