Praxisfragen zur Beantragung der Bescheinigung

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veröffentlicht am 16. November 2020 | Lesedauer ca. 4 Minuten

  

​Die Anträge für eine Bescheinigung zu förderfähigen F&E-Vorhaben sind gerade erst in Arbeit und schon auf den ersten Seiten des Antrags stellen sich in der Praxis meist auch die ersten Fragen. Derzeit fehlen noch Erfahrungen mit der Antragstellung und damit einhergehend kann die Bearbeitung des ersten Antrags zeitintensiver werden als gedacht.

  


Doch nicht nur die zu gebenden Angaben, insbesondere auch die Belehrungen zu Beginn des Antrags, sollten beachtet und verstanden werden, damit beim späteren Antrag auf Forschungszulage beim Finanzamt keine Überraschungen aufkommen. Eine Auswahl der häufigsten Problempunkte:

 

Anspruchsberechtigte auf Bescheinigung

Vor Beginn der Antragstellung muss erst einmal geklärt werden, wer überhaupt anspruchsberechtigt ist und damit auch den Antrag auf Bescheinigung stellen muss. Bereits auf der ersten Seite des Antrag wird unter den Belehrungen noch einmal darauf hingewiesen, dass bei fehlender Anspruchsberechtigung ansonsten keine Forschungszulage vom zuständigen Finanzamt erteilt werden kann.

 

Einen Anspruch auf Forschungszulage haben demnach nur Unternehmen, die Steuerpflichtige im Sinne des EStG und KStG sind. Bei Mitunternehmerschaften nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG tritt gem. § 1 Abs. 2 FZulG die Mitunternehmerschaft an die Stelle des Steuerpflichtigen. Bei der Belehrung im Antrag ist dabei noch vom Mitunternehmer die Rede, nach den angegebenen Gesetzesverweisen sollte allerdings wohl die Mit­unter­nehmer­schaft gemeint sein.

 

Zu beachten ist weiterhin, dass bei der Auftragsforschung der Auftraggeber anspruchsberechtigt auf die Forschungszulage ist. D.h. dass auch der Auftraggeber den Antrag auf Bescheinigung stellen muss.

 

Diskutiert werden derzeit insbesondere noch Organschaftsfälle. Vom Gesetzeswortlaut her ist die Gesellschaft anspruchsberechtigt, die auch die förderfähigen F&E-Vorhaben durchführt. Damit müsste auch die Organgesellschaft Anspruchsberechtigte sein, wenn die F&E-Vorhaben von ihr durchgeführt werden. In dem Fall würde es dann regelmäßig aufgrund fehlender eigener Steuerlast zur Auszahlung der Forschungszulage kommen.

 

Unternehmen in Schwierigkeiten

Ebenfalls in den Belehrungen enthalten ist der Hinweis, dass gem. § 9 Abs. 2 FZulG für Unternehmen in Schwierigkeiten i. S. d. Art. 1 Abs. 4 lit. c und des Art. 2 Nr. 18 AGVO und soweit die Anwendung der AGVO nach Art. 1 Abs. 3 AGVO ausgeschlossen ist, die Beantragung der Forschungszulage nicht möglich ist. Doch was versteckt sich hinter den Bezeichnungen eigentlich genau?

 

Die Forschungszulage ist eine Beihilfe, die unter die „Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung” (AGVO) fällt. Sie gilt gem. Art. 1 Abs. 4 lit. c AGVO nicht für Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten, ausge­nommen Beihilferegelungen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatstrophen, Beihilferegelungen für Unternehmensgründungen und regionale Betriebsbeihilferegelungen, sofern die Regelungen Unternehmen in Schwierigkeiten nicht gegenüber anderen Unternehmen begünstigen. Nachdem durch die Corona-Pandemie auch grundsätzlich gesunde Unternehmen während des Jahres 2020 zunehmend in Schwierigkeiten geraten sind, wurde davon abweichend vereinbart, dass die AGVO auch für Unternehmen gilt, die am 31. Dezember 2019 keine Unternehmen in Schwierigkeiten waren, aber in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2020 zu Unternehmen in Schwierigkeiten wurden.

 

Die Definition der Unternehmen in Schwierigkeiten erfolgt in Art. 2 Nr. 18 AGVO. Vereinfacht gesagt, gilt demnach eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen ist. Bei einer Gesellschaft, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften, wir darauf abgestellt, ob mehr als die Hälfte der Eigenmittel infolge aufgelaufener Verluste verloren­gegangen ist. Auch Unternehmen, die Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sind oder die die Voraus­setzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag ihrer Gläubiger erfüllen sowie Unternehmen, die eine Rettungshilfe erhalten und den Kredit noch nicht zurückgezahlt haben bzw. eine Um­strukturierungs­beihilfe erhalten haben und immer noch einem Umstrukturierungsplan unterliegen, gehören zu Unternehmen in Schwierigkeiten. Im Falle eines Unternehmens, das kein KMU ist, handelt es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn in den letzten beiden Jahren der buchwertbasierte Verschuldungsgrad mehr als 7,5 betrug und das Zinsdeckungsverhältnis unter 1,0 lag.

 

In Art. 1 Abs. 3 AGVO sind weiterhin bestimmte Beihilfearten von der Anwendung der AGVO ausgenommen.

 

Das Kriterium für die Forschungszulage, dass es sich bei dem Antragsberechtigten nicht um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handeln darf, erlangt insbesondere durch die Corona-Pandemie noch einmal zusätzliche Relevanz. Nachdem die Voraussetzung zum Zeitpunkt der Antragstellung, während der Durchführung des F&E-Vorhabens bis zur Bewilligung dem Vernehmen nach erfüllt sein muss, ist es erforderlich laufend die Zahlen im Blick zu behalten. Die EU hat bereits reagiert und für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis 30. Juni 2020 eine Begünstigung erlassen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob der Zeitraum ausreichen wird oder ob auch nach dem 30. Juni 2020 weitere zahlreiche Unternehmen aufgrund der Corona-Pandemie als Unternehmen in Schwierigkeiten gelten werden. Eine weitere Verlängerung der Begünstigung ist also nicht auszuschließen. Trotzdem sollten die Meldepflichten weiterhin eingehalten und der Dialog mit der Finanzverwaltung gesucht werden.

 

Rückzahlung von Beihilfen

Die Belehrungen enthalten weiterhin einen Hinweis, dass nach § 9 Abs. 3 FZulG die Gewährung der Forschungszulage nicht zulässig ist, solange derjenige, der die Forschungszulage beantragt, zu einer Rückzahlung von Beihilfen aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt verpflichtet worden und der Rückzahlungsanforderung nicht nachgekommen ist.

 

Im Gegensatz zum vorherigen Punkt des Unternehmens in Schwierigkeiten ist die Einschränkung ggf. nur zeitlich beschränkt gültig. Sobald die Beihilfen zurückgezahlt wurden, kann ein Antrag auf Forschungszulage wieder gestellt werden.

 

Art des F&E-Vorhabens

Vielfach stellt sich die Frage, welche Arten von F&E-Vorhaben gefördert werden. Grundsätzlich besteht unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 3 AGVO keine weiteren Einschränkungen bezüglich des Forschungszweigs.

 

So kann im Antrag auf Bescheinigung zwischen den Hauptkategorien Natur­wissen­schaften, Ingenieur­wissenschaften und Tech­nologie, Medizinische und Gesundheits­wissenschaften, Agrar­wissenschaften und Veterinär­medizin, Sozial­wissenschaften sowie Geistes­wissen­schaften und Kunst gewählt werden.

 

Rumpfwirtschaftsjahr bzw. abweichendes Wirtschaftsjahr

Im Antrag zur Bescheinigung sind bereits Abfragen bezüglich des Wirtschaftsjahres enthalten. Das zielt auf die Berechnung der Forschungszulage bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr ab. So könnte theoretisch eine Beantragung einer Forschungszulage bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr auch schon vor dem 1. Januar 2021 erfolgen. Der Antrag beim Finanzamt kann bei Vorliegen einer Bescheinigung nach Ende des Wirtschaftsjahres erfolgen. Nachdem dafür allerdings noch keine technischen und organisatorischen Möglichkeiten gegeben sind, muss dem Vernehmen nach noch auf das nächste Jahr gewartet werden.

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