Erste Praxisfragen zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung

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​zuletzt aktualisiert am 23. Oktober 2020 | Lesedauer ca. 5 Minuten

 

Die steuerliche Forschungszulage nimmt langsam Fahrt auf. Nachdem der Gesetz­geber mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz die Bemessungsgrundlage ver­doppelt hat (ab 1. Juli 2020: 4.000.000 Euro), ist es nun möglich, erste Anträge auf Erteilung einer Bescheinigung für Zwecke der Forschungszulage zu stellen: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat nach einer öffentlichen Ausschreibung die Bescheinigungsstelle für die steuerliche Forschungs­förderung bestimmt. Den Zuschlag hat ein Konsortium aus der VDI Technologiezentrum GmbH, der AIF Projekt GmbH sowie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. – DLR Projektträger erhalten. Ende September hat die Bescheinigungsstelle mit der Arbeit begonnen.

 

 

 

Steuerpflichtige, die schnell in das erforderliche Bescheinigungsverfahren gehen möchten, um möglichst unverzüglich von der Forschungszulage zu profitieren, sind daher bereits jetzt angehalten, sich auf die Antragstellung vorzubereiten. Einige erste Praxisfragen und Probleme sollen im Folgenden dargestellt werden:
 

Teil I

I. Ist das geplante Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (F&E) ein begünstigtes Projekt i.S.d. FZulG?

Immer häufiger stellt sich die Frage, ob eine generelle Förderfähigkeit eines F&E-Projektes gegeben ist. Dafür ist es erforderlich, dass das Vorhaben neuartig, schöpferisch, ungewiss in Bezug auf das Endergebnis, systematisch sowie übertragbar ist. Ob das einschlägig ist, wissen nach unserer Erfahrung am ehesten die beteiligten Mitarbeiter und Wissenschaftler. Sie sollten daher stets in den Prozess der Beantragung der Forschungszulage eingebunden werden. Wird bspw. von der Geschäftsführung angenommen, dass ein Vor­haben aktuell weltweit in der zu erforschenden Weise noch nicht existiert, ergibt sich eine gute Wahr­schein­lichkeit, dass das F&E-Vor­haben die Voraussetzungen des FZulG erfüllen kann. Ob das jedoch tatsächlich in allen Details stimmt, kann am geeignetsten und so detailliert wie für die Förderung möglich, wohl nur der Forscher bestimmen, welcher das Vorhaben betreibt.

Um die notwendige Verknüpfung zwischen F&E und der steuerlichen Umsetzung der Forschungszulage zu erhalten, hat es sich bewährt, wenn die für das F&E-Vorhaben zuständigen Mitarbeiter bzw. Forscher die folgenden Fragen beantworten:

  • Zielt das F&E-Vorhaben maßgeblich auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse ab?
  • Ist das F&E-Vorhaben originär und grundlegend?
  • Folgt das F&E-Vorhaben einem Plan und ist budgetierbar?
  • Weist das F&E-Vorhaben Unsicherheiten in Bezug auf das Endergebnis auf?
  • Ist das F&E-Vorhaben einer Reproduzierbarkeit zugänglich?

  
Umso ausführlicher dabei die Antworten sind, umso besser gelingt es, die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen für die Anwendung des FZulG zu ermitteln. Zudem ist es hilfreich, wenn mit einer kurzen Begründung dargestellt wird, ob das F&E-Vorhaben eher dem Bereich der Grundlagenforschung, industriellen Forschung oder experimentellen Entwicklung zuzurechnen sind.

Bei all den Themen sollte auch immer beachtet werden, wie weit der Forschungsgegenstand bereits erforscht ist. Letztlich ist es für die Förderfähigkeit sehr wichtig, dass die F&E über die reine Marktentwicklung und Ver­besserung bestehender Verfahren hinausgeht. Rein praktisch sollten die vorstehenden Informationen – bereits zur Vorbereitung auf die Antragstellung – sodann in einer „Projektbeschreibung” inklusive Anlagen zusammen­gestellt werden.

 

II. Welche Anforderungen und Angaben sind für die Beantragung der Bescheinigung erforderlich?

Die konkreten Anforderungen an das Verfahren zur Beantragung der Bescheinigung hängen vom Einzelfall ab und sind bei der Antragstellung für den Einzelfall zu bestimmen. Hintergrund ist, dass die Antrags­formulare sehr umfassend ausgestaltet sind und bereits viele Besonderheiten abdecken sollen.

Im Allgemeinen kann sich jedoch an den folgenden Ausführungen und Anforderungen orientiert werden (§ 3 Abs. 2 FZulBV):

  • Angaben zu den Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, für die eine Bescheinigung begehrt wird; insbesondere
    • eine aussagekräftige, nachvollziehbare inhaltliche Beschreibung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens,
    • die Angabe, ob es sich um eigenbetriebliche Forschung, Auftragsforschung oder ein Kooperationsvorhaben handelt,
    • den zeitlichen, personellen und den finanziellen Umfang des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens;
  • den Namen (gegebenenfalls inklusive Rechtsformzusatz), die Anschrift, die Kontaktdaten (Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Ansprechperson des Antragstellers);
  • die Steuernummer und das zuständige Finanzamt;
  • soweit vorhanden, eine Handelsregister-Nummer;
  • Angaben zu mit dem Antragsteller verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG:
    • Name und Anschrift von verbundenen Unternehmen,
    • Steuernummer von verbundenen Unternehmen, die ebenfalls einen Antrag nach § 6 FZulG für dasselbe Kalenderjahr gestellt haben oder noch stellen werden.

 

In Vorbereitung auf die spätere Antragstellung sollten stets vordergründig die geforderten Angaben zu den Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, für die eine Bescheinigung begehrt wird, zusammengestellt werden. Die restlichen Angaben sollten u.E. auch bei Beantragung schnell vorbereitet werden können. In dem Kontext ist zu beachten, dass nach den FAQ des BMBF zwar für jedes Vorhaben ein Antrag zu stellen ist, die Anträge jedoch zusammengefasst werden können. Dann werden die Feststellungen in einer Bescheinigung zusammen­gefasst und der organisatorische Aufwand kann reduziert werden.

 

Teil II

I. Welche Auswirkungen hat § 15 AktG auf die Forschungszulage?

Hinsichtlich der Höhe der Forschungszulage ist geregelt, dass für Anspruchsberechtigte, die mit anderen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG verbunden sind, die Höchstgrenze der Bemessungsgrundlage (ab 1. Juli 2020: 4.000.000 Euro) für die verbundenen Unternehmen insgesamt gilt. Problematisch ist dabei insbe­sondere die Frage, ob ein Unternehmen als verbundenes Unternehmen nach § 15 ff. AktG qualifiziert. Dabei ist zu beachten, dass die entsprechenden Normen recht weit greifen können und daher stets geprüft werden sollte, ob es sich um verbundene Unternehmen handelt, um nicht eine zu hohe Forschungszulage zu beantragen und Rückzahlungsrisiken ausgesetzt zu sein.

Sofern ohne entsprechende Abstimmung ein Antrag vorbereitet wird, kann das aufwändiger sein, als die Fragestellung vorher zu klären. Die erforderliche Bescheinigung wird unabhängig der Frage des § 15 AktG ausgestellt, da lediglich die wissenschaftliche Würdigung durch das BMBF erfolgt. Eine spätere Offenlegung beim Finanzamt wird dann u.E. bei vollumfänglicher Offenlegung entweder zu der Frage führen, ob die verbundenen Unternehmen bereits auf die Forschungszulage zurückgegriffen haben. Wird der Prozess an der Stelle abgebrochen, war der Antragsprozess beim BMBF vergebens. Wird Antrag wider Erwarten ohne Fragen bewilligt, besteht das erhebliche Risiko, dass die Fragestellung in einer späteren Betriebsprüfung aufgegriffen wird und neben einer Rückzahlung auch zu einer Zinsbelastung führt.

Es empfiehlt sich daher stets, dass innerhalb von Unternehmensgruppen ein Austausch erfolgt, bevor Anträge hinsichtlich der Bescheinigung für Zwecke der Forschungszulage in die Wege geleitet werden. Gerade in dezentral organisierten Unternehmensgruppen können mit der internen Abstimmung erhebliche Risiken minimiert werden.


 

II. Sind an Tochterunternehmen gezahlte Aufwendungen für F&E-Vorhaben für die Forschungszulage zu berücksichtigen?

Schnell kann die Frage aufkommen, ob Lohnkosten von Tochtergesellschaften ebenfalls förderfähig sind, wenn sie an die Muttergesellschaft verrechnet werden. Dabei gilt es zunächst klarstellen, dass der Förderung im Rahmen des FZulG grundsätzlich nur Arbeitslöhne zugänglich sind. Bei eigenbetrieblicher Forschung sind daher keine Aufwendungen für erforderliche Materialien förderfähig. Eine Ausnahme ist nur für die Auftrags­forschung einschlägig, bei dieser sind 60 Prozent des gezahlten Entgelts förderfähig (vom Rechnungsbetrag). Durch die Begrenzung auf 60 Prozent soll eine Gleichbehandlung mit der eigenbetrieblichen Forschung gewährleistet werden, da der Gesetzgeber pauschal unterstellt, dass die Personalkosten 60 Prozent eines F&E-Vorhabens betragen.


Ob es möglich ist, dass bei der Auftragsforschung eine Tochtergesellschaft einbezogen wird, ist dem Gesetzeswortlaut nicht eindeutig zu entnehmen. Der Wortlaut des Gesetzes steht dem jedoch auch nicht entgegen. Unseres Erachtens sollte der Einbezug grundsätzlich möglich sein. Insoweit sollte darauf geachtet werden, wie die vertraglichen Beziehungen zwischen den beteiligten Gesellschaften ausgestaltet sind. So sollte die Frage beantwortet werden, ob eher ein sog. vorhabenspezifischer Vertrag mit der Tochtergesellschaft geschlossen wird oder lediglich eine sog. pauschale Leistungsverrechnung über das Jahr erfolgt. Zur Abgrenzung erscheint es unseres Erachtens geeigneter, dass ein vorhabenspezifischer Vertrag geschlossen wird, da er auch dem allgemeinen Verständnis der Auftragsforschung entspricht.


Zudem stellt sich die Frage, ob auch ausländische Tochtergesellschaften in die Auftragsforschung einbezogen werden. Sollte das der Fall sein, ist das Zusammenwirken zwischen Forschungszulage und Verrech­nungs­preis­dokumentation zu beachten. Dabei sollte vermieden werden, dass der Finanzverwaltung widersprüchliche Aussagen zur Substanz der ausländischen Tochtergesellschaft vorgelegt werden (Stichwort „DEMPE-Funktionen”). Eine Abstimmung zwischen den einzelnen Ressorts innerhalb der Unternehmensgruppe ist daher zwingend erforderlich.


Letztlich sollte geprüft werden, ob anstatt einer Auftragsforschung durch Tochtergesellschaften auch eine Kooperationsforschung mit ihnen sinnvoll sein kann. Dabei sollte genau geprüft werden, welches Vorgehen die größten wirtschaftlichen Vorteile ermöglicht. Es ist insoweit durch entsprechende Ausgestaltung grundsätzlich denkbar die zu berücksichtigen Aufwendungen zu optimieren. Da es sich jedoch weiterhin um verbundene Unternehmen handelt, ist zu beachten, dass durch das Vorgehen nicht der Gesamtbetrag der förderfähigen Aufwendungen durch die Kooperationsforschung erhöht werden kann (§ 3 Abs. 6 FZulG).

 

Fazit

Die dargestellten Fragestellungen sind vielfältig und deren Beantwortung bindet wertvolle Arbeitskraft in den forschenden Unternehmen. Das zeitliche Investment für die Zusammenstellung ist jedoch notwendig, da die genannten Fragen bei der Beantragung der Forschungszulage regelmäßig aufkommen können und ent­sprech­ende Nachweise erbracht werden müssen. Daher ist es sinnvoll, sich bereits vor Beginn eines F&E-Vorhabens damit auseinanderzusetzen, um keine Hindernisse der Forschungszulage im laufenden Beantragungsprozess der Bescheinigung für Zwecke der Forschungszulage oder der Forschungszulage an sich festzustellen. Die Vorarbeit kann sich zudem lohnen, um auch die für das F&E-Vorhaben zuständigen Mitarbeiter eng in den Austausch hinsichtlich der Beantragung einzubeziehen und so das vollständige und bisweilen erhebliche Potenzial der Forschungszulage zu heben.

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