Einführung der Value Added Tax (VAT) in den GCC Staaten: Was Unternehmen beachten sollten

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zuletzt aktualisiert am 10. April 2017 | Lesedauer ca. 4,5 Minuten

     

 

Die Mitgliedstaaten des „Gulf Cooperation Councils” (GCC), bestehend aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Oman, Saudi Arabien, Katar, Bahrain und Kuwait, haben die Einführung der Mehrwert­steuer zum 1. Januar 2018 beschlossen. Sie wird nach Aussage des „Ministry of Finance” in Dubai aller Voraussicht nach 5 Prozent betragen.
 


  

In diesem Beitrag knüpfen wir an unseren Artikel zur „Einführung der Value Added Tax in den GCC Staaten” vom 20. Februar 2017 an und greifen die bisher am häufigsten gestellten Fragen auf.
 
Darüber hinaus möchten wir betroffene Unternehmen bereits jetzt für einige Themen, die im Zusammenhang mit der Einführung der VAT zwangsläufig auftreten werden, sensibilisieren.

 

 

Was können Unternehmen im Vorfeld zur Implementierung der Mehrwertsteuer bereits tun?

Wichtig ist, dass Unternehmen bereits jetzt evaluieren, welchen Einfluss die Einführung der Mehrwert­steuer auf das Unternehmen selbst und auf die eigene geschäft­liche Akti­vität hat. Hierfür ist es erforderlich, sich vor Augen zu führen, dass das System zur Erhebung darauf ausgerichtet ist, dass Unternehmen die Steuer in Eigenverantwortung und im Einklang mit geltenden Bestimmungen erheben und im Anschluss gegenüber der Steuerbehörde deklarieren.
 
Die Übertragung der Verantwortung für die Funktionalität des Systems birgt selbstverständlich nicht zu unterschätzende Gefahren. Die zuständigen Behörden können Unternehmen empfindliche Straf­zahlungen auferlegen, wenn sie bspw. ihren umfangreichen Dokumentationspflichten nicht nachkommen und hierdurch die Prüfung der Unterlagen erschwert wird oder nahezu unmöglich ist.
 

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Wie bereits erwähnt, ist es essen­ziell, all jene Bereiche in einem bereits existenten und funktio­nierenden Unter­nehmen aufzudecken, die durch die Implementierung der Mehrwertsteuer einer Veränderung unterliegen können. Darüber hinaus gilt es, auch personelle Strukturen im Unternehmen zu schaffen, um eine dauerhafte, ordnungs­gemäße Umsetzung der Mehrwert­steuer garantieren zu können.
 

Nur beispielhaft seien nachfolgend von der Implementierung betroffene Bereiche hervorgehoben:
  • Einführung der Mehrwertsteuer im Unternehmen: intern; extern oder Übertragung einzelner/bestimmter Bereiche auf Externe
  • Überarbeitung der Finanzplanung: Veränderung des Cash Flows im Unternehmen – Enterprise: Resource-Planning
  • Anpassung existierender Verträge, wie Lieferverträge etc.
  • Anpassung neuer Verträge mit bestehenden und neuen Partnern
  • Einhaltung von Formalitäten im Rahmen der Dokumentationspflicht
  • Einhaltung von möglichen Ausschlussfristen zur Geltendmachung von Ansprüchen
  • Wirtschaftsprüfung: Anpassung der Jahresabschlussberichte
  • Implementierung/Anpassung des IT-Systems
    - Welche Software ist grundsätzlich geeignet?
    - IT Systeme, die auf einer Cloud basieren, werden extern (vom Hersteller) angepasst, wenn bspw. der Steuersatz wechselt
    - IT Systeme, die in-house an sich ändernde Umstände angepasst werden müssen
    - Wo sitzen die Kunden des Unternehmens: Rechnungsstellung außerhalb der GCC Staaten kann unterschiedliche Rechnungsstellungsmodalitäten erforderlich machen
    - Rechnungsstellung in unterschiedlichen Währungen (VAE-Dirham, US-Dollar, Euro)
  • Identifizierung und Schulung eines Verantwortlichen im Unternehmen im Umgang mit der Mehrwertsteuer im Tagesgeschäft
  • Identifizierung und Schulung von Arbeitnehmern bei der Umsetzung der Mehrwertsteuer im Tagesgeschäft
  • Identifizierung eines Verantwortlichen im Unternehmen mit Informationspflichten gegenüber dem Mutterhaus
  • Evaluieren, inwiefern bereits existierende Kenntnisse im Umgang mit der Mehrwertsteuer effizient genutzt werden können


Aufgrund der Mannigfaltigkeit der betroffenen Bereiche und der damit einhergehenden Komplexität der Um­setzung im Unternehmen ist die Einbeziehung von Experten umso wichtiger. Schließlich gilt es, betroffenen Unternehmen einen umfassenden Ein­blick in mögliche Risiken zu geben und Strategien aufzuzeigen, um Risiken möglichst gering zu halten bzw. Fehler bei der recht­lichen und tat­sächlichen Umsetzung der Vorschriften zu vermeiden.
 

Welche Unternehmen sind von der Einführung der Value Added Tax betroffen?

Grundsätzlich sind zunächst alle Unter­nehmen, die Waren oder Dienstleistungen anbieten, von der Einführung der Mehrwertsteuer betroffen, sofern der Gesetzesentwurf keine Ausnahmen vorsieht. Nach ersten Aussagen des „Ministry of Finance” in Dubai sollen Ausnahmen für das Ge­sundheits- und das Bildungswesen sowie den Nahrungsmittelsektor (Grundnahrungsmittel) gelten. Waren oder Dienstleistungen aus diesen Bereichen werden voraussichtlich nicht der Besteuerung unterliegen.
 
Darüber hinaus sollen Unternehmen mit einem relativ geringen Jahresumsatz von der Registrierungspflicht zur Erhebung der Mehrwertsteuer befreit werden. Zu diesem Zweck wird das „Ministry of Finance” einen Schwellenwert (Jahresumsatz) als Bemessungsgrundlage für die Registrierungspflicht veröffentlichen. Hintergrund dessen ist, dass kleinere Unternehmen von der umfangreichen Dokumentations­pflicht und der damit einher­gehenden Kostenlast befreit werden sollen.
 
Es ist jedoch zu erwarten, dass in Zukunft auch umsatzschwächere Unternehmen der Registrierungspflicht und somit der Erhebung der Mehrwertsteuer unterliegen werden.
 
In Anbetracht der Umstände, dass nicht-registrierungspflichtige Unternehmen die eigens abgeführte Mehrwertsteuer gegenüber der Steuerbehörde nicht geltend machen können, kann das Ziel eines umfassenden und vollständig funktionierenden Steuer­systems nur sein, alle Unternehmen der Erhebung zu unterwerfen, da diese Unternehmen zwangsläufig vor der Frage stehen, die abgeführte Mehrwertsteuer selbst zu tragen oder durch Preiserhöhung an den Endkunden weiterzugeben.
 

In welchen Abständen müssen Dokumente zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer eingereicht werden?

Nach Angaben des „Ministry of Finance” sind Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Steuerrückerstattung quartalsweise gegenüber der Behörde geltend zu machen. Entsprechende Dokumente müssen in das dafür vorge­sehene Online-Portal hochgeladen werden, nachdem zuvor eine Registrierung des Unternehmens stattgefunden hat.
 

Sind von der Einführung der Mehrwertsteuer auch Altverträge (Lieferverträge etc.) mit Vertragspartnern erfasst, die bereits vor dem 1. Januar 2018 abgeschlossen wurden?

Nach dem Willen der Gesetzgeber sind von der Einführung der Mehrwertsteuer ausnahmslos alle Verträge erfasst. Das bedeutet, dass die Mehrwertsteuer grundsätzlich auch für solche Waren und Dienstleistungen anfällt, deren zu Grunde liegenden Verträge bereits vor dem 1. Januar 2018 abgeschlossen wurden, die Waren oder Dienstleistungen jedoch erst nach diesem Termin geliefert bzw. erbracht werden sollen.
 

Sind ausländische Unternehmen, die Waren oder Dienstleistungen in den GCC Staaten einkaufen, von der Entrichtung der Mehrwertsteuer befreit?

Da die GCC Staaten auch weiterhin ein Interesse daran haben, Dienstleistungen oder vielmehr Waren an im Ausland sitzende Unternehmen zu verkaufen, werden die Unternehmen aller Voraussicht nach nicht mit der Mehrwertsteuer belastet werden – so das „Ministry of Finance” in Dubai.
 
Wie die Umsetzung dieses Vorhabens konkret durchgesetzt wird, kann nur erahnt werden. Grundsätzlich bestünde die Möglichkeit, die Mehrwertsteuer bei Verkäufen an im Ausland sitzende Unternehmen nicht weiter zu berechnen. Darüber hinaus gäbe es die Möglichkeit der Geltend­machung der entrichteten Mehrwertsteuer gegenüber der zuständigen Behörde.
 

Wird das „Ministry of Finance” betroffenen Unternehmen eine „Gnadenfrist” auf die ordnungsgemäße Umsetzung der gesetzlichen Regularien einräumen?

Diese Frage kann zu diesem Zeitpunkt weder mit „Ja” noch mit „Nein” beantwortet werden. Fakt ist, dass das „Ministry of Finance” keine Angaben zur Einräumung einer Verlängerung der Umsetzungsfrist bei gesetzlichen Regularien gemacht hat. Das „Ministry of Finance” weist auf seiner Website ausdrück­lich darauf hin, zum 1. Januar 2018 für die Erhebung der Mehrwertsteuer vorbereitet zu sein.
 
Als zuständige Behörde gibt das „Ministry of Finance” darüber hinaus an, betroffenen Unternehmen Informationen zur Verfügung zu stellen, um bei der Umsetzung der gesetzlichen Voraussetzungen im Einklang mit geltendem Recht sein zu können. Weitergehende Informationen stehen jedoch noch aus.
 
Da es sich bei der Einführung der Mehrwertsteuer in den GCC Staaten um für diese noch un­bekanntes Terrain handelt, ist es unserer Auffassung nach zumindest nicht unwahrscheinlich, dass die Steuerbehörden zu Beginn der Prüfung der Unter­lagen nachsichtig sein werden, wenn der gute Wille zur ordnungsgemäßen Umsetzung der Vorschriften erkennbar ist. Allerdings sollten sich Unter­nehmen hierauf nicht verlassen, sondern soweit möglich bereits zu Beginn im Ein­klang mit den Vorschriften sein.
 
Da die Behörden voraussichtlich mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet sein werden, muss im schlimmsten Fall bei wieder­holenden und andauernden Ver­stößen gegen die Vor­schriften mit dem Entzug der Lizenz bis hin zur Auflösung der Gesellschaft von Amtswegen gerech­net werden.
 

Gibt es bereits Bestrebungen für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für die Zukunft?

Aktuell liegen dazu keinerlei Informationen seitens des „Ministry of Finance” vor, so dass man zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich nicht davon ausgehen muss, dass von offizieller Seite eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Anschluss an deren Einführung bereits im Raum steht.
 
Die Ein­führung der Mehrwertsteuer in anderen Ländern und deren Erhöhung lässt jedoch Rückschlüsse auf Tendenzen zu. Erfahrungswerte zeigen, dass die Implementierung zu einem relativ niedrigen Prozentsatz i.d.R. auch eine Erhöhung nach sich zieht. So hat sich die Mehrwertsteuer in der Bundesrepublik Deutschland seit 1968 von ehemals 10 Prozent auf heute 19 Prozent fast verdoppelt. Die in Ägypten im letzten Jahr einge­führte Mehrwert­steuer beträgt derzeit 13 Prozent, wobei eine Erhöhung für das Folgejahr vom Parlament bereits mit verabschiedet wurde.
 
Insofern kann mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit davon ausgegangen werden, dass die Erhöhung der Mehrwert­steuer in den GCC Staaten nicht allzu lange auf sich warten lässt. Das liegt im Wesentlichen an der Intention der Re­gierungen und der Notwendig­keit aufgrund stetig steigender Kosten im öffentlichen Sektor, insbesondere im Gesundheits- und Bildungs­wesen, fernab vom Öl, neue Ressourcen anzugehen.
 

Angenommen, die Regierungen beschließen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für die Zukunft: Welches Szenario wäre realistisch?

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer innerhalb der nächsten 3 bis 6 Jahre nach deren Implementierung um 2 Prozent bis 5 Prozent, ist neben der Erhebung weiterer Steuern, nicht unwahrscheinlich; denn was viele nicht wissen: die Vereinigten Arabischen Emirate haben in der Vergangenheit bereits mehrfach Bestrebungen zur Einführung weiterer Steuern, bspw. der Körperschaftssteuer, geäußert.
 
Des Weiteren planen die GCC Staaten bereits die Erhebung einer Verbrauchersteuer für bestimmte Waren, z.B. für Tabak, Softdrinks oder Energy Drinks; die Umsetzung hat das Königreich Saudi Arabien bereits für das zweite Halbjahr 2017 angekündigt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Verbrauchersteuer auch andere Waren erfassen wird.
 

Steuerbehörde bereits existent: Dubai Tax Authority (DTA)

Für die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Implementierung weiterer Steuern in der Zukunft spricht auch der Umstand, dass bspw. das Emirat Dubai mit hohem finanziellen Auf­wand im Zuge der Einführung der Mehrwertsteuer eine Steuerbehörde („Dubai Tax Authority”) etabliert hat. Die Voraus­setzungen für die Einführung weiterer Steuern sind damit bereits geschaffen.
 

Fazit

Da der Gesetzesentwurf zur Erhebung der Mehrwertsteuer seitens des „Ministry of Finance” noch nicht veröffentlicht wurde, bleibt zunächst noch abzu­warten, welche Informationen im Vorfeld zur Ein­führung der Mehrwertsteuer zu erlangen sein werden. Insgesamt lässt sich daher festhalten, dass eine konkrete Aussage zur Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen zu diesem Zeitpunkt nicht abschließend möglich ist.
 
Allerdings lassen sich im Vorfeld bereits Rahmenbedingungen schaffen, die die Umsetzung der Mehr­wertsteuer im eigenen Unternehmen ermöglichen. Daher raten wir dringend dazu an, bereits jetzt entsprechende Experten zu Rate zu ziehen, um zu evaluieren, in welchem Ausmaß geschäftliche Aktivitäten durch die Einführung der Mehrwertsteuer beeinflusst werden.

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