LG München I: OpenAI verletzt Urheberrechte an Songtexten

​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 11. November 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Dürfen Systeme generativer künstlicher Intelligenz (KI) mit urheberrechtlich geschützten Werken trainiert werden? Hierüber hat heute (11.11.2025) das Landgericht (LG) München I entschieden (Az. 42 O 14139/24). Klägerin ist die GEMA, die dem führenden KI-Anbieter OpenAI Urheberrechtsverletzungen an Songtexten vorwirft.

 

 

GEMA verklagt OpenAI

Konkret geht es um die Ansprüche von Urhebern neun bekannter deutscher Songtexte. Das Large Language Model des KI-Giganten OpenAI sei mit diesen neun Songtexten trainiert worden, ohne dafür Lizenzen eingeholt zu haben. Fragt ein Nutzer den Chatbot ChatGPT nach diesen Songtexten, gibt der Chatbot diese in großen Teilen im Original wieder.


Die GEMA sieht darin Urheberrechtsverletzungen: Zum einen würden diese Songtexte in dem zu Grunde liegenden LLM ohne Zustimmung der Urheber vervielfältigt, zum anderen sei auch die darauffolgende Ausgabe der Texte durch ChatGPT rechtsverletzend. Diese originalgetreue Wiedergabe der Texte zeige, dass diese im LLM von OpenAI „memorisiert“ seien. Die GEMA hält diese Nutzung der Songtexte für unzulässige Vervielfältigungen.


OpenAI sieht das anders: Das LLM speichere oder kopiere keine spezifischen Trainingsdaten, sondern reflektiere lediglich, was es zuvor erlernt habe. Ausgaben würden lediglich im Wege einer „sequenziell-analytisch, iterativ-probabilistischen Synthese“ generiert. Das Modell arbeite deshalb nicht wie eine Datenbank, die hinterlegte Daten abrufe.


Ähnlich argumentieren auch andere KI-Anbieter, etwa in dem am 04.11.2025 in Großbritannien geführten Verfahren von Getty Images und weiteren Klägern gegen Stability AI Ltd., in dem der High Court of Justice entschieden hat, dass keine „infringing copy“ der Getty-Bilder in den Modelldaten der KI-Anwendung gespeichert würden, sondern darin nur abstrakte numerische Repräsentationen, die nicht rückführbar auf die Originalbilder seien (siehe hie​r​ zur Entscheidung des High Court of Justice).


Im Hinblick auf die erfolgten Ausgaben der Songtexte sei nicht OpenAI, sondern der jeweilige Nutzer verantwortlich, weil er die entsprechende Anfrage (Prompt) eingegeben habe. Weiterhin seien etwaige Eingriffe wegen der urheberrechtlichen Schranke des sog. Text und Data Mining gem. § 44b Urheberrechtgesetz (UrhG) erlaubt. Nähere Erläuterungen zur Text und Data Mining -Schranke finden Sie h​​ier.

 

LG München I hält KI-Training für unzulässig

Das LG München I stellte fest, dass durch die Ausgabe der Original-Songtexte durch ChatGPT erwiesen sei, dass das LLM mit diesen trainiert worden sei. Das KI-Training sei jedoch eine urheberrechtlich unzulässige Vervielfältigung der Songtexte. Denn für das Vorliegen einer Vervielfältigung genüge es, dass die Liedtexte reproduzierbar im LLM festgelegt sei. Das sei auch bei der sog. Memorisierung der Fall. OpenAI hätte sich für solche Vervielfältigungen deshalb die entsprechenden Lizenzen einholen müssen.


Auch die Wiedergabe der Texte durch den Chatbot würden Eingriffe in die urheberrechtlichen Verwertungsrechte darstellen, für die OpenAI verantwortlich sei.


Die Text und Data Mining Schranke greife indes nicht, da nicht nur Informationen aus den Songtexten extrahiert wurden, sondern diese als solche vervielfältigt wurden.


Das Gericht verurteilte OpenAI deshalb dazu, es zu unterlassen, die Songtexte zu speichern oder in seinen LLM auszugeben. Auch von der GEMA geltend gemachten Ansprüchen auf Schadensersatz und Auskunft über die Nutzung der Songtexte und damit erzielte Erträge gab es statt.

 

Ausblick: Urteil stärkt Urheberrechte

Das Urteil betrifft in seiner weiteren Wirkung nicht nur die streitgegenständlichen neun Songtexte, sondern Urheberrechtswerke im Allgemeinen. Durch die gerichtliche Feststellung von Urheberrechtsverletzungen werden die Rechte von Urhebern und damit die Kultur- und Kreativwirtschaft zunächst gestärkt.

Abschließend geklärt ist die Frage nach der Zulässigkeit des Trainings von KI mit urheberrechtlich geschützten Werken indes noch nicht. OpenAI kündigte bereits an, Rechtsmitteile einlegen zu wollen.​

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