Künftig auch sanktionierbar: Verstoß gegen Dokumentationspflichten und fehlendes Nachhaltigkeitsreporting

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veröffentlicht am 7. Dezember 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Bereits seit März 2017 müssen große Kapitalgesellschaften mit mehr 500 Mitarbeitern über bestimmte, sog. nichtfinanzielle Themen öffentlich Bericht erstatten. Dazu gehö­ren u.a. die unternehmens- bzw. konzernweiten Maßnahmen zum Umweltschutz, Ar­beit­nehmerschutz, sozialen Engagement sowie zur Achtung der Menschenrechte und zur Korruptionsbekämpfung. Rechtliche Grundlage dieses sog. Nachhaltigkeits­re­por­tings ist in der EU allen voran die Corporate Social Responsibility-Richtlinie (2014/95/EU, im Folgenden nur CSR-Richtlinie genannt) bzw. die entsprechenden deutschen Umsetzungsakte.


Bereits im April 2021 hatte die EU den Entwurf einer überarbeiteten Corporate Sus­tain­ability Reporting Directive (im Folgenden nur CSRD genannt) vorgelegt, der den Kreis der von der CSR-Richtlinie betroffenen Unternehmen bedeutend erweitert. Der Entwurf wurde nun im November 2022 von einer großen Mehrheit im EU-Parlament angenommen. Obgleich die Verabschiedung der CSRD noch der Zustimmung des Rats der EU bedarf und anschließend noch in nationales Recht umzusetzen ist, ist es an der Zeit, den Kreis der Unternehmen näher zu beleuchten und die entsprechenden Folgen sowie insbesondere etwaige Sanktions­risiken einzuordnen und auf sie auf­merk­sam zu machen.



Anwendungsbereich der CSRD

Die CSRD sieht im Hinblick auf ihre Geltung für Unternehmen ein Stufenmodell vor:

  • Für Unternehmen, die bereits der CSR-Richtlinie unterliegen, gilt sie ab 1. Januar 2024 (d.h. die erste Bericht­erstattung hat im Jahr 2025 für das Geschäftsjahr 2024 zu erfolgen)
  • Für große Unternehmen, die derzeit nicht der CSR-Richtlinie unterliegen, gilt sie ab 1. Januar 2025 für (d.h. erste Berichterstattung im Jahr 2026 erfolgt für das Geschäftsjahr 2025)
  • Für börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (im Folgenden nur KMU genannt) entfaltet sie ihre Geltung ab 1. Januar 2026 (d.h. die erste Berichterstattung erfolgt im Jahr 2027 für das Geschäftsjähr 2026)


Mit dem Stufenmodell wird damit zwar zunächst an die Größe des Unternehmens angeknüpft. Ab dem Jahr 2026 sollen allerdings insbesondere auch KMU zur Erstattung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet sein, wenn sie börsennotiert sind, d.h. von ihnen übertragene Wertpapiere am geregelten Markt eines EU-Mitglied­staates zugelassen sind.

Das Stufenmodell führt dazu, dass der Anwendungsbereich auf eine wesentlich größere Anzahl an Unterneh­men ausgedehnt wird. In der Medienberichterstattung wird davon gesprochen, dass eine Ausdehnung von 500 auf ca. 15.000 Unternehmen in Deutschland erfolgen wird.


Inhalt des Nachhaltigkeitsreports

Der Entwurf der CSRD sieht hinsichtlich der jährlichen Berichtspflicht u.a. folgende Inhalte vor:

  • Umweltbezogene Aspekte (z.B. Klimaschutz, Wasserressourcen, Kreislaufwirtschaft, Umweltverschmutzung, Biodiversität)
  • Soziale bzw. gesellschaftliche Aspekte (z.B. Antidiskriminierung, Gleichstellung, Arbeitsbedingungen, Ach­tung der Menschenrechte sowie der demokratischen Grundsätze)
  • Aspekte der Unternehmensführung (z.B. Verantwortlichkeit des Leitungsgremiums, Unternehmenskultur und -ethik, Korruptionsprävention, politisches Engagement und Lobbyismus, Compliance Management System, Unternehmensrichtlinien)


Sorgfaltspflichten für Unternehmen

Im Zuge der Umsetzung der Vorgaben des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz mit dessen Sorgfalts- und Prüfpflichten werden sich zahlreiche deutsche Unternehmen ebenfalls mit den Anforderungen der CSRD befassen müssen.

Das gilt besonders vor dem Hintergrund, dass die CSRD die Pflicht zur externen Überprüfung vorsieht. Bislang existiert eine externe inhaltliche Prüfung der nichtfinanziellen Erklärung nur auf freiwilliger Basis. Um die Glaubwürdigkeit des Nachhaltigkeitsreportings zu verbessern, soll sich die Abschlussprüfung in den Mitglied­staaten nun auch weitgehend auf die Anforderungen und Standards der CSRD erstrecken.

Nach der CSRD (künftig) verpflichtete Unternehmen sind daher gut beraten, frühzeitig Vorkehrungen zu treffen, um die Vollständigkeit und Richtigkeit der Darstellungen in ihren Nachhaltigkeitsberichten zu gewährleisten. Mangels bislang vorhandener einheitlicher Prüfungsmaßstäbe werden Abschlussprüfer voraussichtlich in erster Linie Umstände evaluieren, die zur Annahme einer falschen Darstellung veranlassen könnten.


Sanktionierung im Fall des Verstoßes

Der gegenwärtig vorliegende Entwurf der CSRD trifft keine Aussage zu einheitlichen Sanktionen. Daraus folgt, dass etwaige Strafen bzw. Geldbußen bei Verstößen nach wie vor von den Mitgliedsländern bei Umsetzung in nationales Recht in Eigenregie festzulegen sind.


Insoweit waren die Mitgliedstaaten bereits im Zusammenhang mit der Umsetzung der CSR-Richtlinie aufgeru­fen, „abschreckende Sanktionen“ zu schaffen, um die Einhaltung der Berichtspflichten zu gewähr­leisten. Der deutsche Gesetzgeber hat sich damals für die Verortung innerhalb der bestehenden Straf- und Bußgeld­vor­schrif­­ten entschieden und insoweit die Vorschrift des § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB um unrichtige Darstellung der nicht­finanziellen Erklärung ergänzt.

Zudem führt § 331 Abs. 1 bzw. Nr. 2 HGB aus, dass mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft wird, wer als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Hiervon ist explizit auch die nichtfinanzielle Berichterstattung erfasst. Wer folglich im Rahmen des Nachhaltigkeitsreportings nach der CSR-Richtlinie bzw. künftig der CSRD unrich­tige Angaben macht, droht sich nach dem HGB strafbar zu machen.

Hinzu tritt ein Bußgeldrisiko nach § 334 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 HGB. Ordnungswidrig handelt hiernach, wer als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft Verstöße gegen die nationalen Vorschriften zur nichtfinanziellen Berichterstattung (§§ 289 ff. HGB) begeht, die u.a. der Umsetzung der CSR-Richtlinie dienen. Insoweit drohen Unternehmen Geldbußen von bis zu zwei Millionen Euro oder dem Zweifachen des aus der Ordnungswidrigkeit gezogenen wirtschaftlichen Vorteils. Im Fall einer kapitalmarkt­orientierten Kapitalgesellschaft kann die Geldbuße sogar bis zu zehn Millionen Euro oder fünf Prozent des jähr­lichen Gesamtumsatzes des vorausgegangenen Geschäftsjahrs betragen.

Neben die straf- und bußgeldrechtlichen Folgen können zudem auch noch Wettbewerbsverstöße treten, etwa im Fall des sog. Greenwashings, das eine Form der irreführende Werbung darstellen kann, wenn ein unrichtiger Nachhaltigkeitsbericht konkret der Imageverbesserung dient.


Über allem schwebt das gerade in dem Bereich besonders ausgeprägte Risiko einer negativen medialen Be­richt­erstattung und damit möglicherweise die Aufnahme des Unternehmens in ein öffentliches „Sünderver­zeichnis“ (sog. Naming and Shaming). Damit einhergehende Reputationsschäden und auch Folgeschäden, etwa durch Nichtberücksichtigung bei öffentlichen Vergabeverfahren, lassen sich zwar kaum beziffern, sind aber keinesfalls zu unterschätzen.


Fazit

Auch wenn der Entwurf der CSRD angesichts des beträchtlich ausgeweiteten Adressatenkreises derzeit vieler­orts auf Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit stößt, ist seitens des europäischen Gesetzgebers ein unbedingter Wille der zeitnahen Verabschiedung erkennbar. Auch wenn gerade für KMU noch eine gewisse „Schonfrist“ vorgesehen ist, sind die betreffenden Unternehmen gut beraten, bereits jetzt, auch wegen des na­henden Inkrafttretens des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, CSR- und Compliance-Strukturen zu schaf­fen, um ihren künftigen Berichtspflichten vollständig und wahrheitsgemäß nachkommen zu können.


Die genannten Strukturen lassen sich indessen keinesfalls über Nacht schaffen, Risiko- und Prozessanalysen in Unternehmen sind die Grundlage. Wir unterstützen Sie bei der Implementierung durch unsere interdis­zipli­näre CSR- und Compliance-Beratung aus einer Hand. Dabei behalten wir die internationale Ausrichtung Ihres Unternehmens genauso im Blick, wie Wirtschaftlichkeit, Passgenauigkeit und Praxisnähe.

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