China: Änderung des Gesetzes zum Schutz der Rechte von Frauen – Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 24. März 2023 | Lesedauer ca. 7 Minuten


Die Rechte von Frauen in der Gesellschaft, am Arbeitsplatz, die allgemeine Gleichbe­handlung und der Schutz spezifischer Interessen von Frauen stehen im Fokus des novellierten Gesetzes über den Schutz der Rechte und Interessen von Frauen (das „Gesetz“) und hierzu ergangener weiterer Vorschriften. Diese nehmen insbesondere auch Arbeitgeber in die Pflicht. Nachdem der rechtliche Hintergrund bereits näher beleuchtet wurde, widmet sich dieser Beitrag konkreten Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber in Bezug auf die spezifischen Anforderungen des Gesetzes.


Handlungsempfehlungen

Unternehmen ist dringend zu empfehlen, interne Regelungen wie den Code of Conduct, das Mitarbeiterhand­buch, Anweisungen und Arbeitsvorschriften, bestehende Arbeitsverträge, aber auch geübte Praktiken und selbst Räumlichkeiten wie Umkleiden, Sanitärbereiche usw. daraufhin zu prüfen, ob diese angesichts der Anfor­derungen des novellierten Gesetzes einer Überarbeitung und Anpassung bedürfen. Zudem verlangt das Gesetz die Einrichtung eines Meldesystems bzw. einer Meldestelle, an die sich Opfer sexueller Belästigung wenden können und welche entsprechende Maßnahmen ergreift. Nachlässigkeiten und Unterlassungen können nicht nur zu Strafen und Bußgeldern für das Unternehmen und die verantwortlichen Personen führen, sondern es drohen auch die Aufnahme in „Schwarze Listen“ und ein erheblicher Reputationsschaden (klassische Medien, Social Media).

Nachfolgend werden allgemeine Handlungsempfehlungen zu den verschiedenen Aspekten des Gesetzes näher dargestellt. Diese sind ohne Anspruch auf Vollständigkeit und natürlich hängt es auch von der individuellen Situation in jedem Unternehmen ab, welche Handlungen gegebenenfalls erforderlich werden können.

 

Verbot geschlechtsspezifischer Diskriminierung bei der Einstellung

Artikel 43 des Gesetzes benennt verschiedene Verbote und andere Benachteiligungen von Frauen im Zuge des Einstellungsprozesses. Handlungsempfehlungen sind daher:

  • Prüfung der Formulierung von Stellenanzeigen auf mögliche Benachteiligungen oder Diskriminierungen
  • Bei Einschaltung von Personaldienstleistern: Anforderung von entsprechenden Zusicherungen bzw. Nachweisen für deren Compliance mit dem Gesetz
  • Prüfung und Anpassung des Ablaufs von Bewerbungsgesprächen, insbesondere Vermeidung von geschlechts­­­spezifischen Fragen wie Kinderwunsch oder Familienstand
  • Schulung und Sensibilisierung der Personalverantwortlichen nebst Dokumentation derselben insbesondere in Bezug auf verbotene und diskriminierende Fragen  
  • Anpassung eines evtl. bestehenden Fragenkatalogs für Einstellungsgespräche
  • Dokumentation des Inhalts von Einstellungsgesprächen

 

Ausnahmen sind aber dort vorgesehen, soweit diese staatlich reglementiert sind. So bestehen beispielsweise Tätigkeiten, deren berufliche Ausübung für Frauen untersagt oder eingeschränkt ist (siehe dazu unten mehr).

 

Verbot ungleicher Entlohnung

Artikel 45 des Gesetzes fordert ausdrücklich, dass männlichen und weiblichen Arbeitnehmern gleicher Lohn/oder gleiches Gehalt für gleiche Arbeit zu bezahlen ist. Abgesehen von der gesetzlichen Verpflichtung bestehen weitere gute Gründe, den Gender Pay Gap zu beenden, z.B.:

  • Vergütung als ein wesentlicher Motivationsfaktor
  • Vergütung als ein stabilisierender Faktor für das Betriebsklima (Vermeidung schlechterer Arbeitsmoral und missgünstiger Beziehungen der Mitarbeiter untereinander)
  • positive Auswirkungen auf den Ruf und das Ansehen des Unternehmens (Unternehmenskultur)
  • Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg durch bessere Produktivität
  • Anziehungskraft für bestens ausgebildete Absolventen und wechselwillige Mitarbeiter
  • Verringerung der in China häufigen Fluktuation von Mitarbeitern
  • eventuell einen Satz wie beispielsweise Gleiche Wertschätzung der Arbeit weiblicher Mitarbeiter

 

Verbot geschlechtsspezifischer Diskriminierung während der Anstellung

Artikel 46 des Gesetzes verbietet geschlechtsspezifische Diskriminierung während der Beschäftigung. Die Regelung zielt damit insbesondere auf diskriminierende Regelungen in Bezug auf berufliche Titel, Bewertungen der Leistung, Beförderungen usw. und bestimmt, dass männliche und weibliche Mitarbeiter gleichbehandelt werden müssen.
 
Handlungsempfehlungen sind daher:

  • Prüfung bestehender Verfahren in Bezug auf die Leistungsbewertung auf möglicherweise diskriminierende Bewertungsmerkmale und ggf. Anpassung der internen Richtlinien
  • Schulung der für die Leistungsbewertung verantwortlichen Führungskräfte
  • Transparente Regelung in Bezug auf Berufstitel und Beförderungen

 

Verbotene Regelungen und zwingende Schutzbestimmungen in Arbeitsverträgen und besondere Schutzmaßnahmen

Hintergrund dieser Bestimmungen insbesondere in den Artikeln 44, 47 und 48 des Gesetzes ist, dass der Grund­satz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen v.a. aus biologischen Gründen nicht immer durch­zuhalten ist und so eine Gewährung von unterschiedlichen Rechten angemessen und begründet ist. Das betrifft insbesondere die Zeit der Menstruation, einer Schwangerschaft sowie die Stillzeit (ein Jahr ab der Entbindung).
 
Artikel 44 des Gesetzes sieht verbotene sowie zwingende Bestimmungen in Arbeitsverträgen mit Arbeitnehme­rinnen vor. Verbotene Bestimmungen betreffen für die Arbeitnehmerin nachteilige Bestimmungen bei Heirat, Kinderwunsch bzw. Schwangerschaft und Mutterschaft.
 
Die besonderen Schutzbestimmungen sind v.a. in den Artikeln 47 und 48 des Gesetzes geregelt. Hintergrund der Regelungen sind insbesondere biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern sowie das besondere Schutzbedürfnis von Frauen während der Menstruation, einer Schwangerschaft und der Stillzeit. Die Schutzbe­stimmungen betreffen v.a. drei Bereiche: die Arbeit als solche mit Regelungen zu besonderen Tätigkeiten, die Arbeitszeit und die Gewährung von Sonderurlaub.
 

In diesem Zusammenhang sind weitere Schutzbestimmungen in anderen Gesetzen zu beachten. Das betrifft insbesondere das Arbeitsgesetz. Artikel 58 ff. des Arbeitsgesetzes regeln für Arbeitnehmerinnen grundsätzlich untersagte Tätigkeiten sowie Einschränkungen von Tätigkeitsbereichen bei Schwangerschaft und während der Stillzeit. Zu den untersagten Tätigkeiten gehören unter anderem Tätigkeiten im Bergbau unter Tage und körper­lich arbeitsintensive Arbeiten der Klasse 4 gemäß den staatlichen Einstufungsstandards für körperlich arbeits­intensive Arbeiten. Arbeiten in großer Höhe, bei niedrigen Temperaturen, in Kaltwasser oder körperlich arbeits­intensive Arbeiten der Klasse 3 dürfen von Frauen während der Menstruation nicht ausgeübt werden. Während einer Schwangerschaft dürfen Frauen nicht in Bereichen arbeiten, in denen sie bestimmten toxischen Substan­zen, Radioaktivität oder auch Substanzen bei der Medikamentenherstellung ausgesetzt sein können. Daneben bestehen verschärfte Vorschriften für Arbeiten in großer Höhe, bei niedrigen oder hohen Temperaturen, in kaltem Wasser, bei bestimmten Lärmpegeln, bei körperlich arbeitsintensiven Tätigkeiten, bei starken Vibratio­nen, in geschlossenen Räumen oder Hochdruckkammern. Auch während der Stillzeit gelten die meisten Einschränkungen, die für schwangere Frauen gelten.

Grundsätzlich muss ein Arbeitgeber die Arbeitsbelastung einer schwangeren Arbeitnehmerin reduzieren oder ihr eine andere Tätigkeit zuweisen, falls die Arbeitnehmerin ihre ursprüngliche Tätigkeit nicht ausüben kann. Ab dem siebten Schwangerschaftsmonat sowie während der Stillzeit darf die Arbeitszeit nicht verlängert oder Nachtschichten angeordnet werden.

Schließlich sind Arbeitgeber verpflichtet, einer schwangeren Arbeitnehmerin die Teilnahme an Vorsorgeunter­su­chungen zu ermöglichen (bezahlte Urlaubstage) sowie Ansprüche auf gesetzlichen Urlaub während der Schwangerschaft, Mutterschaftsurlaub, Stillurlaub und Urlaub zur Kinderbetreuung zu gewähren.

Zudem genießen Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft und der Stillzeit Kündigungsschutz (ein­seitige Kündigung durch die Arbeitnehmerin und einvernehmliche Arbeitsvertragsauflösung bleiben möglich). Bei befristeten Arbeitsverträgen, die während einer Schwangerschaft auslaufen, erfolgt eine automatische Verlängerung des Arbeitsvertrages bis zum Ende der Stillzeit.

Handlungsempfehlungen:

  • Prüfung von Arbeitsverträgen auf das Bestehen verbotener Bestimmungen (z.B. Lohnkürzung bei Schwan­gerschaft oder von der gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmungen in Bezug auf Sonderurlaub bei Heirat, Mutterschaftsurlaub) und erforderlichenfalls Anpassung
  • Prüfung von Arbeitsverträgen im Hinblick auf die Gewährung der gesetzlichen Urlaubsansprüche bei Schwangerschaft und während der Stillzeit
  • Prüfung der lokalen Vorschriften in Bezug auf weitere Urlaubstage zusätzlich zu den auf Staatsebene gewährten Urlaubsanspruch
  • Schulung von Vorgesetzten über die Einschränkungen der Einsatzgebiete von Arbeitnehmerinnen und entsprechende Dokumentation
  • Anpassung der Tätigkeiten von Arbeitnehmerinnen während einer Schwangerschaft und der Stillzeit

 

Schutz vor sexueller Belästigung

Artikel 23 des Gesetzes verbietet die sexuelle Belästigung von Frauen und gewährt betroffenen Frauen das Recht, sich an Institutionen und die Strafverfolgungsbehörden zu wenden, die entsprechenden Anzeigen nach­gehen müssen. Artikel 1010 des Zivilgesetzbuches gewährt betroffenen Frauen darüber hinaus einen zivilrecht­lichen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Täter. Artikel 237 des Strafgesetzbuches sieht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren für denjenigen vor, der eine Frau durch Gewalt, Nötigung oder andere gewaltsame Mittel unsittlich berührt oder beleidigt. Artikel 25 des Gesetzes formuliert darüber hinaus Anforderungen an Arbeitge­ber zur Verhinderung von und dem Schutz von Frauen vor sexueller Belästigung.

 

Eine Gemeinsamkeit der verschiedenen gesetzlichen Regelungen ist, dass sexuelle Belästigung nur ungenü­gend definiert ist. Arbeitgeber sollten daher in ihren internen Regelungen eine eigene, klare Definition von sexueller Belästigung aufnehmen und die Folgen für einen Täter eindeutig benennen, um so die eigenen Arbeit­nehmerinnen zu schützen, aber auch um für das Unternehmen selbst einen Schutz zu errichten, da Fälle von sexueller Belästigung und die Reaktion des Unternehmens darauf enorme Auswirkungen auf die Reputation haben können. Unternehmen können daher folgende Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung ergreifen:

  • Prüfung und gegebenenfalls Überarbeitung des Mitarbeiterhandbuchs: Definition unangemessener Verhal­tensweisen, Regelungen bezüglich der unternehmensinternen Verfolgung und möglicher Konsequenzen für den Täter sowie entsprechende Information und Zurverfügungstellung des Mitarbeiterhandbuchs gegen Empfangsbekenntnis
  • Vorhalten eines Ansprechpartners oder einer Beschwerdestelle (siehe unten)
  • Schulungen und Trainings für Führungskräfte als auch alle Mitarbeiter, Dokumentation derselben
  • ggf. Versetzung oder Beurlaubung des Täters bereits während der Untersuchung
  • regelmäßige Neubewertung und Anpassung der bestehenden Regelungen
  • strikte Wahrung der Vertraulichkeit und der Privatsphäre betroffener Mitarbeiter

 

Einrichtung einer Meldestelle

Wie bereits hier zu Artikel 25 des Gesetzes und im vorstehenden Punkt angesprochen, treffen Arbeitgeber besondere Pflichten zur Durchsetzung des Gesetzes und zum Schutz von Frauen.  Neben der Einführung entsprechender interner Regelungen, der Durchführung von Schulungen usw. sind Arbeitgeber auch verpflich­tet, Hinweisen, Beschwerden, Anzeigen usw. von Opfern sexueller Belästigung oder Gewalt nachzugehen und diesen Unterstützung zu gewähren. Zu diesem Zweck ist die Einrichtung einer entsprechenden Meldestelle zu empfehlen. Die Meldestelle sollte direkt bei der Geschäftsleitung angesiedelt werden, auch um zu verhindern, dass Beschwerden von Opfern sexueller Belästigung von deren Vorgesetzten oder anderen Mitarbeitern des Unternehmens verzögert oder zurückgehalten werden. Die Aufgaben einer solchen Meldestelle umfassen insbesondere:

  • Bereitstellung eines Beschwerdetelefons, eines Briefkastens und weiterer Kontaktmöglichkeiten
  • Durchführung von Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeiter
  • Durchsetzung und Überwachung der Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung und Gewalt
  • Sicherstellung der Bearbeitung von Meldungen und Information der Geschäftsleitung
  • Implementierung bzw. Verbesserung des Untersuchungs- und Bearbeitungsverfahrens, insbesondere eine zeitnahe Bearbeitung sowie Maßnahmen zum Schutz der persönlichen Daten und der Privatsphäre der Beteiligten
  • Unterstützung und Hilfe für weibliche Opfer bei der Verteidigung ihrer Rechte gemäß dem Gesetz und psy­chologische Beratung für weibliche Opfer, wenn das erforderlich ist (z.B. Vermittlung von externen Beratungsdiensten an Betroffene)
  • Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden in schweren Fällen (z.B. bei Verdacht auf ein nach dem Strafrecht und/oder anderen relevanten Gesetzen verfolgbares Delikt)

 

Die Meldestelle sollte zudem auch für entsprechende Hinweise Dritter unter Wahrung deren Schutzes (persön­liche Daten) offen stehen, das heißt nicht nur für Betroffene und Opfer sexueller Belästigung, sondern bei­spielsweise auch für Kollegen, die Zeugen sexueller Belästigung geworden sind oder von Vorfällen sexueller Belästigung gehört haben, ohne dass sich das Opfer (bislang) an die Meldestelle gewandt hat. Soweit im Unternehmen bereits eine Meldestelle besteht, beispielsweise im Rahmen eines allgemeinen Whistleblower­systems oder im Rahmen der Umsetzung weiterer Compliance-Pflichten, können die vorstehenden Aufgaben und Pflichten von dieser Meldestelle übernommen werden.

Arbeitgeber sollten die Konsequenzen sexueller Belästigung im eigenen Unternehmen nicht unterschätzen. Neben der straf- und zivilrechtlichen Haftung des Täters besteht eine Vielzahl von Urteilen, in welchem auch der Arbeitgeber wegen mangelnder Fürsorge und fehlender interner Regeln und Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung zur Zahlung von Entschädigung als auch zu Geldstrafen verurteilt wurden.

Im Rahmen von internen Untersuchungen sexueller Belästigung müssen Arbeitgeber zudem beachten, dass ihnen grundsätzlich nicht die gleichen Rechte zustehen, wie den Strafverfolgungsbehörden und auch das Recht auf Ansehen und Privatsphäre des Täters beachten. Kenntnis des rechtlich Zulässigen ist daher erforderlich.

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu