Peking öffnet Türen für ausländische Schiedsgerichtsinstitutionen

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veröffentlicht am 17. Dezember 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Christina Gigler

  

​Kürzlich hat die Stadtverwaltung von Peking ("Regierung von Peking") erstmals ausländischen Schiedsinstitutionen erlaubt, in bestimmten Gebieten Pekings Schiedsdienstleistungen für Zivil- und Handelsstreitigkeiten anzubieten. Diese Entwicklung folgt einer früheren Politik der Stadtverwaltung Shanghais, die ausländischen Schiedsinstitutionen grünes Licht für Schlichtungsgeschäfte bei zivil- und handelsrechtlichen Streitigkeiten in den Freihandelszonen, insbesondere in der Freihandelszone Lingang, erteilte.

  

  

Bisherige Situation

Vor dieser Öffnungspolitik gab es große Unsicherheiten darüber, ob ausländische Schiedsinstitutionen Schiedsverfahren in der Volksrepublik China ("China") durchführen können. 
 
Auf legislativer Ebene legt das chinesische Schiedsgerichtsgesetz ("Schiedsgerichtsgesetz") nicht eindeutig fest, ob ausländische Schiedsinstitutionen Schiedsverfahren in China durchführen dürfen oder nicht. Das Schiedsgerichtsgesetz verbietet in seinen Sonderbestimmungen für die Schiedsgerichtsbarkeit mit Auslandsbezug in Kapitel VII nicht ausdrücklich, dass ausländische Schiedsinstitutionen solche ausländischen Schiedsverfahren in China durchführen dürfen. Dennoch führt die Tatsache, dass das Schiedsgerichtsgesetz in Artikel 15 vorsieht, dass die Schiedskommissionen Mitglieder der Chinesischen Schiedsgerichtsvereinigung sein sollen, dazu, dass ausländische Schiedsinstitutionen eher nicht als "Schiedskommissionen" gelten. 

Auf gerichtlicher Ebene neigen chinesische Gerichte mehr und mehr zu der Auffassung, dass eine Schiedsvereinbarung, die eine ausländische Schiedsinstitution zur Verhandlung von Streitigkeiten in China bestimmt, tatsächlich gültig ist. In einer Antwort des Obersten Volksgerichts Chinas ("Volksgericht") aus dem Jahr 2013 (Nr. 13 [2013] Zivilabteilung IV des Volksgerichts) entschied jenes Gericht, dass eine Schiedsvereinbarung als gültig gilt, solange die Parteien dieser Vereinbarung ihre Absicht eines Schiedsverfahrens bekundet, die Schiedsangelegenheiten festgelegt und eine bestimmte Schiedsinstitution ausgewählt haben. Der Shanghai No.1 Intermediate People's Court vertrat kürzlich in einem Berufungsverfahren ([2020] Hu 01 Min Te Nr. 83) die Auffassung, dass die betreffende Schiedsvereinbarung, in der beide Parteien vereinbart haben, dass ihre Streitigkeiten endgültig dem Singapore International Arbitration Centre (SIAC) zur Schlichtung in Shanghai vorgelegt werden, gültig ist. Dennoch haben weder das Volksgericht noch der Shanghai No.1 Intermediate People's Court jemals direkt die Zulässigkeit einer ausländischen Schiedsinstitution zur Durchführung von Schiedsverfahren in China bestätigt.

Neuer Arbeitsplan in Peking

Am 28. August 2020 billigte der chinesische Staatsrat im Grundsatz den Arbeitsplan für die Vertiefung des umfassenden Pilotprojekts und die neue Runde der Öffnung der Dienstleistungssektoren in Peking und den Aufbau eines umfassenden Demonstrationsgebiets für die Öffnung der staatlichen Dienstleistungssektoren ("Arbeitsplan"). Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Punkt 8 des Arbeitsplans wird die Regierung von Peking die Reformen vertiefen und Ausländern unter bestimmten Bedingungen erlauben, Dienstleistungen wie Buchhaltung, Finanzen, architektonische Gestaltung und Planung auszuüben. Noch wichtiger ist, dass die Regierung von Peking ausländischen Schiedsinstitutionen gestattet, in bestimmten Gebieten Pekings Geschäftsorgane einzurichten, die den Vorsitz bei der Schlichtung zivil- und handelsrechtlicher Streitigkeiten führen und die Anwendung und Durchsetzung vorläufiger Maßnahmen, die von den Parteien solcher Streitigkeiten in Bezug auf Eigentum oder Beweismittel vor und während des Schiedsverfahrens ergriffen wurden, zu unterstützen und zu garantieren. 

Wie im selben Abschnitt des Arbeitsplans festgelegt, gibt es für jede ausländische Schiedsinstitution, die ein Schiedsverfahren in Peking durchführen soll, im Allgemeinen drei Voraussetzungen oder besser gesagt Einschränkungen zu berücksichtigen: 
  1. Ausländische Schiedsinstitutionen dürfen ihre Geschäftsorgane nur in bestimmten Gebieten Pekings einrichten; 
  2. Ausländische Schiedsinstitutionen dürfen nur zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten im Zusammenhang des internationalen Handels, internationaler Investitionen usw. schlichten; 
  3. Ausländische Schiedsinstitutionen müssen ihre Geschäftsorgane bei den zuständigen Justizverwaltungsbehörden in Peking sowie beim chinesischen Justizministerium registrieren lassen.

Letztlich handelt es sich bei dem Arbeitsplan lediglich um eine Initiative, die von der Regierung von Peking umgesetzt werden soll, und daher sind vor allem zwei weitere Fragen zu klären: Zum einen die Frage, welche Gebiete Pekings als zulässiger Standort für ausländische Schiedsinstitutionen geplant sind, um die Geschäftsorgane einzurichten; Zum anderen ist der Umfang der Schiedsdienstleistungen, die ausländische Schiedsinstitutionen erbringen dürfen, noch nicht klar definiert, obwohl davon ausgegangen wird, dass die Schiedsdienstleistungen auf auslandsbezogene Streitigkeiten beschränkt sein werden, wie sich aus "internationalem Handel, internationalen Investitionen usw." im Arbeitsplan interpretieren lässt. 

Ausblick

Der Arbeitsplan signalisiert. zusammen mit der bereits früher von der Stadtverwaltung Shanghai verabschiedeten Politik, Chinas Engagement für eine weitere Liberalisierung der Schiedsgerichtsbarkeit. Der Arbeitsplan gibt jedoch nur eine allgemeine Richtung und keine detaillierten Regeln vor. Unsicherheit besteht vor allem noch bei der Anerkennung und Vollstreckung potenzieller Schiedssprüche, die von den Geschäftsorganen ausländischer Schiedsinstitutionen erlassen werden, die sich künftig in Peking ansiedeln könnten.

Wir schlagen daher vor, zumindest solange, bis detailliertere lokale Vorschriften oder Richtlinien der Regierung von Peking für die Umsetzung des Arbeitsplans erlassen werden, entweder eine anerkannte chinesische Schiedskommission zu wählen, falls die Parteien in China schiedsrichterlich tätig werden wollen, oder eine ausländische Schiedsinstitution mit Sitz außerhalb Chinas, wie z.B. das „Singapore International Arbitration Centre“, zu vereinbaren. Gleichzeitig werden wir jede weitere Gesetzgebung und Praxis im Zusammenhang mit dieser Entwicklung genau im Auge behalten.
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