Reform der indischen Umsatzsteuer – Einführung der Goods and Services Tax

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Indien steht kurz vor Einführung der „Goods and Services Tax” (GST) und damit vor der größten Steuerreform seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1947. Das indische Unterhaus (Lok Sabha) beschloss am 29. März 2017 die gesetzlichen Grundlagen. Eine Zustimmung des Oberhauses (Rajya Sabha) ist nicht erforderlich. Mit einem Inkrafttreten zum 1. Juli oder spätestens zum 1. September 2017 wird gerechnet. Die GST wird das bisherige System der indirekten Steuern komplett erneuern. Unternehmen sollten sich umgehend vorbereiten, ihre Prozesse anpassen und sie in ihrer Tax Compliance berücksichtigen.
 

 

Die GST ist genau genommen längst überfällig. Bereits seit 2000 gibt es Initiativen, das in eine Vielzahl verschiedener Steuerarten zergliederte System zu modernisieren.Interessengegensätze zwischen Bundesstaaten und Zentralregierung ließen sie jedoch wiederholt scheitern. Dem aktuellen Anlauf der Reform standen daher zunächst viele Experten skeptisch gegenüber. Diesmal behielten jedoch die Optimisten Recht.
 

GST auf einen Blick

Die GST ist eine einheitliche Steuer, die auf die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen entfällt. Sie wird viele der aktuell geltenden indirekten Steuern ablösen, u.a. Excise Duty, Service Tax, Value Added Tax (VAT) und Central Sales Tax. Ähnlich der deutschen Umsatzsteuer wird sie nur den auf der jeweiligen Handelsstufe geschaffenen Mehrwert besteuern – für Unternehmen ist sie daher neutral.
 
Streng genommen ist die GST keine ganz einheitliche Steuer. Sie wird sich aus 3 Komponenten zusammensetzen:
  • Central GST (CGST): Steuer der Zentralregierung
  • State GST (SGST): Steuer der Bundesstaaten
  • Integrated GST (IGST): übergreifende Steuer 
     
Welche der Steuern anfällt, entscheidet sich nach dem Erbringungsort der Leistung, d.h. danach, ob sie innerhalb eines Bundesstaats oder zwischen 2 Bundesstaaten erfolgt. Der Vorsteuerabzug zwischen den Steuerarten ist nur eingeschränkt zulässig. Diese Dreiteilung ist Folge der föderalen Struktur Indiens und gleichzeitig eine Herausforderung für die IT-Systeme der Finanzverwaltung sowie die Buchhaltung indischer Unternehmen. Sie führt im Ergebnis jedoch nicht zu einer steuerlichen Mehrbelastung. 
 
Generell wird auch für den Verbraucher mit Einführung der GST nicht alles teurer. Unterliegt bspw. die Herstellung einer Klimaanlage bislang einer Excise Duty von 12,5 Prozent und ihr Verkauf einer VAT von 13,5 Prozent, ergibt sich aktuell rechnerisch eine Gesamtsteuerbelastung von 27,7 Prozent. Nach Einführung der GST liegt sie nur etwas höher, bei 28 Prozent.
 

Herausforderungen und Chancen 

Neben der enormen Vereinfachung gegenüber der aktuellen Rechtslage birgt die GST auch Konfliktpotenzial. So können Unternehmen die in den Rechnungen ihrer Lieferanten ausgewiesene GST nur dann als Vorsteuer geltend machen, wenn sie auch tatsächlich abgeführt wurde. Um rechtzeitig reagieren zu können, müssen indische Unternehmen Kontrollmechanismen einführen – so fordern manche Großunternehmen ihre Lieferanten bereits jetzt auf, schriftlich zu bestätigen, dass sie „GST-ready” sind oder eine „GST Taskforce” eingeführt haben. 
 
Für nach Indien exportierende Unternehmen ist die GST eine Chance. Im aktuellen System wird ein Großteil der Einfuhrabgaben für indische Zwischenhändler zum Kostenfaktor (ihnen fehlt die Berechtigung zum Vorsteuerabzug). Sie könnten gezahlte Abgaben zwar 1:1 an ihre Abnehmer weitergeben, die würden jedoch so den vom Zwischenhändler gezahlten Einkaufspreis erfahren – eine meist vertrauliche Information. Daher verzichteten viele Zwischenhändler auf ein Durchreichen der Abgaben, womit sich die Waren um ca. 15 Prozent verteuern. Das Vorsteuerabzugssystem der GST beseitigt diesen Nachteil.
 

Fazit

Die GST birgt unserer Einschätzung nach sowohl für die indische Wirtschaft als auch für ausländische Exporteure große Chancen – trotz der sicher zu erwartenden Stolpersteine bei ihrer Einführung. Sie beeinflusst die Compliance-Prozesse nachhaltig. Daher ist es wichtig, neben den notwendigen Anpassungen der Supply Chain auch die Buchhaltungssysteme und die IT-Infrastruktur des Unternehmens danach auszurichten.
 

 Bitte beachten Sie:

  • Bereits in Indien umsatzsteuerlich registrierte Unternehmen werden (weitgehend) automatisch in das neue System überführt und bestehende Vorsteuerguthaben übertragen.
  • Priorität sollte v.a. die Anpassung der Buchhaltungssysteme und IT-Infrastruktur haben. Dabei sollten die Fachabteilungen der deutschen Mutterhäuser eng überwachen.
  • Vertriebswege und Preiskalkulationen sind zu überprüfen und ggf. anzupassen.
     
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