Digitales Steuerreporting – Bedarf und Bedeutung im internationalen Vergleich

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veröffentlicht am 30. Mai 2018
 
​Die Technologie hat immensen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit internationaler Unternehmen und wird zum grundlegenden Bestandteil aller Vorgänge – denn genau genommen ist jedes Geschäft mehr oder weniger ein technologisches. Die Behörden der öffentlichen Verwaltung passen dem neuesten Stand der Technik entsprechende Werkzeuge viel schneller an als erwartet und führen sie nach und nach ein. Diese Entwicklung ist erfreulich, denn oft ist es umgekehrt und erst die technologischen Entwicklungen selbst beeinflussen die vom Gesetzgeber angewandte Art und Weise der Regelungen bzw. machen sie notwendig.
 

  

In den letzten 10 Jahren beobachteten wir 3 grundlegende Trends in der Gestaltung des Steuerreportings, insbesondere des Umsatzsteuerreportings:

​1.

 

 

​Neue Steuervorschriften werden ziemlich aggressiv eingeführt. Sie tangieren komplexere Geschäfte, was es der Finanzverwaltung des betreffenden Staats ermöglicht, die gesamte Lieferkette in jeder Etappe des Geschäfts zu kontrollieren.

​2.

 

 

​Die Regelungen von der Durchsetzung der den Unternehmern obliegender Pflicht zum periodischen Sammelreporting (monatlich, quartalsweise, jährlich) wird in die Richtung des Real Time Reportings geändert.

​3.

 

​Die Staaten arbeiten immer enger zusammen und die Angaben zu den Geschäften werden effektiver ausgetauscht – die Welt ist zu einem globalen Dorf zusammengewachsen. 

 

Real Time Reporting im Überblick

Da die Einsicht in die Tätigkeit eines Unternehmens in Echtzeit möglich ist, minimieren die Steuerbehörden Steuerlücken, verbessern die Effektivität sowie Genauigkeit der Kontrolle und vereinfachen sie beträchtlich. Mittelbar mindert das die Kosten der Finanzverwaltung. Obwohl sich jedes Land in einer anderen Etappe der Einführung befindet und ihre Herangehensweise unterschiedlich ist, gibt es einen klaren Trend: Die Länder nutzen Technologien zur Unterstützung von E-Invoicing, E-Filing, E-Accounting und E-Ledger. 
 

Lateinamerika

Eine sehr fortgeschrittene Region beim geänderten Ansatz zum Steuerreporting und zur Implementierung neuer Technologien ist Lateinamerika: Vor mehr als 10 Jahren haben Brasilien, Mexiko und Chile das E-Invoicing-Modell und die Erteilung der Informationen über die Geschäfte in Echtzeit (nach dem sog. „Pre-Clearance-Verfahren”) sowie die mögliche Verbindung der Geschäfte des Unternehmers mit den Geschäften seines Kunden im ERP-System eingeführt. Die Umsatzsteuereinnahmen in der Region machen gut 60 Prozent sämtlicher Steuereinnahmen aus.
  
Hintergrund war, dass der Fiskus dieser Staaten Millionenverluste wegen Steuerstraftaten und Steuerver­meidung verzeichnete. In Brasilien sind die Umsatzsteuereinnahmen im ersten Jahr nach Einführung der neuen Vorschriften um mehr als 58 Mrd. US-Dollar angestiegen. Laut den neuesten Informationen werden über 3.600 Steuerpflichtige in Kolumbien ab dem 1. Quartal 2018 E-Invoicing in Anspruch nehmen; ab dem 1. Januar 2019 wird jede vom Steuerpflichtigen ausgestellte Rechnung von der kolumbianischen Finanzverwaltung vorab geklärt (Pre-Clearance-Verfahren).
   

Europäische Union

Die EU-Mitgliedstaaten sind bei der Einführung des neuen Ansatzes noch nicht so weit und ein Teil der Staaten nutzt noch den standardmäßigen Ansatz – doch das ändert sich zunehmend. Ein gutes Beispiel ist die Pflicht, SAF-T-Dateien (Standard Audit File for Taxes) bei den Steuerbehörden als direkten Import der Daten aus dem ERP-System einzureichen. Die SAF-T-Datei wurde bereits in Portugal, Polen, Litauen, Österreich, Luxemburg, teilweise in Tschechien und fast komplett in Norwegen eingeführt.
 
Ein weiteres Beispiel ist das spanische SII Real Time Reporting (sog. „Suministro Inmediato de Informacion”, gültig seit dem 1. Juli 2017). SII legt den Steuerpflichtigen auf, die Angaben aus dem Hauptbuch und aus bestimmten Rechnungen in Echtzeit zu übermitteln. Seit dem 1. Januar 2018 gilt SII auch im Baskenland und in Navarra.
 
Ungarn ist Vorreiter bei den Fiskalkassen und dem Online-Reporting des Einzelverkaufs im B2C-Bereich. Außerdem müssen alle umsatzsteuerpflichtig registrierten Unternehmen ab Juli 2018 inländische B2B-Verkaufsrechnungen mit einem Umsatzsteuerwert von mehr als 100.000 ungarische Forint (kurz: HUF, ca. 320 Euro) innerhalb von 24 Stunden nach der Ausstellung als XML-Datei an die ungarische Finanz- und Zollverwaltung übermitteln. Werden die Rechnungen nicht in Echtzeit angemeldet, können Strafen i.H.v. bis zu 500.000 HUF (ca. 1.600 Euro) pro Rechnung verhängt werden.
 
In Italien wird das E-Invoicing im B2B-Sektor ab dem 1. Juli 2018 den Unternehmen, die Benzin verkaufen, sowie den Subunternehmern der Lieferanten bei öffentlichen Aufträgen obliegen. Ab dem 1. Januar 2019 ist das E-Invoicing (B2B) für alle Unternehmen obligatorisch anzuwenden. 
 
In Großbritannien hat die Königliche Steuer- und Zollbehörde im November 2017 die Anmerkungen zu den Vorschriften der Initiative „Making Tax Digital” (MTD) angenommen; sie sollen Anfang April 2019 in Kraft treten. MTD hat zum Ziel, den Zugang zu sämtlichen Steuerinformationen nahezu in Echtzeit und über eine Schnittstelle zu ermöglichen. Mit der Initiative werden auch ein neues Online-Abrechnungssystem, automatische Korrekturen der Steuercodes und andere digitale Steuerleistungen eingeführt.
 

Split Payment bei der Umsatzsteuer

Ein anderer Kontrollmechanismus ist die geteilte Zahlung bei der Umsatzsteuer. Bei der Bezahlung der Rechnung nach dem sog. „Split-Payment-Mechanismus” wird der Umsatzsteuerbetrag sofort (aufgrund der zweckgebundenen Zahlungsanweisung) auf ein Sonderkonto überwiesen, das nur für die Zahlung der Umsatzsteuer genutzt werden kann. Der Split-Payment-Mechanismus tritt am 1. Juli 2018 in Polen in Kraft – zunächst freiwillig bei B2B-Geschäften, ab dem 1. Januar 2019 als obligatorischer Mechanismus bei ausgewählten Transaktionen. Alle polnischen Banken und Sparkassen haben bereits entsprechende Zahlungsanweisungen eingeführt.
 
Split-Payment gilt auch in Italien (seit 1. Januar 2015 und nur bei Geschäften mit Trägern des öffentlichen Rechts) sowie in Tschechien. In beiden Ländern wird die Zahlung der Umsatzsteuer durch den Erwerber direkt auf das Bankkonto der für seinen Sitz zuständigen Steuerbehörde überwiesen. 
 
 
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