Influencerinnen und Influencer im Visier der Steuerfahndung

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 28. Juli​ 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten
 

Derzeit finden sich zahlreiche Medienberichte über Strafbarkeitsrisiken von Influencerinnen und Influencern wegen Steuerhinterziehung. Das Thema ist grundsätzlich nicht neu – bereits 2020 veröffentlichte z.B. die bayerische Finanzverwaltung eine Handreichung, die über Steuerpflicht und steuerliche Risiken von Influencerinnen und Influencern aufklären sollte.1 

 

 

Mitte Juli teilte das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität Nordrhein-Westfalen (LBF) jedoch mit, dass es den Verdacht auf Steuerhinterziehung durch Influencerinnen und Influencer im Volumen von rund 300 Millionen Euro hege.2  ​


Ein „Influencer-Team“ der Steuerfahndung analysiere aktuell ein umfangreiches Datenpaket mehrerer Social Media-Plattformen mit ca. 6.000 Datensätzen mit dem Ziel, professionelle Influencerinnen und Influencer zu ermitteln, die ihre steuerlichen Pflichten mit „hoher krimineller Energie“ umgingen. Auch in Bayern überprüfe Medienberichten zufolge derzeit eine Spezialeinheit des Landesamts für Steuern ein solches Datenpaket, das sogar 9.000 Einträge enthalte.3


„Nicht einmal eine Steuernummer“​

Seit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie DAC 7 sind die Anbieter digitaler Plattformen verpflichtet, die Finanzverwaltung jährlich über Transaktionen ihrer registrierten Nutzerinnen und Nutzer zu informieren, wobei zum ersten Mal zum 31.01.2024 zu melden war. Nach Auffassung des LBF sei es dabei keine Seltenheit, dass eine Influencerin oder ein Influencer pro Monat mehrere zehntausend Euro verdiene, aber nicht einmal über eine Steuernummer verfüge. Dabei lässt es das LBF in seiner Mitteilung grundsätzlich offen, welche Personen unter den Begriff „Influencerin“ bzw. „Influencer“ gefasst werden soll. Gemeint sind aber offenbar insbesondere Content Creatorinnen und Content Creatoren auf Social Media-Plattformen, die Vergütungen für Klicks, Verkäufe, Werbekooperationen oder Abo-Zahlungen erhalten. Diese entzögen sich dem deutschen Fiskus durch vertragliche Gestaltungen, aber vor allem durch eine Verlagerung des offiziellen Wohnsitzes an eine „Briefkastenadresse“ im Ausland. 


Steuerrechtlicher Hintergrund und Risiko​

Steuerrechtlicher Hintergrund für das Vorgehen des LBF ist, dass Einkünfte jedweder Art in Deutschland grundsätzlich der Steuerpflicht nach dem Einkommenssteuergesetz unterliegen. Dabei ist insbesondere Wohnsitz bzw. der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland maßgeblich. Dieser kann auch nicht durch z.B. eine rein formale Wohnsitzmeldung ins Ausland verlagert werden; es kommt vielmehr auf den tatsächlichen Wohnort an. Gerade die Angabe von Scheinwohnsitzen in Drittländern, wie z.B. Dubai, wird von der Finanzverwaltung regelmäßig als Indiz für ein gewolltes bzw. bewusstes – und damit vorsätzliches – Hinterziehungsverhalten gewertet. Durchsuchungsbeschlüsse sowie in gravierenderen Fällen sogar Haftbefehle sind oftmals die Folge.

Betroffen sind angesichts der weitreichenden Ermittlungen der Finanzbehörden allerdings sicher nicht nur die vorgenannten Scheinwohnsitze, sondern auch „alltäglichere“ Zuwendungen an Influencerinnen und Influencer, z.B. Reisen oder Sachzuwendungen im Rahmen von Werbekampagnen. Dies gilt vor allem, wenn durch diese Zuwendungen wertmäßig der jährliche Grundfreibetrag überschritten wird. Darf etwa eine Influencerin das zu bewerbende hochwertige E-Bike nach getaner Arbeit behalten, kommt betragsmäßig bereits einiges zusammen. Vorsicht: Maßgeblich ist zudem immer der Gesamtbetrag der Einkünfte!

Wird die Tätigkeit als Influencerin bzw. Influencer zudem selbstständig und nachhaltig ausgeübt treten neben die Einkommenssteuerpflicht je nach Umsatzvolumen gegebenenfalls eine Umsatzsteuer- sowie je nach Gewinnvolumen eine Gewerbesteuerpflicht. Auch diese Steuerarten können selbstverständlich – und zumeist mit empfindlichen Strafen sanktionierbar – hinterzogen werden.


Wege der Risikominimierung​

Das deutsche Steuerverfahrensrecht schafft mit der Selbstanzeigemöglichkeit (§ 371 Abgabenordnung – AO) einen Anreiz für Steuerpflichtige, Straffreiheit im Hinblick auf etwaige verwirklichte Steuerhinterziehung zu erlangen, wenn in vollem Umfang bislang unrichtige Angaben berichtigt oder unterlassene Angaben nachgeholt werden. Voraussetzung für die Straffreiheit ist jedoch unter anderen, dass die Tat zuvor noch nicht entdeckt war. Zur Vermeidung steuerlicher und strafrechtlicher Risiken ist für Influencerinnen und Influencer also schnelles Handeln angezeigt. 

Hat eine Influencerin bzw. ein Influencer dagegen bereits einen Brief vom Finanzamt erhalten, in dem ihr/ihm die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben wurde, besteht ebenfalls umgehend Handlungsbedarf. Steuerhinterziehung (§ 370 AO) kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren, sanktioniert werden. Ein voreilige Aussage bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle kann die eigene Belastung zur Folge haben – insbesondere, weil die betroffene Person ohne anwaltliche Vertretung den Inhalt der Ermittlungsakte nicht kennt und daher nicht über das „Big Picture“ des Tatvorwurfs verfügt.

Mit Blick auf Management Protection sollten schließlich nicht nur die Influencerinnen und Influencer selbst, sondern auch Unternehmen ihre steuerliche Compliance überprüfen, z.B. wenn sie sich Influencerinnen bzw. Influencer für Werbekampagnen bedient haben. Auch hier könnte gegebenenfalls Korrekturbedarf bestehen.


Fazit und Ausblick​

Die Finanzverwaltung nimmt nun Influencerinnen und Influencer offenbar systematischer und mit größerem Ermittlungseifer ins Visier. Wird vor diesem Hintergrund nun eine Selbstanzeigewelle durch vermeintliche „Steuersünder“ in Gang gesetzt, wie im Jahr 2012, als die Information über den Ankauf von Steuer-CDs aus der Schweiz veröffentlicht wurde? Dies bleibt freilich abzuwarten. Bereits Mitte Juli liefen jedoch mitteilungsgemäß allein in Nordrhein-Westfalen rund 200 Strafverfahren gegen sogenannte Influencerinnen und Influencer. Die Zahl dürfte angesichts des Ermittlungseifers des erst Anfang des Jahres neu formierten LBF kurzfristig drastisch ansteigen. Neben Nordrhein-Westfalen und Bayern werden auch weitere Bundesländer – wenn nicht bereits geschehen –nachziehen. Alle Beteiligten sollten daher zeitnah unter Zuhilfenahme von Expertinnen bzw. Experten überprü​fen (lassen), ob die eigene Geschäftstätigkeit mit dem Steuerrecht in Einklang steht, um mögliche Sanktionen zu vermeiden.

1 Die betreffende Broschüre des Bayerischen Landesamts für Steuern, Stand: 2020, ist abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de.

2 ​Siehe die entsprechende Pressemitteilung der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15.07.2025, abrufbar unter: https://www.finanzverwaltung.nrw.de.

3 Siehe Beitrag von BR24 vom 25.07.2025, abrufbar unter https://www.br.de/nachrichten/netzwelt​​
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