Bestimmung von Kapitalkosten im Rahmen der internationalen Rechnungslegung

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veröffentlicht am 20. Februar 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Ein wesentlicher Bestandteil bei Kaufpreisallokationen (Purchase Price Allocations) und Werthaltigkeitstests (Impairment Tests) ist die Ermittlung der Kapitalkosten. Hierfür wird regelmäßig der WACC (Weighted Average Cost of Capital) herangezogen. Er bestimmt sich aus den gewichteten Eigenkapitalkosten, bestehend aus einem risikolosen Zinssatz, einem Betafaktor und der Marktrisikoprämie und den gewichte­ten Fremdkapitalkosten, bestehend aus einem risikolosen Zinssatz, einem Credit Spread und dem Tax Shield. Hierbei ist von besonderer Bedeutung, dass die Eigen- und Fremdkapitalkosten sich anhand der Annahmen ermitteln, die Marktteilnehmer bei der Festlegung des Preises für den Vermögenswert oder die Schuld zugrunde legen würden.



Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes gemäß IFRS

Unternehmenszusammenschlüsse infolge einer Transaktion, bei dem ein Unternehmen die Beherrschung über einen Geschäftsbetrieb erlangt hat, sind gemäß IFRS 3 nach der Erwerbsmethode zu bilanzieren. Dies erfordert neben der Identifizierung des Erwerbers und der Bestimmung des Erwerbszeitpunktes, insbesondere die Be­wer­tung der erworbenen Vermögenswerte, der übernommenen Schulden und des Geschäfts- oder Firmen­werts.

Vermögenswerte und Schulden sind zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Gemäß IFRS 13 ist der bei­zu­le­gen­de Zeitwert der Preis, der bei einem gewöhnlichen Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Be­wer­tungs­stich­tag für den Verkauf eines Vermögenswerts eingenommen bzw. für die Übertragung einer Schuld gezahlt würde. Folglich ist er eine marktbasierte und keine unternehmensspezifische Bewertungsgröße und ermittelt sich anhand von Annahmen, die Marktteilnehmer bei der Festlegung des Preises für den Ver­mögens­wert oder der Schuld zugrunde legen würden. Die Absicht eines Unternehmens, einen Vermögenswert zu halten oder eine Schuld zu begleichen ist für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts nicht relevant.

Als Bewertungsverfahren nennt der IFRS 13 u.a. das Barwertverfahren, bei dem künftige Beträge (z.B. Zahlungs­ströme oder Erträge und Aufwendungen) durch Abzinsung in einen gegenwärtigen Betrag (= Barwert) um­ge­rech­net werden. Die Bestimmung der Kapitalkosten ist bei Bewertungsanlässen wie beim Impairment Tests oder bei Purchase Price Allocations (PPA) erforderlich.


Bestimmung der Kapitalkosten über den WACC

Die Ableitung des anzuwendenden Zinssatzes erfolgt i.d.R. über den WACC (Weighted Average Cost of Capital). Im Gegensatz zu herkömmlichen Bewertungen von Unternehmen oder Unternehmensanteilen (siehe IDW S1) muss im Rahmen der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts nach IFRS 13 jeder Parameter des WACC aus Sicht der Marktteilnehmer formuliert sein.

Im Rahmen der internationalen Rechnungslegung ist beim WACC die Verwendung eines marktbasierten Diskontierungszinssatzes vorgesehen. Der WACC leitet sich aus den Eigenkapitalkosten und den Fremdkapitalkosten ab (siehe nachfolgende Grafik).



Die Berechnung der Eigenkapitalkosten erfolgt anhand des Capital Asset Pricing Modell (CAPM) und setzt sich aus einem (quasi-)risikolosen Zinssatz (Basiszinssatz), einer Marktrisikoprämie und dem Betafaktor zusammen.

Die Marktrisikoprämie entspricht der Differenz zwischen der Rendite einer (quasi-)risikolosen Anlage (Basis­zins­satz) und der Rendite eines risikobehafteten Marktportfolios (z.B. DAX). Sie misst damit den Ren­di­te­auf­schlag, den Investoren für eine Anlage in riskante Wertpapiere gegenüber risikolosen Anlagen erwarten.

Der Basiszins repräsentiert die Rendite einer risikolosen Anlage.

Der Betafaktor stellt das unternehmensspezifische Risiko dar. Über eine lineare Regression wird gemessen, wie sich das Risiko des Einzelwertes (einer Aktie) zum Gesamtmarktrisiko (eines Marktportfolios) verhält. Rech­nerisch wird dies über die Schwankung der Aktienkursrendite gegenüber der Schwankung der Marktrendite ermittelt.

Da die Ermittlung des Betafaktors aus Sicht der Marktteilnehmer erfolgen muss, ist der Ansatz des un­ter­nehmens­ei­ge­nen Betafaktors (Bewertungsobjekt) ausgeschlossen. Folglich ist auf einen Peer Group Betafaktor abzustellen. Dies schließt jedoch nicht den Einbezug des Bewertungsobjektes in die Peer Group aus.

Die verschuldeten Betafaktoren werden im Zuge des Unlevering um das Finanzierungsrisiko bereinigt. Das Ergebnis sind unverschuldete Betafaktoren (unlevered beta), die auf ein durchschnittliches unverschuldetes Beta verdichtet werden. Anschließend wird im Zuge des Relevering das Beta an die Finanzierungsstruktur der Peer Group angepasst. Hierzu ist der durchschnittliche Verschuldungsgrad heranzuziehen. Bei der Bestimmung der Durchschnittswerte kann entweder auf das arithmetische Mittel oder auf den Median abgestellt werden. Die Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Kapitalstruktur ist nicht geboten, da dieses Vorgehen gegen die Verpflichtung zur Berücksichtigung der aktuellen Markteinschätzungen verstoßen würde.




Die Fremdkapitalkosten stellen die Kosten dar, die das Unternehmen für durch Fremdkapitalgeber zur Ver­fü­gung gestelltes Kapital zahlen muss (= Fremdkapitalzinsen). Der Credit Spread stellt die Differenz zwischen der Rendite einer risikobehafteten (Unternehmens-)Anleihe und der Rendite einer (quasi-)risikolosen (Staats-)An­leihe dar. Rechnerisch ermitteln sie sich aus dem Basiszinssatz und einem vom Markt abgeleiteten Aufschlag für Ausfallrisiken (= Credit Spread).

Fremdkapitalzinsen sind steuerlich abzugsfähig und werden mithilfe des Tax-Shield korrigiert. Der Steuersatz setzt sich dabei aus der Gewerbeertragsteuer und der Körperschaftsteuer zusammen.

Da sowohl Steuersatz als auch Bonitätsaufschlag aus Sicht der Marktteilnehmer zu ermitteln sind, ist hier erneut auf die Peer Group abzustellen. Typisierte Steuersätze oder gar unternehmenseigene Steuersätze (Bewertungsobjekt) finden keine Anwendung. Als Maßstab für den angewendeten Fremdkapitalkostensatz sind Zinssätze ähnlicher Marktteilnehmer gleicher Bonität heranzuziehen.

Die Ermittlung des WACC ist der nachfolgenden Grafik zu entnehmen. Farblich gekennzeichnet sind die Posi­tio­nen, die zu einer herkömmlichen Unternehmensbewertung nach IDW S1 abweichen.



Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Ermittlung von Kapitalkosten im Rahmen der internationalen Rechnungslegung sich in einem wesentlichen Punkt von der Ermittlung im Rahmen der nationalen Rechnungs­le­gung (hier deutsche Rechnungslegung) unterscheidet, und zwar die Sichtweise bei der Ermittlung der Kapi­tal­kos­ten. Wird bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts nach IFRS 13 stringent die Sichtweise des Marktteilnehmers eingenommen, erfolgt die Bewertung nach IDW S1 aus Unternehmenssicht.

Dies zeigt sich u.a. beim Relevering des Betafaktors. Hier wird nicht auf den Verschuldungsgrad der Peer Group abgestellt, sondern auf den des Bewertungsobjektes. Folglich ist auch die Gewichtung der Eigen- und Fremd­ka­pi­tal­kos­ten von der Finanzierungsstruktur des Bewertungsobjektes abhängig.

Ebenso kommt bei der Ermittlung der Fremdkapitalkosten das Ausfallrisiko des Bewertungsobjektes zum An­satz. Dieses bestimmt sich vereinfachend anhand des effektiven Zinssatzes (= Zinsergebnis / Net Debt) ab­züg­lich des Basiszinssatzes. Zinssätze ähnlicher Marktteilnehmer gleicher Bonität sind nicht heranzuziehen. Beim Tax Shields ist auf den effektiven Steuersatz des Bewertungsobjektes abzustellen. In Abhängigkeit des Un­ter­nehmenssitzes kann die Höhe stark variieren und entsprechend die Fremdkapitalkosten und damit den WACC beeinflussen.

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