Qua Vadis – Neues zum qualifizierten Rangrücktritt

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veröffentlicht am 13. Mai 2015

 

BGH 05. März 2015

 

Der BGH hatte erstmals seit Inkrafttreten des MoMiG Gelegenheit gehabt, sich zu den Auswirkungen der Änderung der Vorschriften der Insolvenzordnung auf den qualifizierten Rangrücktritt zu äußern. In seiner Entscheidung vom 05. März 2015 bestätigte der BGH zwar im Kern den Bestand der Voraussetzungen eines qualifizierten Rangrücktritts im Sinne der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des MoMiG. Jedoch stellte der BGH auch klar, dass neben den Gesellschaftern auch Dritte einen qualifizierten Rangrücktritt mit der Gesellschaft vereinbaren können.

 

Aufgrund dessen, dass der BGH jedoch seit dieser Entscheidung einen qualifizierten Rangrücktritt als Vertrag zu Gunsten Dritter ansieht, müssen sich die Parteien darüber im Klaren sein, dass sie diese Vereinbarung nur mit Zustimmung der übrigen Gläubiger ändern oder aufheben können. Eine einseitige oder zwischen den Parteien getroffene einseitige Änderung ist insofern unzulässig und eröffnet im Falle der Insolvenz der Gesellschaft ein Rückforderungsanspruch des Insolvenzverwalters.


Der Gesetzgeber hat im Rahmen des MoMiG neben der Einführung der Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt auch die Regelungen für den qualifizierten Rangrücktritt neugestaltet. Im Schrifttum war daher bisher umstritten, wie sich die Neuregelung des § 19 Abs. 2 S. 2 InsO und des § 39 Abs. 2 InsO auf die Rangrücktrittsvereinbarung auswirken.


Die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung hat für die Frage der Wirksamkeit einer Rangrücktrittsvereinbarung weiterhin auf die Kriterien abgestellt, die vor Inkrafttreten des MoMiG galten.


Vor Inkrafttreten des MoMiG konnte eine qualifizierte Rangrücktrittsvereinbarung die Vermeidung einer Insolvenz nur dann sicherstellen, wenn sowohl vor als auch nach Verfahrenseröffnung ausgeschlossen werden konnte, dass eine Darlehensforderung als Verbindlichkeit in die Bilanz aufgenommen wird. Demzufolge musste sich der Regelungsbereich einer qualifizierten Rangrücktrittsvereinbarung auf den Zeitraum vor und nach Insolvenzeröffnung erstrecken. Vor diesem Hintergrund brauchte eine Forderung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH dann nicht passiviert zu werden, wenn der betreffende Gläubiger aufgrund eines qualifizierten Rangrücktritts sinngemäß erklärt hat, er wolle wegen der Forderung erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und – bis zur Abwendung der Krise – auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter berücksichtigt werden. Der Gläubiger musste sich quasi so behandeln lassen als handle es sich bei seiner Forderung um statutarisches Kapital.


Der BGH bekam nunmehr erstmals Gelegenheit zu dieser Problematik Stellung zu nehmen. Der Entscheidung vorausgegangen war die Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts nach Maßgabe der zuvor aufgezeigten Kriterien.


Im Kern hält der BGH an den schon vor Inkrafttreten des MoMiG aufgestellten Grundsätzen zur Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts fest. Daher muss auch weiterhin in der Vereinbarung über den qualifizierten Rangrücktritt eindeutig vereinbart werden, dass der Gläubiger sowohl während des Insolvenzverfahrens als auch davor keine Befriedigung seiner Forderung verlangen kann. Konkret muss sichergestellt sein, dass der Gläubiger vor Insolvenzeröffnung keine Befriedigung seiner Forderung verlangen kann, wenn durch diese Zahlung die Überschuldung oder respektive die Zahlungsunfähigkeit droht. Weiterhin stellte der BGH in diesem Zusammenhang auch klar, dass ein qualifizierter Rangrücktritt nicht nur zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern vereinbart werden kann, sondern auch mit einem Nichtgesellschafter vereinbart werden kann und bejaht auf diesem Wege zutreffend eine analoge Anwendung des § 19 Abs. 2 InsO i.V.m. § 39 Abs. 2 InsO.  Daher erweitert sich der Kreis der möglichen Gläubiger erheblich und eröffnet den betroffenen Gesellschaft neue Möglichkeiten, um eine mögliche Insolvenz doch noch abwenden zu können.


Das Besondere an dieser Entscheidung ist jedoch der Umstand, dass sich der BGH erstmals mit der Frage der Rechtsnatur der qualifizierten Rangrücktrittsvereinbarung auseinandergesetzt hat. Der BGH kommt hierbei mit Blick auf die neugefassten §§ 19 Abs. 2, 39 Abs. 2 InsO, zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts zwischen der Gesellschaft und dem Gläubiger um einen echten Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB handeln muss, damit dieser nicht als Verbindlichkeit passiviert werden muss. Damit erteilt der BGH der Ansicht, dass in einer solchen Vereinbarung ein bedingter Forderungserlass im Sinne des § 397 BGB zu sehen ist, eine klare Absage.


Zwar lässt der BGH die dogmatische Herleitung dessen offen, jedoch ist diesem im Ergebnis beizupflichten. Betrachtet man den Sinn und Zweck eines qualifizierten Rangrücktritts, so stellt sich die Auffassung des BGH als folgerichtig dar. Denn ein Vertrag zu Gunsten Dritter – hier zu Gunsten der anderen Gläubiger – kann nur dann geändert oder gar aufgehoben werden, wenn die anderen Gläubiger einer solchen Änderung zustimmen. Ohne dieses Zustimmungserfordernis der übrigen Gläubiger hätte die Parteien es in der Hand die Insolvenz herbeizuführen. Da jedoch der qualifizierte Rangrücktritt zur Verhinderung des Insolvenzverfahrens geschlossen wird, würde eine andere Sichtweise als die des BGH diesem Ziel zuwiderlaufen.

 

Insbesondere aufgrund der Einordnung des qualifizierten Rangrücktritts als Vertrag zu Gunsten Dritter müssen sich die Parteien schon vor Abschluss einer solchen Vereinbarung darüber im Klaren sein, dass sie eine einmal getroffene Vereinbarung nicht mehr ändern können. Eine Zustimmung der übrigen Gläubiger dürfte vor dem Hintergrund, dass dann wohl ein Insolvenzverfahren droht, nicht zu erwarten sein.

 

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