Aktuelle Zuschuss-Entscheidungen im Umsatzsteuerrecht – mehr Klarheit für Kommunen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am ​28. Juli 2025​


Die umsatzsteuerliche Bewertung öffentlicher Zuschüsse hat mit den jüngsten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erhebliche Klarheit gewonnen (vgl. hierzu auch den Beitrag vom 28. Mai 2025 Landeszuschüsse im ÖPNV sind umsatzsteuerfrei | Rödl & Partner.​)  – ein entscheidender Fortschritt für die kommunale Förderpraxis.
 

1. Ausgangslage​

Juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) vergeben regelmäßig finanzielle Mittel an Dritte wie Zweckverbände, Anstalten des öffentlichen Rechts oder gemeinnützige Vereine. Ob diese Zuschüsse der Umsatzsteuer unterliegen, ist von zentraler Bedeutung, denn andernfalls muss der Empfänger die Steuer abführen und steht letztlich mit weniger Mitteln da. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen „echten“ Zuschüssen – ohne Gegenleistung und damit nicht-umsatzsteuerbar – und „unechten“ Zuschüssen, die an eine konkrete Leistung gekoppelt und umsatzsteuerbar sind (Abschn. 10.2 ff. UStAE).

Trotz der Förderabsicht liegen die Schwierigkeiten oft im Detail der vertraglichen Gestaltung (bzw. der Zuschussvereinbarung) und der Ausrichtung des Förderzwecks – hier setzt die Rechtsprechung an:


I. BFH – Urteil vom 17. April 2024 (XI R 13/21): Landeszuschüsse für Anlegerbrücke

Der BFH entschied, dass ein Landeszuschuss für den Bau einer Anlegerbrücke, die eine Gemeinde defizitär umsatzsteuerpflichtig vermietet, kein drittseitiges Entgelt, sondern ein echter Zuschuss ist, da er im Vordergrund der strukturpolitischen Förderung der Verkehrsinfrastruktur stand – gerade nicht als Gegenleistung für eine konkrete Leistung. Entscheidender noch: Die Gemeinde bleibt Unternehmerin über die Vermietung trotz defizitärem Geschäft (§ 2 Abs. 1 UStG) und sie behält den vollen Vorsteuerabzug, da der echte, nicht-steuerbare Zuschuss die Abzugsfähigkeit nicht beeinflusst. Damit präzisiert dieses Urteil ein wichtiges Merkmal für die kommunale Förderpraxis: Zuschüsse, die nicht an spezifische Leistungen gebunden sind, bleiben steuerfrei und mindern potenziell nicht das Vorsteuerabzugsvolumen.

Hinweis: Nach unseren Informationen besteht eine Arbeitsgruppe auf Bundesebene, welche sich mit der Wirtschaftlichkeit von Tätigkeiten insbesondere bei jPdöR und damit ihrer Unternehmereigenschaft auseinandersetzt. Unter Berücksichtigung dessen ist zukünftig insbesondere bei dauerdefizitärem Handeln ohne einen gewissen Kostendeckungsgrad Vorsicht bei der Annahme einer Unternehmereigenschaft geboten. Sobald nähere Informationen zu dem geplanten BMF-Schreiben werden wir Sie informieren. (Aufbereitung der Rechtsprechung zu dem Thema Vorsteuerabzug bei Dauerverlustgeschäften – Liegt bei einer dauerdefizitären Einrichtung eine wirtschaftliche Tätigkeit vor? | Rödl & Partner​)
 

II. EuGH – Urteil vom 8. Mai 2025 (C‑615/23): Pauschaler Verlustausgleich

In einem Verfahren des EuGH ging es um pauschale Verlustausgleichszahlungen an ein öffentliches Verkehrsunternehmen. Der EuGH stellte klar, dass solche Zahlungen nicht in die Mehrwertsteuerbemessung einfließen, da sie nicht unmittelbar mit den Leistungen oder dem Ticketpreis verknüpft sind und nicht als Entgelt von dritter Seite gelten.

Damit bestätigt der EuGH ausdrücklich die BFH-Linie: Öffentliche Zuschüsse bleiben steuerfrei, wenn sie pauschal (hier im Rahmen eines Verlustausgleiches), allgemein und strukturpolitisch motiviert sind. Für Kommunen als auch Zuschussempfänger ist dies ein erheblicher Fortschritt in puncto Rechts- und Planungssicherheit.
 

2. Gemeinsame Leitsätze für mehr Klarheit

Dies ist insgesamt eine sehr erfreuliche Entwicklung, denn diese beiden Urteile liefern ein belastbares rechtliches Fundament: Kommunen können Zuschüsse als nicht umsatzsteuerbare Strukturförderung ausgestalten – insbesondere, wenn sie pauschal bemessen und explizit nicht leistungsspezifisch sind. Der volle Vorsteuerabzug bleibt gesichert, auch bei defizitären Projekten, solange eine unternehmerische Nutzung vorliegt.
 
Den kommunalen Verwaltungen ist damit eine solide Basis eröffnet, bestehende Förderstrukturen zu analysieren und die Zuschussvereinbarungen zukünftig rechtssicher und steueroptimal aufzusetzen. Angesichts der geplanten milliardenschweren Infrastrukturinitiativen werden sowohl Höhe als auch Bedeutung kommunaler Fördermittel deutlich ansteigen. Kommunen stehen vor der Herausforderung, Zuschussmodelle nicht nur inhaltlich, sondern auch steuerlich zu optimieren. Praktische Schwerpunktbereiche bleiben der ÖPNV, Energie- und Klimaschutzprojekte sowie die soziale und kulturelle Infrastruktur. Gerade hier lohnt sich die Implementierung durchdachter Fördermechanismen mit umsatzsteuerlich günstiger Wirkung.
 

3. Empfehlung für die Umsetzung

Zuschüsse sollten ausdrücklich als pauschale, implementierte Zuwendungen deklariert werden, die nicht an individuelle Leistungen gebunden sind und klar mit Förderzweckzielen wie dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur verknüpft sind. So können sie als echte, nicht umsatzsteuerbare Strukturförderung gewertet werden. Zugleich sollte in den Zuschussvereinbarungen keine Leistungsverknüpfung enthalten sein, etwa durch Pflicht zur Durchführung konkreter Projekte gegen Zahlung – solche Klauseln können die Zuschussfreiheit gefährden. Darüber hinaus ist eine sorgfältige Dokumentation entscheidend: Zuschussempfänger müssen die unternehmerische Nutzung der geförderten Investitionen nachvollziehbar machen, um den vollen Vorsteuerabzug zu sichern.

Trotz der erfreulichen rechtlichen Entwicklungen birgt die Zuschussbewertung weiterhin erhebliche Komplexität – wie so oft steckt der Teufel im Detail. 

​Wir begleiten Sie gerne ganzheitlich – von der umfassenden Analyse Ihrer Förderstrukturen über die rechtssichere Gestaltung zukünftiger Zuschüsse. Sprechen Sie uns an.


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