Anforderungen an ein Sanierungsgutachten nach IDW S 6

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zuletzt aktualisiert am 22. Juli 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Unternehmen, von deren Geschäfts­führern bzw. Vorständen ein IDW S 6 Gutachten gefordert wird, haben im Regelfall (Finanzierungs-)Probleme. Die Geschäftsführer bzw. Vorstände sind dann angehalten, einen externen Fachmann zu beauftragen, der ein Sanierungsgutachten nach IDW S 6 erstellt. Durch das Gutachten erhält das Unter­nehmen ein qualifiziertes und aussage­kräftiges Testat darüber, wie schwerwiegend die Krise ist, in der sich das Unternehmen befindet. Der Artikel soll einen kurzen Über­blick über den Hintergrund und Inhalt eines Sanierungsgutachtens nach IDW S 6 geben.


Zielsetzung eines Sanierungs­gutachtens nach IDW S 6 ist die Beurteilung der Sanierungs­fähigkeit und -würdigkeit des Krisen­unter­nehmens. Obwohl jede Krise bei einem Unternehmen anders verläuft, hat das IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer) einen Standard etabliert, der allen Beteiligten vermitteln soll, welche Anfor­derungen und Inhalte ein Sanierungsgutachten nach der Rechtsprechung des BGH behandeln muss.


Die Beurteilung wird in zwei Stufen eingeteilt. Zum einen muss eine positive insolvenz­recht­liche Fortbe­stehens­prognose bejaht werden. Es dürfen also keine rechtlichen oder tatsächlichen Gegebenheiten der Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen. So darf das Unternehmen bspw. nicht insolvenz­antrags­pflichtig sein. Zum anderen müssen durch geeignete Sanierungs­maß­nahmen sowohl die Wett­bewerbs­fähig­keit als auch die Renditefähigkeit wiedererlangt werden können. Am Ende des Betrachtungs­zeitraums muss das Unterneh­men daher erneut attraktiv für Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber sein.

 

Um die weitreichende Fragestellung nach der Sanierungsfähigkeit beantworten zu können, sind im S 6 die wesentlichen Kern­an­for­der­ungen definiert, die typischerweise in einem Sanierungsgutachten enthalten sein müssen:

  • Die Beschreibung von Auftragsgegenstand und -umfang;
  • Basisinformationen über die wirtschaftliche und rechtliche Ausgangslage des Unternehmens in seinem Umfeld, einschließlich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage;
  • die Analyse von Krisenstadium und -ursachen sowie Analyse, ob eine Insolvenzgefährdung vorliegt;
  • die Darstellung des Leitbilds mit dem Geschäftsmodell des sanierten Unternehmens;
  • die Darstellung der Maßnahmen zur Abwendung einer Insolvenzgefahr und Bewältigung der Unternehmenskrise sowie zur Herstellung des Leitbilds des sanierten Unternehmens;
  • ein integrierter Unternehmensplan;
  • die zusammenfassende Einschätzung der Sanierungsfähigkeit.


Sinn und Zweck der Begutachtung von Unternehmen in einer Krise ist zunächst die Feststellung, welche Ur­sachen zu der Krise geführt haben und in welchem Krisenstadium sich das Unternehmen nach dem S 6 be­findet. Insbesondere ist rasch zu klären, ob bereits ein Insolvenzeröffnungsgrund vorliegt bzw. eine Insol­venz­gefahr besteht.


Dazu sind v.a. die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu analysieren und zu bewerten. Weiterhin muss die branchenübliche Rendite bestimmt werden, um die Wett­bewerbs­fähig­keit beurteilen zu können.


Sobald die Informationen vorliegen und der Gutachter zu dem Urteil kommt, dass eine begründete Aussicht auf eine erfolgreiche Fortführung der Geschäftstätigkeit besteht, beginnt die eigentliche Re­struktur­ierungs­arbeit:

  • Zunächst muss ein Leitbild des sanierten Unternehmens erarbeitet und dargestellt werden;
  • anschließend werden aus dem Leitbild sog. Sanierungsmaßnahmen abgeleitet, um eine mögliche Insolvenz­gefahr abzuwenden und den „Soll-Status" des Leitbilds zu erreichen;
  • abschließend ist eine Liquiditäts-, Ertrags- und Vermögensplanung zu erstellen. Besonders Fremd­kapital­geber leiten aus der Planung ab, ob sie in Zukunft das Krisenunternehmen weiter begleiten möchten oder nicht.


Die Qualität des Gutachtens ist entscheidend für eine weitere externe Finanzierung und damit für die Zukunfts­sicherung des Unternehmens.


Laut BGH soll ein Gutachten nach IDW S 6 von einem unvoreingenommenen Fachmann erstellt werden. Jedem Geschäftsführer bzw. Vorstand ist bei der Auswahl des Gutachtenerstellers zu empfehlen, auf zwei grundlegen­de Aspekte zu achten:

  • Ist der Ersteller des Gutachtens grundsätzlich mit der Erstellung eines Sanierungsgutachtens nach IDW S 6 vertraut?
  • Kann der Ersteller auch im Falle eines negativen Ausgangs des Sanierungsversuchs bzw. bei der Ablehnung der weiteren Begleitung des Unternehmens durch die finanzierenden Banken darüber­hinaus­gehende Sanierungsoptionen aufzeigen, bspw. durch die Sanierung des Unternehmens im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens in Eigen­verwaltung?


Neben der fachlichen Expertise sollte also darauf geachtet werden, dass der Sanierungsberater interdisziplinär aufgestellt ist und Dienstleistungen aus unter­schied­lichen Fachrichtungen anbieten kann. Bei der Erstellung eines Sanierungs­gutachtens wird v.a. betriebs­wirtschaft­liches als auch juristisches Know-how unabdingbar sein.

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